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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ohne Aufsicht bei Privatleuten zu arbeiten hatte, als wenn er als Gefangener für Rechnung des Staates thätig war.
    »Da seine Verurtheilung erst aus der jüngsten Zeit datirt, sagte der Doctor zu Peter, so ist es leider wahrscheinlich, daß er sich noch nicht der Vortheile erfreut, die älteren Gefangenen in Folge ihrer guten Führung zugestanden werden.
    – Und wenn er angeschlossen worden ist? fragte Peter.
    – So wird seine Entführung um so schwieriger werden, antwortete der Doctor. Und doch muß sie geschehen, sie soll auch geschehen!«
    Inzwischen rollte der Wagen, gezogen von den kurz trabenden Pferden, sanft auf der Landstraße einher. In der Entfernung von zweihundert Metern außerhalb der Befestigungen arbeitete eine größere Zahl von Sträflingen unter der Leitung von Aufsehern des Präsidio an der Betonirung der Straße. Es waren an fünfzig Leute, die Einen zerklopften die Steine, die Anderen breiteten sie über die Straße aus, wieder Andere drückten sie mittelst Walzen in den Erdboden hinein. Der Wagen des Doctors hatte, um den Theil des Weges, der ausgebessert wurde, zu umgehen, einen kleinen Nebenweg eingeschlagen.
    Plötzlich ergriff der Doctor den Arm Peter’s.
    »Er!« sagte er leise.
    Ein Mann stand da, einige zwanzig Schritt vor seinen Gefährten auf den Griff seiner Spitzhacke gelehnt.
    Es war Carpena.
    Der Doctor hatte den Salzarbeiter aus Istrien nach fünfzehn Jahren in seinem Sträflingsanzuge eben so schnell erkannt, wie Maria Ferrato ihn in seiner maltesischen Kleidung in den Gassen des Manderaggio erkannt hatte. Dieser Sträfling, zu faul und ungeschickt zu jeder Arbeit, war selbst in den Arsenalen des Präsidio nicht zu verwerthen gewesen. Auf der Landstraße Steine zerklopfen, zu dieser rauhen Arbeit paßte er noch gerade.
    Das Wiedererkennen war trotzdem nur einseitig, denn Carpena erkannte in dem Doctor schwerlich den Grafen Sandorf wieder. Er hatte diesen nur flüchtig gesehen im Hause des Fischers Andrea Ferrato, in dem Augenblick, als er die Polizisten herbeiführte. Aber auch er hatte wie Jedermann von der Ankunft des Doctors vernommen. Dieser weitberühmte Doctor – Carpena wußte es wohl – war die Persönlichkeit, über welche Zirone während ihrer Unterhaltung bei den Polyphemosklippen an der sicilischen Küste mit ihm gesprochen hatte, dieses der Mann, dem vor Allen zu mißtrauen Sarcany anempfahl, dieses der Millionär, um dessen willen Zirone’s Bande den mißlungenen Handstreich auf die Casa Inglese unternahm.
    Was ging wohl in dem Geiste Carpena’s vor, als er sich unerwartet dem Doctor gegenüber sah? Welche Vorstellung bedrückte wohl sein Gehirn mit jener dringlichen Beständigkeit, die gewisse photographische Proceduren charakterisirt? Es wäre das schwer zu sagen gewesen. Jedenfalls fühlte der Spanier plötzlich, daß sich der Doctor seiner Person mit Hilfe einer Art moralischen Uebergewichtes ganz und gar bemächtigte, daß sein eigenes Selbst vor dem Doctor in Nichts aufging, daß ein fremder Wille, der stärker war als der seinige, ihn ohnmächtig machte. Er wollte sich ermannen, es ging nicht: er mußte vor diesem übermächtigen Einflusse zurückweichen. Der Doctor hatte seinen Wagen halten lassen und fuhr fort, Carpena mit einer durchdringenden Stetigkeit anzublicken.
     

    Der Doctor und Peter Bathory befanden sich allein an Bord. (S. 396.)
     
    Der leuchtende Punkt in seinen Augen brachte in dem Gehirn Carpena’s eine befremdliche, unwiderstehliche Wirkung hervor. Die Sinne des Spaniers verdummten nach und nach. Seine Augenlider blinzelten und schlossen sich; sie gingen in ein krampfhaftes Zittern über. Sobald das Bewußtsein ganz entschwunden war, fiel Carpena auf den Straßenrand nieder, ohne daß seine Genossen irgend etwas von der Scene bemerkt hätten. Er war in einen magnetischen Schlaf verfallen, aus dem ihn Keiner von ihnen hätte ziehen können.
    Der Doctor ließ nun den Wagen nach der Residenz des Gouverneurs zu weiterfahren. Die Scene hatte überdies kaum eine halbe Minute gedauert Niemand hatte beobachten können, was soeben zwischen dem Spanier und ihm vorgegangen war – Niemand, mit Ausnahme Peter Bathory’s.
    »Jetzt gehört der Mensch mir, sagte der Doctor, und ich kann ihn zwingen…
    – Uns Alles zu sagen, was er weiß? fragte Peter.
    – Nein, das nicht, wohl aber Alles zu thun, was ich verlange, und zwar unbewußt. Beim ersten Blick, den ich auf diesen Elenden geworfen habe, habe ich gefühlt, daß ich sein Meister

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