Maskenspiel
ändert nichts. Es war eine Ausnahme.«
Oder mehrere. »Dann mach für die Party doch noch eine Ausnahme.« Ich habe Tränen in den Augen.
Er betrachtet mich lange. »Also schön, ich denke darüber nach.«
Kurz darauf stehe ich mit meinem Smartphone in der Hand vor Christophers Haus und warte darauf, dass meine Navi-App mir den Weg anzeigt.
Er wollte mir ein Taxi rufen, aber ich möchte laufen, schon alleine, um den Kopf frei zu bekommen. Wirklich weit ist es nicht bis zum Hotel, vielleicht zwanzig Minuten, trotz meiner hohen Absätze.
Ich bin so mit meinem Display beschäftigt, dass ich die Frau erst sehe, als sie direkt vor mir steht. Die junge Frau, die Christopher verfolgt. Bevor ich begreife, was sie vorhat, hat sie mich schon am Arm gepackt. »Bist du Christophers Tochter?«
Soll das ein Kompliment sein oder eine Beleidigung? Immerhin beruhigend, dass sie mich nicht zu kennen scheint. Trotzdem denke ich gar nicht daran, auf die Frage einzugehen. »Lassen Sie mich sofort los.«
»Ich muss mit ihm sprechen. Bitte, es ist wichtig.«
»Machen Sie einen Termin mit seiner Sekretärin aus.«
»Die hat mich abblitzen lassen.«
»Dann wird sie einen Grund dafür gehabt haben. Lassen Sie meinen Arm los.«
Die Frau schüttelt den Kopf. »Es ist privat.«
Meinen ersten Instinkt, mich umzudrehen, zu klingeln und Christopher um Hilfe zu bitten, unterdrücke ich. Wahrscheinlich ist das genau das, was sie erwartet, aber ich bin mir sehr sicher, dass er wütend reagieren würde ob dieses Eindringens in seine Privatsphäre.
»Hören Sie«, sage ich, »er will Sie anscheinend nicht treffen – das sollten Sie respektieren und ihn in Ruhe lassen.«
»Das kann ich nicht. Er ist alles, was ich noch habe.« In ihren Augen glitzern Tränen, und meine Nackenhaare prickeln wieder. Such dir ein anderes Opfer und lass Christopher in Ruhe, denke ich, spreche es aber natürlich nicht aus. Die Frau wird mir aber definitiv unheimlich. Mit einer kurzen Windung meines Körpers befreie ich mich aus ihrem Griff – danke, Dad, dass du mich in der Kunst der Selbstverteidigung unterrichtet hast – und trete einen Schritt zurück, bereit, zuzuschlagen. Wegrennen geht in meinen Pumps schlecht.
»Bitte, Sie müssen mir helfen! Ich bin seine Tochter.«
Das stoppt mich. Was weiß ich wirklich über Christophers sexuelle Vergangenheit? Nur, dass es davon jede Menge zu geben scheint. Sie sieht wirklich jung aus. »Wie heißen Sie denn überhaupt? Weiß er, dass Sie seine Tochter sind?«
»Ich heiße Christine.« Sie hat hektische rote Flecken im Gesicht. »Meine Mutter hat es mir selbst erst vor ein paar Wochen gesagt. Dass er mein Vater ist, meine ich.«
»Wie kommt sie denn darauf?« Mein Instinkt sagt mir, dass ich sie am Reden halten muss.
»Sie haben sich auf einer Party getroffen, hat sie gesagt. Und dann nur, dass er mein Vater ist.«
»Wann und wo war diese Party denn?«
Sie zuckt die Achseln. »Hat sie nicht gesagt. In Cambridge vermutlich.«
»Hören Sie, wenn ich Ihnen helfen soll, dann müssen Sie mir schon mehr erzählen.«
Sie zögert. »Eigentlich wollte ich mit Christopher sprechen.«
»Ich kann ihn fragen, ob er einem Treffen zustimmt.« Mehr aber auch nicht. In diese Sache will ich definitiv nicht mit reingezogen werden.
»Jetzt sofort?«
»Ich kann ihn erst am Montag wieder erreichen«, sage ich. Sie sieht wirklich verzweifelt aus, aber genau deswegen möchte ich nicht, dass sie Christopher in ihrer momentanen Verfassung mit ihrer Story konfrontiert. Er soll die Chance haben, selbst zu entscheiden, ob er Christine treffen will oder nicht.
»Wann und wo sind Sie denn geboren, und wie kann ich Sie erreichen?«
Sie nennt mir bereitwillig ihre Geburtsdaten, stockt dann aber. »Ich komme Montag wieder vorbei.«
Das ist mir gar nicht recht, aber sie weigert sich, mir ihre Telefonnummer zu nennen. Ich stecke mein eigenes Smartphone wieder ein. »Also schön, ich werde versuchen, ihn Montag darauf anzusprechen, aber es ist seine Entscheidung, wie er damit umgeht. Frühestens Dienstag. In der Firma. Melden Sie sich am Empfang, dort wird eine Nachricht für Sie hinterlegt sein. Und jetzt gehen Sie, oder ich rufe die Polizei.«
Ich bin mir unsicher, wie ich mit der Information von Christine umgehen soll. Sie hat gesagt, sie sei 16. Rein rechnerisch könnte Christopher ihr Vater sein. Andererseits scheint er nichts von der Existenz einer Tochter zu wissen.
Ich recherchiere Christine im Internet, finde aber nichts,
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