Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
Nacht: »Er ist tot! Ihr habt ihn getötet! Er ist tot! Er ist tot!«
Sie hörte nicht mehr auf zu schreien.
7 Ein Funken Leben
D as Feuer war heruntergebrannt, nur noch winzige Glutteilchen waren im Finstern zu erkennen. Und drei Gestalten. Zwei lagen, einer saß. Es war der Hauptmann, der Wache hielt. Ferin konnte es verstehen. Er wollte sich nicht mehr auf seine Untergebenen verlassen, sie hatten schon genug angerichtet.
Seit dem Sonnenuntergang hatte es sich beträchtlich abgekühlt. Erfrischende Nachtluft strich um Ferins erhitzten Körper – wie ein seidenes Tuch, das sie für einige Zeit benutzen durfte. Sie saß auf dem Wagen und starrte zum Hauptmann hinüber. Sie führten ein stummes Zwiegespräch. Manchmal trug die leichte Brise seine Atemzüge zu ihr und mit ihnen seine Rechtfertigungen, und sie schickte ihre Vorwürfe zu ihm. Aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein.
Jasta in ihrer Ecke war längst eingeschlafen. Es ist kein Fehler, wenn sie schläft, hätte Gamón gesagt. Glaub mir, gewiss kein Fehler.
Ferin konnte sich nicht hinlegen. Sobald sie sich ausstreckte, war da wieder dieser Felsen auf ihrer Brust. Sie wusste, sein Gewicht würde sie in dieser Nacht erdrücken. Das an sich wäre ihr ja willkommen, immerhin ersehnte sie den Tod mehr als alles andere. Sie wollte sterben. Doch Gamóns Worte über das Leben fraßen sich durch ihren Kopf. Man könne das Leben spüren, wenn der Tod nahe sei, hatte er gesagt.
Wie hatte das alles passieren können? Wieso nur musste sie sich mitten in der Wüste Gedanken über das Sterben machen, wenn sie eigentlich zu Hause in ihrem Bett liegen sollte? Maskiert und glücklich. Ein schönes Gesicht, ein wenig mehr Stärke, Freiheit – all das hätte ihr die Maske geben können, nein, geben müssen. Stand es ihr nicht zu? Hatte sie nicht das Gleiche verdient wie alle anderen? Wie ihre Eltern, ihre Schwester? Wie Hunderte von Pheytanern in Laigdan? Weshalb war ihr ein anderes Los beschieden? Alle Mächte, das war einfach nicht fair!
Ferin fühlte, wie das Selbstmitleid sie überrollte. Sie kniff die Augen zusammen, wollte so gern weinen. Es hätte gutgetan, den Kummer herauszulassen, aber ihr gelang nicht einmal ein Schluchzen.
Also kehrte sie zu ihren nüchternen Berechnungen zurück. Ihr war nichts geblieben, als zu sterben und darauf zu hoffen, dass der Übergang in den Tod so war, wie Gamón gesagt hatte. Dass sie das Leben für einen kurzen Moment spüren konnte. Einige wenige Atemzüge lang. Das war nicht viel. Womöglich konnte sie den Moment verlängern, wenn sie dafür sorgte, dass sie langsam starb. Damit fielen Messer und Degen aus. Welche Art von Tod dauerte lange?
Seit der Wagen bei den Felsen von Egirth zum Stillstand gekommen war, hatte sie über dieser einen Frage gebrütet. Die Gardisten hatten Gamóns Leichnam fortgetragen und irgendwo in der Einsamkeit der Wüste abgelegt, während Jasta ihnen wilde Verwünschungen zuschrie. Die ganze Zeit, bis die Soldaten Fleisch und Brot brachten. Die Mahlzeit verdrängte Jastas Gebrüll ganz schnell aus ihrem Mund. Sie schlang beides hinunter und rollte sich danach ohne ein weiteres Wort zum Schlafen zusammen. Ferin hatte sie beobachtet, und dabei war ihr ein Geistesblitz gekommen: Hungern. Hungern dauerte lange. Lange genug, den Tod viele Tage zu erwarten und das Leben zu spüren. Sie hatte nichts gegessen.
Der Hauptmann erhob sich und kam zu ihr herüber. Er roch nach Schweiß, gebratenem Fleisch und Rauch.
»Leg dich hin und schlaf«, sagte er. Es klang nicht nach einem Befehl, mehr nach einer gut gemeinten Aufforderung. Möglich, dass er ihr Kopfschütteln sah.
Sein Atem streifte ihr Gesicht und beschwor das Bild des Vaters vor ihren Augen herauf, ergänzt durch das schon bekannte Stechen in der Brust.
Der Hauptmann ging zu seinem Platz zurück und setzte sich – eine dunkle Gestalt in dunkler Nacht.
Nein, sie konnte sich nicht hinlegen. Sie würde sterben und es noch nicht einmal merken. Und Gamón war nicht mehr da, um ihr zu sagen, dass sie atmen musste.
Das Flüstern an ihrem Ohr und die Hand auf ihrem Mund waren verantwortlich dafür, dass ihr Herz den Felsen von ihrem Brustkorb hämmerte. Also war sie doch eingeschlafen. Der Himmel zeigte sich verhangen, nur die Mondsichel hatte eine Lücke in der Wolkendecke gefunden und blinzelte zu Ferin herab. Neben sich spürte sie einen warmen Körper, ebenso ausgestreckt wie sie.
»Jasta«, hauchte es an ihrem Kopf.
»Mmm«, kam es
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