Maskenspiel
auf die romantische Kulisse verdrängte.
»Ich habe da folgende Fragen«, sagte Britta, als auch vor ihr und Alban endlich ein Bier platziert worden war. Sie zündete sich eine Gauloise an. »Hat Helena den armen Henry im Affekt getötet?«
»Definiere Affekt, wie du willst. Geplant hatte sie es nicht. Er wollte mit ihr sprechen, weil er Schiss kriegte. Er fand einfach, das Komplott, Fria sämtliche Untaten in die Schuhe zu schieben, sei zu dilettantisch geplant. Früher oder später musste alles auffliegen. Helena drehte durch, als sie das Wort dilettantisch hörte, wahrscheinlich die schlimmste Spottbezeichnung, die es für sie gibt. Im Prozess wird sich herausstellen, was sie genau vorhatte und was nicht.«
»Wer hat aber die Daten manipuliert?«, wollte Alban wissen und blickte Katinka mit seinen wasserblauen Augen aufmerksam an.
»Das hat Helena selber gemacht. Offiziell kannte sie das jeweilige Passwort zwar nicht, aber ihr Kumpel Ludovic wusste es ja und hat es an sie weitergegeben. Montfort war es auch, der an den Brennprogrammen einige Komponenten deinstalliert hat. Dadurch konnten keine Sicherungen mehr gebrannt werden, und er hat auch die Motherboards kaputtgemacht, genauer gesagt die Steckanschlüsse.« Katinka grinste. »Doppelt gemoppelt hält bekanntlich besser. Zwar behauptete er, dem Rechenzentrum die Probleme gemeldet zu haben, aber dort kam nie eine Reklamation an. Er schob einfach die Überbeschäftigung der Leute vor, wenn Laubach mal nachfragte, warum niemand auftauchte, um die Rechner zu reparieren.«
Nachdenklich fügte sie hinzu: »Montfort ist Helena irgendwie hörig. Sie hat ihm den Job verschafft, weil sie von ihm am wenigsten Fraktionsbildung mit Fria befürchtete. Er hatte auf die ganze Theatralik am Lehrstuhl keinen Bock, machte aber bei der Verschwörung gegen Fria mit, weil er sich Helena gegenüber in der Pflicht sah. Wahrscheinlich ist er auch zu schwach, um sich gegen den ganzen Mummenschanz zu wehren.«
Katinka holte tief Luft und verzog das Gesicht. Zu heftiges Einatmen nahm ihr die Rippe immer noch übel. Sie bemerkte Toms sorgenvollen Seitenblick und verspürte plötzlich eine enorme Vorfreude. Es würde wunderbar werden, mit ihm zusammenzuwohnen.
»Wussten die anderen, die an der Verschwörung teilhatten, dass es Helena war, die Henry getötet hat?«, wollte Britta wissen.
Katinka schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht, dass sie es wirklich wussten, aber wer hätte die Kaltschnäuzigkeit dazu gehabt, wenn nicht Helena? Die Polizei hat ein Tagebuch bei ihr zu Hause gefunden. Sie hat allerlei kryptisches Blabla notiert, eine ziemlich orakelhafte Beschreibung ihres Seelenzustandes.«
»Und Först?«, wollte Britta begierig wissen. »Wusste sie Bescheid?«
»Sie wusste, dass es eine Fraktion gegen Fria gab, soviel ist klar«, erwiderte Katinka. »Aber sie blickte nicht durch, um was es dabei eigentlich ging. Elfi Lodenscheidt hatte übrigens gar keine Ahnung. Sie kurvt zwar jeden Tag acht Stunden in den Büros rum, aber das Wesentliche hat sie nicht mitgekriegt.«
»Pfff«, machte Britta.
»Was ich wirklich unangenehm fand, war die Sache mit meinem Anrufbeantworter«, sagte Katinka. Tom griff nach ihrer Hand und drückte sie fest.
»Allerdings«, sagte er. »Ich habe ja beinahe zuviel gekriegt, als ich hörte, dass Katinka Drohanrufe bekommen hat.«
»Ähm«, sagte Katinka, »meine Nachbarn, Singers, haben außerdem beobachtet, wie eine Frau mit Kopftuch und Sonnenbrille in meine Wohnung wollte. Das war Helena. Sie ist in Besitz einer perfekten Ausrüstung, denn sie hatte mal was mit dem Chef eines Bamberger Schlüsseldienstes.«
»Waaas? Davon hast du mir gar nichts erzählt!«, rief Tom bestürzt.
Auch Britta starrte Katinka entgeistert an. »Die hyperintellektuelle Helena geht mit einem Handwerker ins Bett?«, uzte sie, während Alban ganz entspannt sagte:
»Der Schlüsselfuzzi ist aber jetzt dran.«
»Alban hat eine englische Mutter, deswegen der verquere Sinn für Humor«, sagte Britta entschuldigend. Alban grinste. Katinka verstand nicht ganz, was an seiner Bemerkung englisch sein sollte. Ohnehin war es besser, niemanden wissen zu lassen, dass sie mit dem Schlüsseldienst von Sigmund Heppner eine Art Abkommen geschlossen hatte. Trotz angebrochener Rippe und entsprechender Kurzatmigkeit hatte sie Helenas Ex-Geliebten angerufen und ihm die Hölle heiß gemacht. Allerdings wäre sie so freundlich, Heppner und Helenas versuchte Einbrüche zu verschweigen,
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