Maskerade der Liebe
betrachtete ihre Hände, die sie gefaltet im Schoß hielt. „Sie . . . Sie meinten, dass Sie unanständige Frauen den ehrbaren vorziehen. Trotzdem haben Sie mit Lady Sophie getanzt.“
Sie war zu wohlerzogen, um ihn als unehrlich zu bezeichnen, aber er erriet, was sie dachte. „Lady Dryden bat mich, mit Ihrer Freundin zu tanzen, deshalb habe ich es getan.
Ich bin nicht so unhöflich, die Bitte meiner Gastgeberin abzuschlagen. Sonst steckte keine weitere Absicht dahinter, das versichere ich Ihnen - ganz gleich, was Lord Nesfield davon hielt.“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Warum? Sind Sie etwa eifersüchtig?“
„Natürlich nicht“, gab sie verärgert zurück. „So töricht bin ich nicht. Ich weiß, dass Sie mit mir nur getändelt haben. Wir bewegen uns in völlig verschiedenen Kreisen. Wenn ich es schaffe, ins Haus zu gelangen, ohne bemerkt zu werden, bezweifle ich, dass wir uns jemals wieder sehen werden.“ Es verstimmte ihn, dass sie so offen aussprach, was er bereits gedacht hatte. „Ich werde noch eine Woche länger hier sein. Wir könnten . . .“
„Noch ein skandalträchtiges Beisammensein in Ihrer Kutsche haben? Ich glaube nicht.“ Sie blickte weg. Das Mondlicht schien ihr ins Gesicht, das ihre innere Bewegtheit verriet. „Ich glaube nicht, dass ich ein weiteres Treffen mit Ihnen überstehen würde.“
Er würde es sicher auch nicht. Wenn er noch einmal die Gelegenheit hätte, sie zu treffen, würde er wahrscheinlich, noch törichter dastehen. Nein, er würde nicht den Kopf wegen einer Frau verlieren, vor allem nicht wenn es sich um eine junge, aufrechte Dame wie Emily Fairchild handelte.
Doch als die Kutsche ihrem Ziel immer näher kam, wurde ihm schwer ums Herz. Er wünschte sich, er könnte sie besser kennen lernen. Wie traurig es doch war, dass dies nicht möglich war!
Allzu rasch wurde die Kutsche langsamer. Angespannt blickte sie aus dem Fenster. „Gott sei Dank, sie sind fort“, sagte sie erleichtert.
Fand sie die Vorstellung, ihn zu heiraten, so schrecklich? Natürlich tat sie das. Sie hielt ihn für einen Schuft, der mit einer jungen Frau anbändelte, sie bis zur Besinnungslosigkeit küsste und dann - ohne noch einen Gedanken an sie zu verschwenden - fortschickte.
Nun gut. Sollte sie das denken. Bestimmt war es besser so.
Er klopfte an die Decke und befahl dem Kutscher anzuhalten. Dann lehnte er sich zurück. „Ich werde zuerst hineingehen. Falls jemand nach Ihnen fragen sollte, werde ich behaupten, nichts zu wissen. Sie warten eine Weile und spazieren dann vom Garten herein, so als wären Sie die ganze Zeit draußen gewesen. Mit etwas Glück müssen Sie nicht einmal lügen.“
„Danke“, erwiderte sie steif, öffnete den Verschlag und stieg aus.
„Emily . . .“ , begann er, während er ihr folgte. Am liebsten hätte er sie zurückgehalten, auch wenn er wusste, dass es sinnlos war.
Sie drehte sich um und sah ihn erwartungsvoll an. Da wusste er nicht, was er ihr sagen sollte. Was konnte er ihr bieten? Und was wollte sie von ihm? Hätte sie es am liebsten, wenn er jegliche Vorsicht außer Acht ließe und sie fragen würde, ob er seine Absichten ihrem Vater unterbreiten könne? Nun, dazu wäre er, Jordan, nicht bereit. Es war bloß ein Zufall gewesen, der sie zusammengeführt hatte, und er würde deshalb nichts an seinem Leben ändern.
Als er schwieg, lächelte sie ihn müde an. „Ich danke Ihnen für diesen Abend, Lord Blackmore. Gewiss werde ich ihn nie vergessen.“
Ich auch nicht, dachte er, als sie in den Garten eilte und er ihre anmutigen Bewegungen bewunderte. Wie das Aschenputtel nach dem Ball.
Es gab nur einen bedeutsamen Unterschied. Sie hatte ihm keinen Schuh zurückgelassen, der ihn an sie erinnerte. Es würde keine Zukunft für sie beide geben.
3. KAPITEL
Willow Crossing Mai 1819
Fesseln aus Gold sind dennoch Fesseln. Die weichste Auskleidung wird sie niemals so angenehm wie die Freiheit machen.
Mary Asteil, englische Dichterin und Feministin,
Ein Essay zur Verteidigung des weiblichen Geschlechts
Da die Bediensteten ihren freien Tag hatten, war es im Pfarrhaus sehr still. In der Küche herrschte in den frühen Morgenstunden völlige Ruhe. Emily stand am Herd und machte einen mit Wasser verdünnten Cognac warm. Sie war froh, dass sie an diesem Frühlingstag allein sein konnte, während sie das alkoholische Mundwasser für ihren Vater zubereitete.
Sie testete mit dem Finger die Temperatur der Flüssigkeit. Endlich war sie warm genug. Sie
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