Maskenspiel
reden, schließlich lag alles an Laubachs Einverständnis. Ihr Plan funktionierte nur, wenn Laubach ihn unterstützte. Dennoch ging der Zorn mit ihr durch: »Ich bin jedenfalls heilfroh, dass ich nicht promoviert habe.«
Ihr Ärger hallte durch den Raum. Erstaunlicherweise sagte Laubach nichts dazu, sondern meinte: »Jaja, Hauke hat mir erzählt, Sie wären überdurchschnittlich begabt und es würde sich für Sie lohnen, einen Doktortitel anzustreben.« Er kratzte sich am Kopf. »Er sagte auch, Sie hätten Ihre eigenen Ansichten zu unserem«, er breitete die Arme aus, »Milieu!«
Katinka meinte, ein kurzes Zwinkern in seinen Augenwinkeln zu sehen. Obwohl sie sich innerlich wehrte, fühlte sie sich doch geschmeichelt. So leicht sind wir Menschen zu manipulieren, dachte sie besorgt.
Dann besprach sie mit Laubach die Einzelheiten. Er sah gebeugt und unglücklich aus, doch sie gewann den Eindruck, er würde sie und Uttenreuther auf alle Fälle unterstützen.
»Nun wird es sich erweisen«, sagte er zum Abschied, als er Katinka seine große Pranke entgegenstreckte, »wer ein Freund ist von all den großartigen Kollegen …«
Katinka nickte ihm zu und bedankte sich. Dann verließ sie sein Zimmer und stand Aug’ in Aug’ mit Fria Burgwart, die gerade den Gang entlangkam.
Immer noch trug sie Arm und Schulter verbunden. Um die Bandagen zu kaschieren, hatte sie sich einen Rollkragenpullover angezogen. Sie sah darin aus wie ausgestopft. Ihr Haar war so straff zurückgebunden, dass ihr Gesicht noch spitzer wirkte.
»Grüß Gott, Frau Burgwart«, sagte Katinka und nickte ihr freundlich zu. »Geht’s Ihnen besser?«
»Ja, ich denke«, sagte Fria. Sie wirkte verwirrt und schleppte an ihrem gesunden Arm baumelnd eine schwere Ledertasche.
Katinka blieb stehen und sah zu, wie sie das Assistentenzimmer betrat. Montfort kam gerade heraus und sagte leise: »Ach, hallo!« Er sah sie dabei nicht an und verschwand hastig durch die nächste Tür.
Ach du Schande, dachte Katinka. Sie warf einen Blick in das Bibliothekszimmer. Carsten Stielke, Ruth Lebewang, Elfi Lodenscheidt, Anna-Beata Först und Ludovic Montfort saßen mit kleinen, dampfenden Pizzen auf Papptellern an den drei Schreibtischen und hielten ein spätes Frühstück.
»Grüß Gott miteinander«, sagte Katinka laut.
Elfi zuckte zusammen, die anderen warfen sich unruhige Blicke zu. Katinka konnte nicht anders. Sie stellte sich in den Türrahmen und sagte:
»Da wird sich Frau Burgwart aber freuen, dass sie mit einer frischen Minipizza empfangen wird.«
Das Schweigen lastete wie Blei in dem kleinen Raum. Montfort kaute ungeduldig auf seiner Pizza herum, und Stielke war rot wie eine Chilischote. Die Sekretärin blickte auf Katinkas Füße, der Appetit schien ihr vergangen zu sein.
»Ach, Fria ist wieder da?«, fragte Elfi Lodenscheidt mit einem überraschten Lächeln.
»Tatsache«, erwiderte Katinka, ohne das Lächeln zu erwidern.
»Also«, sagte Elfi, legte ihren Pappteller mit der angebissenen Pizza sorgfältig beiseite und stand auf, »dann schau ich mal rüber.«
»Schönen Tag auch«, sagte Katinka und lief die Treppen hinunter ins Freie.
Gewissenhaft besah sie sich ihr Rad, bevor sie aufstieg und nach Hause fuhr.
Die Sache wird riskant.
Selbstverständlich bin auch ich nicht unverwundbar. Aber ich behalte den Überblick. Niemand kann mir etwas anhaben.
Ich bin das Gegenteil von sprunghaft. Meine Handlungen orientieren sich an definierbaren Endergebnissen. Ich setze Prioritäten.
Wie hart man sich manches erarbeiten muss! Meine Chance rückt heran.
Die Detektivin wird lästig, eine richtige Landplage. Aber sie lockt mich nicht in die Falle. Ich bin ihr mehr als einen Schritt voraus. Sie ist leicht zu beeinflussen. Wie die meisten Frauen. Sie werden 24 Stunden am Tag von Gefühlen malträtiert. Von wenigen Ausnahmen mal abgesehen.
Keinesfalls werde ich eine Gefängniszelle von innen sehen.
Habe ich Angst?
Mitunter treibt mich die Ehrlichkeit. Ich gebe zu, dass ich unruhig bin. Unruhe ist nichts Schlechtes. Vor dem großen Auftritt benötigt der Akrobat eine gewisse Portion Nervosität. Fühlt er sich zu sicher, ist er nicht mehr konzentriert genug. Dann macht er Fehler. Ich sehe das Seil schwirren und ihn in die Tiefe stürzen.
Ich stürze nicht.
Das Hochseil behält seine Faszination für mich.
Es gibt Leute, die alles für mich tun. Manchmal machen sie Fehler. Deswegen sind sie mir auch unterlegen.
Schlemihle, Versager, Luschen. Ich mache
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