Maskenspiel
Helena.«
Katinka starrte die beiden fasziniert an. Hass und Abscheu schienen beiden Frauen aus jeder Pore zu spritzen, und sicher hätte nicht viel Provokation gefehlt, um sie aufeinander losgehen zu lassen.
»Grüß Gott, Frau Palfy!«
Katinka fuhr herum. Hauke von Recken streckte ihr die Faust entgegen und grinste verschmitzt, offenbar freute er sich über Katinkas Erstaunen.
»Tja, selbstverständlich hat Milo mich eingeladen«, sagte er auf Katinkas fragenden Blick. »Und ich gehe sehr gerne zu Tagungen, wenn ich selbst von allen Pflichten entbunden bin.« Er sah sich um, während Katinka ihre Hand wieder an sich nahm, und fragte mit gedämpfter Stimme:
»Wer sind denn nun Ihre Verdächtigen?«
Katinka hätte ihm am liebsten einen Tritt versetzt.
»Bringen Sie bloß nichts durcheinander!«, zischte sie wütend. Erstaunt zog von Recken die Augenbrauen kraus.
»Wo denken Sie hin? Milo hat mich eingeweiht, ach, da ist er ja …«
Professor Laubach schleppte sich den Gang entlang. Er hatte offensichtlich nicht die Treppen genommen, sondern den Fahrstuhl, obwohl Katinka sich schlecht vorstellen konnte, wie er seine Massen in den winzigen Lift zwängte. Sie sah sich nach Britta um, die gerade mit Fria sprach, und versuchte verzweifelt, ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
Der breite Treppenabsatz füllte sich mit Leuten. Einige wenige Studenten in Jeans und mit eingeschüchtertem Gesichtsausdruck standen herum und pressten ihre grauen Mappen an sich. Ältere Herren im Anzug grüßten einander jovial und verbreiteten gute Stimmung, indem sie vorgaben, sich unbändig über das Zusammentreffen auf ausgerechnet dieser Tagung zu freuen, und einander auf die Schultern klopften. Jemand mit einer riesigen Kamera stand ungelenk in dem ganzen Chaos und knipste vereinzelte Fotos. Katinka bemerkte, wie Britta auf Laubach zuschoss. Der jedoch schob Britta einfach beiseite und stürzte sich auf einen Herren seines Formats.
»Nervtötender Macho«, zischte Britta Katinka zu. »Ihm passt nicht in den Kram, dass ich anstelle von Alban hier bin.«
Doch Katinka musste mit anderen Sorgen fertigwerden. Wo steckt nur Hardo, dachte sie ängstlich. Aus den Augenwinkeln betrachtete sie Anna-Beata Först, die mit einem klebrigen Dauerlächeln auf den Lippen ein Bad in der Essenz der romanistischen Koryphäen nahm. Uttenreuther wollte einige seiner Leute mitbringen. Katinka fühlte sich unfähig, alles alleine in den Griff zu kriegen. Sie spähte immer wieder erwartungsvoll zur Treppe.
Lisbeth Frinke-Laubach schritt herbei. Sie trug ein schwarzes Kleid, das fast bis zum Boden reichte, und ellenlange Ohrhänger. Diesmal hatte sie auf die übliche Ansammlung verschiedener Schals verzichtet, und sich lediglich ein feuerrotes Tuch um den Hals gewunden. Im selben Ton hatte sie Lippenstift aufgetragen. Helena könnte bei ihr Schminkunterricht nehmen, dachte Katinka grimmig. Stielke schwamm in ihrem mütterlichen Kielwasser. Er steckte in einem grauen Anzug und hatte eine Miene aufgesetzt, die nach Gallenkolik aussah.
Zwei Frauen mit schweren Aktenmappen kamen die Treppe herauf und wurden von Laubach sofort mit Ehrerbietung begrüßt. Ruth kam mit dem Verteilen der Unterlagen kaum nach, und Nina Weiß, die zweite Hilfkraft, rotierte, weil ihr der Kaffee ausging. Katinka trat auf sie zu und sagte:
»Ich schenke gerne aus. Schmeißen Sie mal die Kaffeemaschine an.«
Nina warf Katinka einen zweifelnden Blick zu und stahl sich davon. Nun postierte sich Katinka hinter dem Kaffeetisch, in Jeans und Regenjacke, und bediente die Tagungsteilnehmer, die die eindeutig zu alte studentische Hilfskraft neugierig musterten. Laubach hatte sie ebenfalls bemerkt. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er herüber. Katinka blinzelte ihm kurz zu, doch er reagierte nicht. Beinahe fegte er Elfi Lodenscheidt beiseite, die mit eingezogenem Kopf, die Arme fest vor der Brust verschränkt, an der Treppe stand und verschüchtert das Treiben beobachtete.
»Palfy!«, dröhnte eine wohlbekannte Stimme.
»Na, endlich!«, entfuhr es Katinka, als sie dem Kommissar einen Becher Kaffee reichte.
Uttenreuther grinste und nahm sich zwei Schinkenhörnchen.
»Ich habe das alles mit meinen Steuern schon bezahlt, also meckern Sie nicht!«, sagte er.
»Sind Sie alleine hier?«
»Nun machen Sie mal einen Punkt. Halten Sie mich für einen Dilettanten?«
»Natürlich nicht«, beeilte sich Katinka. Sie wollte noch etwas hinzufügen, als Helena Jahns-Herzberg auf sie zutrat.
»Was
Weitere Kostenlose Bücher