Mathias Sandorf
Antekirtta’s in Staunen zu versetzen.
Pointe Pescade und Kap Matifu beschäftigten sich inzwischen, in Erwartung dieses schönen Tages, ihren Garten zu verschönern, der von prächtigen Bäumen beschattet war, und ihre Villa, welche vollständig unter Blumen verschwand. Die Arbeiten am kleinen Bassin ließen dieses nun auch schon festere Formen annehmen. Wenn man so Kap Matifu ungeheure Felsstücke losbrechen und fortschleppen sah, konnte man bald erkennen, daß der provençalische Hercules noch nichts von seiner wunderbaren Stärke eingebüßt hatte.
Weder die Agenten, welche der Doctor mit den Nachforschungen über den Verbleib der Frau Bathory beauftragt hatte, noch diejenigen, welche auf die Spur Sarcany’s gelenkt worden waren, hatten glückliche Erfolge zu verzeichnen. Keiner von ihnen hatte entdecken können, wohin sich der Elende nach seiner Abreise von Monte Carlo begeben hatte.
Kannte Silas Toronthal dessen Zufluchtsort? Es war das in Anbetracht der Umstände, unter denen sie sich von einander auf der Landstraße nach Nizza getrennt hatten, zum Mindesten zweifelhaft. Doch zugegeben, daß er es wußte, würde er es freiwillig sagen?
Der Doctor wartete höchst ungeduldig darauf, daß der Banquier in die Lage kommen würde, die Probe zu bestehen.
In einem in der nordwestlichen Spitze von Artenak eingerichteten kleinen Fort war es, wo sich Silas Toronthal und Carpena im strengsten Gewahrsam befanden. Beide kannten sich, doch nur dem Namen nach, denn der Banquier hatte sich niemals direct in die sicilianischen Geschäfte Sarcany’s gemischt. Es war auch eine Verordnung erlassen, dahin zielend, Beide nicht vermuthen zu lassen, daß sie sich zusammen in dem Fort befänden. Sie bewohnten zwei Kasematten, die von einander getrennt lagen, und sie verließen dieselben nur, um in abgesonderten Höfen frische Luft zu schöpfen. Auf die Treue Derjenigen, welche sie bewachten – es waren stets zwei Unterofficiere der Miliz von Antekirtta – konnte der Doctor zählen und gewiß sein, daß kein Verkehr zwischen den beiden Gefangenen sich anbahnte.
Es war also keine Indiscretion zu befürchten, noch mehr: auf alle Fragen die Silas Toronthal und Carpena, die Oertlichkeit ihres Aufenthaltes betreffend, stellten, war ihnen nie geantwortet worden und sollte es auch nicht werden. Nichts konnte weder den Einen noch den Anderen vermuthen lassen, daß sie in die Hände dieses geheimnißvollen Doctors Antekirtt gefallen waren, den der Banquier kannte, weil er ihn mehrfach in Ragusa zu Gesicht bekommen hatte.
Des Doctors unaufhörliche Beschäftigung war es, Sarcany ausfindig zu machen und ihn aufzuheben, wie es mit seinen beiden Genossen geschehen war. Am 16. October endlich, nachdem constatirt worden war, daß Silas Toronthal sich jetzt im Stande befände, auf die ihm vorgelegten Fragen zu antworten, entschloß er sich, ein Verhör mit ihm anzustellen.
Zuvor hielt er eine Berathung über diesen Gegenstand mit Peter und Luigi ab, zu der auch Pointe Pescade gezogen wurde, dessen Ansichten nicht zu verachten waren.
Der Doctor machte sie mit seinem Vorhaben bekannt.
»Wenn man Silas Toronthal erkennen läßt, daß man Sarcany’s Aufenthalt zu erfahren wünscht, warf Luigi ein, läßt man ihn da nicht gleich vermuthen, daß man sich seines Genossen bemächtigen will?
– Ja wohl, antwortete der Doctor, doch gibt es wohl nichts Gefährliches dabei, wenn er es weiß, da er uns nicht mehr entschlüpfen kann.
– Und doch, Herr Doctor, erwiderte ihm Luigi. Silas Toronthal kann der Meinung sein, daß es in seinem Interesse liegt, nichts zu sagen, was. Sarcany schaden könnte.
– Und warum?
– Weil er sich selbst schaden würde.
– Ist mir eine Bemerkung gestattet? fragte Pointe Pescade, der sich ein wenig abseits hielt – aus Discretion.
– Gewiß, mein Freund, sagte der Doctor.
– Meine Herren, begann Pointe Pescade, ich glaube, daß bei der gegenwärtigen Trennung der beiden Gentlemen sie sich gegenseitig keine Schonung mehr aufzulegen brauchen. Herr Silas Toronthal muß Sarcany von ganzem Herzen verabscheuen, da er ihn an den Bettelstab gebracht hat. Wenn also Herr Toronthal weiß, wo Herr Sarcany sich augenblicklich befindet, wird er nicht zögern, es zu sagen – so denke ich wenigstens. Sollte er nichts sagen, so hat er eben nichts zu sagen.«
Dieses Raisonnement entbehrte nicht einer gewissen Richtigkeit. Sehr wahrscheinlich würde der Banquier, im Falle er wußte, wohin Sarcany geflüchtet war, sich
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