Masken der Begierde
aufwärmen, ehe sie in ihr Bett zurückkehrte. Sie setzte sich auf einen Stuhl am Ofen und versuchte, die Wärme zu genießen. Sie wollte die Magd nicht wecken, diese warf sich herum und blieb einen Moment stumm, dann schnarchte sie erneut. Frustriert erhob sich Violet. Die Aussicht, sofort in ihr Bett zurückzukehren, obwohl sie nun hellwach war, erweckte in ihr keine Begeisterung. Doch angesichts der Tatsache, dass die Magd ununterbrochen schnarchte, war ihr die Lust am Herumsitzen vergällt.
Wieder kam sie am Arbeitszimmer vorüber. Das Kaminfeuer brannte noch. Bestimmt wäre es dort drinnen warm. Außer ihr schliefen alle im Haus. Es störte keinen, wenn sie sich dort in den Lehnsessel des Hausherrn kuschelte und aufwärmte. Sie näherte sich der Tür und trat entschlossen ein. Tatsächlich verbreitete das Kaminfeuer wohlige Wärme.
Violets Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Was gab es Schöneres, als ein warmes Plätzchen in einem kalten, zugigen Gemäuer?
Der Ohrensessel war vor den Kamin geschoben worden. Zielstrebig ging sie dorthin und zuckte erschrocken zusammen, als sie Lucas darin sitzen sah. Er starrte in die Flammen, wirkte gedanklich meilenweit entfernt und hatte sie noch nicht bemerkt. In der Hand hielt er ein Glas Brandy, und an seinem verschwommenen Blick las sie ab, dass er dem Alkohol ausgiebig zugesprochen haben musste. Er blinzelte. Erst jetzt schien er sie zu registrieren.
„Violet.“ Die Worte kamen schwerfällig über seine Lippen.
„Mylord.“ Sie zögerte, unsicher, ob sie nicht besser sofort in ihr Zimmer zurückkehren sollte.
„Bleibt!“ Seine Stimme klang leise, bittend. In seinem Gesicht erkannte sie Einsamkeit und Sehnsucht. Dasselbe, das sie so oft plagte. Die Empfindung, einer verwandten Seele gegenüberzustehen, stieg in ihr auf, und nicht nur das, er gefiel ihr. Sehr sogar, erkannte sie mit gelinder Überraschung. Das letzte Mal, als sie einen Mann so anziehend gefunden hatte, hatte sie sich zu gewaltigen Dummheiten hinreißen lassen. Dumm und unerfahren wie sie gewesen war, hatte sie den Liebesbezeugungen und Schwüren dieses anderen Mannes mehrerer Monate lang geglaubt.
Sie wusste, dass sie augenblicklich gehen sollte, doch etwas in Lucas´ Augen ließ sie verharren wie ein Kaninchen vor der Schlange.
Lucas stellte sein Glas ab und erhob sich. Er griff nach ihrer Hand, und lustvolle Schauer rieselten über Violets Arme.
„Du hast mich verhext!“
Seine Augen, grau wie die stürmische See, blickten bis auf den Grund ihrer Seele. Er zog sie näher an sich. So nah, dass sich ihre Körper berührten. Violets Herz schlug ihr bis zum Hals hinauf. Wärme glitt in ihren Bauch und begann dort zu kribbeln. Er roch nach Brandy und Haarpomade und diesem ganz speziellen Duft, den nur er verströmte und der Violets Sinne betörte. Sie sollte den Raum verlassen. In ihr Schlafzimmer zurückkehren und die Tür hinter sich verschließen. Aber ein besonderer Zauber schien sie gefangen zu halten. Violet verzehrte sich danach, einmal, nur einmal noch die wilde Leidenschaft zu fühlen, zu der sie ein männlicher Körper verführen konnte. Und Lucas war der Erste, der ihr Blut in Wallung brachte, seit jener unglückseligen Affäre.
„Wie soll ich dich verhext haben?“ Sie verfiel automatisch ins vertrauliche Du.
Lucas nahm ihre Hand und legte sie auf seine Leibesmitte. Unter dem Stoff der Hose regte sich sein Glied. Sie fühlte das Zucken des harten Schaftes und wusste, dass sie besser gehen sollte. Doch in ihr geschah dasselbe wie in der Kutsche. Ihre Vernunft verabschiedete sich und machte Platz für ein äußerst sinnliches Prickeln auf ihrer Haut und ein lautes Pochen und Rauschen in ihren Ohren, das ihren Verstand übertönte.
Lucas stöhnte.
„Ich begehre dich seit dem Moment, an dem ich dich sah. Wenn ich dich nicht wenigstens einmal besitzen kann, werde ich meines Lebens nicht mehr froh sein“, klagte er.
Es war der Alkohol, der ihn so freimütig werden ließ. Dessen war sich Violet sicher. Ihr Verstand arbeitete fieberhaft. Der Rausch würde vergehen und mit ihm die Erinnerungen an alles, was währenddessen geschehen war. Allzu oft hatte sie das bei ihrem Vater erlebt, kurz nachdem ihre Mutter gestorben war.
Sie schluckte, sich ihres eigenen Begehrens überdeutlich bewusst. Sie griff nach dem halb vollen Brandyglas und leerte den Inhalt in einem Zug. Der Alkohol verätzte schier ihre Mundhöhle und zog eine feurige Bahn ihre Kehle hinab, bis er in ihrem Magen
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