Mathias Sandorf
Hoffnung aufgegeben, Maria! Mit den Mitteln, über welche der Doctor verfügt, muß schließlich ausgekundschaftet werden, wohin Borik Frau Bathory hat führen müssen, nachdem sie Ragusa verlassen.
– Ich hege ebenfalls dieselbe Hoffnung, Luigi. Würde aber auch Peter, selbst wenn seine Mutter ihm wiedergegeben werden sollte, schon ganz getröstet sein?
– Nein, Maria, das ist ganz unmöglich, weil Sarah Toronthal niemals seine Frau wird sein können.
– Ist das, was dem Menschen unmöglich scheint, nicht Gott möglich, Luigi?« fragte Maria.
Als Peter zu Luigi gesagt hatte, sie wollten Brüder sein, wußte er noch nicht, welche zärtliche und ergebene Schwester er in Maria Ferrato finden würde Als er sie näher kennen gelernt hatte, zögerte er nicht, ihr alle seine Sorgen anzuvertrauen. Es beruhigte ihn etwas, wenn er mit ihr sich aussprechen konnte. Was er dem Doctor nicht sagen wollte, was sich von selbst verbot, diesem mitzutheilen, davon sprach er mit Maria. Er fand hier ein liebevolles Herz, welches sich mitleidig öffnete, ein Herz, das begriff und tröstete, eine Gott vertrauende Seele, welche die Verzweiflung nicht kannte. Wenn Peter unsäglich litt, wenn das Uebermaß des Schmerzes seine Brust zu sprengen drohte, ging er zu ihr, und stets wußte Maria ihm ein wenig Vertrauen auf die Zukunft einzuflößen.
Ein Mann befand sich in den Kasematten von Antekirtta, welcher wissen mußte, wo sich Sarah befand und ob sie noch immer in Sarcany’s Gewalt schmachtete. Es war das Silas Toronthal, der sie für seine Tochter ausgegeben hatte. Doch aus Rücksicht auf das Andenken an seinen Vater würde Peter niemals gewagt haben, ihn hierüber zum Sprechen zu bringen.
Silas Toronthal war auch seit seiner Gefangennahme in einer so bedenklichen Gemüthsverfassung, von einer so großen physischen und moralischen Erschlaffung befallen worden, daß er nichts hätte sagen können, selbst wenn sein Vortheil ihn genöthigt haben würde, es zu thun. Im Ganzen genommen hatte er kein Interesse zu enthüllen, was er über Sarah wußte, da er einerseits nicht ahnte, daß es der Doctor Antekirtt war, dessen Gefangener er geworden, und andererseits, daß Peter Bathory sich lebend auf der Insel Antekirtta befand, deren Name sogar ihm fremd war.
Wie Maria Ferrato ganz richtig gesagt hatte, nur Gott konnte diese Situation zu einem befriedigenden Ende führen.
Der actuelle Zustand der kleinen Kolonie würde nicht in das volle Licht gerückt sein, vergäße man in dem Personalbestande von Antekirtta Pointe Pescade und Kap Matifu aufzuführen.
Obwohl es Sarcany gelungen, zu entschlüpfen, obwohl seine Fährte für den Augenblick verloren gegangen war, hatte die Ergreifung von Silas Toronthal doch eine so hohe Wichtigkeit, daß man Pointe Pescade äußerst freigebig mit Belobungen überhäufte. Der tapfere Junge hatte, seiner alleinigen Eingebung überlassen, genau so gehandelt, wie man bei dieser Lage der Dinge nicht anders hätte handeln können. Von dem Augenblicke an, in welchem sich der Doctor befriedigt zeigte, wären die beiden Freunde schlecht angekommen, wenn sie selbst es nicht gewesen sein würden. Sie hatten also ihr niedliches Heim wieder bezogen und warteten, daß man ihre Dienste wieder in Anspruch nehmen würde. Sie hofften sehr stark, der gerechten Sache noch von großem Nutzen sein zu können.
Gleich nach ihrer Ankunft in Antekirtta hatten Pointe Pescade und Kap Matifu Maria und Luigi Ferrato einen Besuch abgestattet, ebenso hatten sie sich einigen Notablen von Artenak vorgestellt. Ueberall empfing man sie gern, denn sie hatten sich bereits beliebt zu machen gewußt. Es war ein Spaß, Kap Matifu bei diesen feierlichen Gelegenheiten sehen zu können; seine enorme Persönlichkeit, die gut ein Zimmer für sich allein beanspruchte, schien ihn an allen Ecken und Enden zu geniren.
»Ich bin so schmächtig, daß sich das ausgleicht,« bemerkte gewöhnlich Pointe Pescade.
Dieser war die Freude der Kolonie, welche er mit seiner stets ungetrübten Laune auf das Beste belustigte. Er stellte seine Klugheit und seine Geschicklichkeit in den Dienst Aller. Wenn die Dinge einen allgemein befriedigenden Verlauf nehmen würden, welche Feste wollte er zu Stande bringen, welches Programm von Vergnügungen und Sehenswürdigkeiten sollte sich in der Stadt und ihrer Umgebung entwickeln. Ja, wenn es sein mußte, würden Kap Matifu und er nicht zögern, noch einmal das Akrobatenhandwerk zu beginnen, um die Bevölkerung
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