Mathias Sandorf
geborgen gehabt und er selbst war wohl in die wundervolle Grotte der Kalypso hineingestiegen, die mit der berühmten Fingalshöhle auf den Hebriden verglichen werden kann; hier hatte er die Nothpfeife und die Kanonenschüsse der Yacht vernommen.
Dieser Mann zögerte nicht, der halb verloren sich gebenden Dampf-Yacht mit Gefahr des eigenen Lebens zu Hilfe zu kommen. Wenn der »Ferrato« noch zu retten war, so konnte er nur durch die Hilfe dieses Mannes gerettet werden.
Das Boot trieb nach und nach näher. Ein Tau wurde an Bord bereit gehalten, das ihm zugeworfen werden sollte, sobald es anlegen würde. Es konnte nur noch einige Minuten dauern, bis das geschah, doch diese Minuten schienen eine Ewigkeit. Die Klippen waren höchstens noch eine halbe Ankerlänge vom Schiffe entfernt.
In diesem Augenblicke wurde das Seil geworfen, doch eine ungeheure Welle hob das Boot empor und warf es gegen die Seitenwand des »Ferrato«. Es wurde in Stücke zerschmettert und der Fischer, der es leitete, wäre unbedingt umgekommen, wenn Kap Matifu ihn nicht rechtzeitig am Arm ergriffen und wie ein Kind auf Deck gehoben haben würde.
Ohne ein Wort zu sprechen – dazu war auch gar keine Zeit – sprang dieser Fischer auf die Commandobrücke, ergriff das Steuerrad, und gerade als der Bug des »Ferrato« auflaufen wollte, um an den Felsen zu zerschmettern, flog das Schiff herum und lenkte in den schmalen Paß von Nord-Comino; es flog mit dem Wind im Rücken hindurch und in weniger als zwanzig Minuten befand es sich gegenüber der östlichen Küste von Malta in einer ruhigeren See. Mit vollen Schooten fuhr es auf der Strecke von einer halben Meile längs des Landes dahin. Gegen vier Uhr Morgens, als das erste Tageslicht den Horizont zu färben begann, lenkte es in den Kanal von La Vallette ein und warf am Quai der Senglea, bei der Einfahrt zum Kriegshafen, Anker.
Doctor Antekirtt trat nun zu dem jungen Manne auf die Commandobrücke:
»Ihr habt uns gerettet, mein Freund, sagte er zu ihm.
– Ich that nur meine Schuldigkeit.
– Seid Ihr ein Lootse?
– Nein, Herr, ich bin nur ein Fischer.
– Euer Name?
– Luigi Ferrato!«
Fünftes Capitel.
Malta.
Der Sohn des Fischers von Rovigno also war es, der soeben seinen Namen dem Doctor Antekirtt genannt hatte. Durch eine Fügung der Vorsehung war es Luigi Ferrato, dessen Muth und Geschicklichkeit die Dampf-Yacht, ihre Passagiere, die ganze Mannschaft vor einem sicheren Untergange retten sollte.
Der Doctor stand schon im Begriffe, auf Luigi zuzustürzen, um ihn in seine Arme zu schließen. Er hielt sich jedoch zurück. Denn Graf Sandorf wäre es gewesen, der sich durch dieses voreilige Wiedererkennen verrathen hätte, Graf Sandorf aber sollte für Alle todt sein, selbst für den Sohn Andrea Ferrato’s.
Peter dagegen, der zu derselben Zurückhaltung und aus denselben Gründen verpflichtet war, hätte beinahe sein Versprechen vergessen, wenn nicht der Doctor ihn mit einem Blicke gewarnt haben würde. Beide stiegen in den Salon hinab, wohin Luigi zu folgen ersucht wurde.
»Seid Ihr, mein Freund, so fragte ihn der Doctor, der Sohn jenes Fischers in Rovigno, der sich Andrea Ferrato nannte?
– Ja, mein Herr, antwortete Luigi.
– Habt Ihr nicht eine Schwester?
– Ja, wir wohnen bei einander in La Vallette. – Haben Sie, so setzte er zögernd hinzu, vielleicht meinen Vater gekannt?
– Ihren Vater? Nein, erwiderte der Doctor. Ihr Vater gab vor fünfzehn Jahren zwei Flüchtlingen Obdach in seinem Hause in Rovigno. Diese Flüchtlinge waren zwei meiner Freunde, welche seine Ergebenheit nicht zu retten vermochte. Doch diese Ergebenheit hat Andrea Ferrato Freiheit und Leben gekostet, er wurde nach Stein geschickt und starb dort….
– Ohne seine That bedauert zu haben,« antwortete Luigi.
Der Doctor ergriff die Hand des jungen Fischers.
»Ich bin es, Luigi, sagte er, dem meine Freunde den Auftrag gegeben haben, die Verbindlichkeit, die gegen Euren Vater eingegangen wurde, zu lösen. Seit einer Reihe von Jahren habe ich vergebens zu erfahren versucht, was aus Euch und Eurer Schwester geworden war; allein man hatte Eure Spuren von Rovigno aus verloren. Gott sei gelobt, daß er Euch gerade zu meiner Hilfe gesandt hat. Dem Schiffe, das Ihr gerettet habt, habe ich zum Gedächtniß an Andrea den Namen »Ferrato« gegeben…. Laßt mich Euch umarmen, mein Freund!«
Während der Doctor Luigi an die Brust drückte, fühlte dieser seine Augen sich mit Thränen füllen.
Peter konnte sich
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