MASKENBALL UM MITTERNACHT
wandte sich völlig verstört an den Duke. „Was ist geschehen? Was habe ich falsch gemacht?“
Rochford zog stumm die Schultern hoch, breitete Arme und offene Handflächen aus in einer umfassenden Geste männlicher Verständnislosigkeit für das Rätsel weiblichen Verhaltens.
Bromwell fasste sich und eilte hinter Callie her. Ein Diener wollte ihm die Tür öffnen, doch Bromwell kam ihm zuvor. „Callie!“
Sie stand mit verschränkten Armen unter der hohen Kuppel der Empfangshalle – die Dienerschaft hatte sich diskret zurückgezogen – und schien in den Anblick des Blumengebindes auf dem runden Tisch vertieft. Langsam drehte sie sich zu Bromwell um und blickte ihm finster entgegen.
„Callie, ich verstehe nicht“, begann er unsicher und näherte sich zögernd. „Ich dachte … ich dachte, du hättest nichts dagegen, mich zu heiraten. Mir war nicht bewusst, dass du … Einwände haben könntest.“
„Ich habe kein Interesse daran, Sie zu heiraten, nur um Ihr Gewissen zu beruhigen“, entgegnete Callie schneidend und drängte ihre Tränen zurück. „Ich habe nicht den Wunsch, Sie zu heiraten, weil Sie der Meinung sind, meinem Bruder vor fünfzehn Jahren unrecht getan zu haben, oder weil es sich schickt oder weil Ihre Schwester uns in eine kompromittierende Situation gebracht hat.“
„Wovon zum Teufel redest du eigentlich?“, protestierte er und geriet nun seinerseits in Wut. „So etwas habe ich nie behauptet!“
„Das war auch nicht nötig. Ich habe erkannt, dass ich nur eine Last für Sie bin. Sie haben kein einziges Wort an mich gerichtet, kein Lächeln, keinen Blick für mich erübrigt. Sie haben sich lediglich bei meinem Bruder entschuldigt. Als sei er der Leidtragende, als sei nur er von dieser schrecklichen Sache betroffen, und ich hätte mich gefälligst seinem Willen zu fügen.“
„Aber nein! Ich habe mich zunächst an ihn gewendet, um alle Unstimmigkeiten auszuräumen. Ich wollte alles richtigstellen, wollte mit Rochford Frieden schließen, damit es keinen Grund für ein Zerwürfnis zwischen euch gibt. Mir ging es nicht um ihn, sondern ausschließlich um dich. Mein Wunsch, dich zu heiraten, hat nichts mit dem Duke zu tun, auch nichts mit meiner Schwester und schon gar nichts mit lächerlichem Gesellschaftsklatsch.“
„Und aus welchem Grund wünschen Sie mich zu heiraten?“, fragte sie herausfordernd.
Er sah sie verdutzt an. „Weil ich dich liebe, Herrgott noch mal! Weil ich den Gedanken nicht ertrage, ohne dich zu leben. Als ich mich in dem Jagdhaus verkroch, lag nichts vor mir als endlos graue Tage, eine trostlose Zukunft ohne dich. Ich liebe dich bis zum Wahnsinn. Ein Leben ohne dich ist sinnlos für mich. Das ist der Grund, warum ich dich heiraten will!“
„Oh, Brom!“ Tränen sprangen ihr aus den Augen und kullerten ihr über die Wangen. Sie fiel ihm um den Hals und sank an seine Brust. „Was für ein überzeugender Grund.“
Er schlang die Arme um sie, presste sie an sich und barg sein Gesicht in ihrem Haar. „Dann nimmst du meinen Heiratsantrag an? Oder muss ich einen Kniefall vor dir machen?“
„Nein, nein“, widersprach Callie halb lachend, halb weinend. „Lass nur. Ja, ich nehme deinen Antrag an. Ja, ich will deine Frau werden.“
Und dann besiegelten sie das Gelöbnis mit einem langen innigen Kuss. Brom hob den Kopf und blickte ihr tief in die Augen. „Ich liebe dich, Callie, mehr als ich mir je erträumt hätte, eine Frau zu lieben.“
„Und ich liebe dich“, sagte sie, und ihre Augen leuchteten wie Sterne. Sie war nach London gekommen, um einen Ehemann zu finden, und hatte die Liebe gefunden.
Mit einem seligen Lächeln stellte sie sich auf Zehnspitzen und küsste ihn erneut.
EPILOG
Francescas Blick wanderte durch den Ballsaal von Lilles House, geschmückt mit sämtlichen Frühlingsblüten, die in den Gärtnereien im Umkreis von fünfzig Meilen aufzutreiben waren, in dem sich nahezu alle Vornehmen des ton eingefunden hatten. Bei der feierlichen Trauung in der Kathedrale am frühen Nachmittag hatten sich die Hochzeitsgäste bis vor das große Portal gedrängt.
Und das war nicht erstaunlich. Niemand von Rang und Namen wollte sich die Hochzeit des Jahres entgehen lassen, denn es geschah nicht alle Tage, dass die Schwester eines Dukes heiratete, noch dazu dessen einzige, über alles geliebte Schwester. Rochford hatte keine Kosten und Mühen gescheut, dieses Ereignis gebührend zu würdigen, weder für die Trauung, noch für das Hochzeitsmahl und den
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