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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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daran gedacht hatte, um sein Leben zu kämpfen, derselbe Mann hatte jetzt nur einen Gedanken: zu leben, um diese beiden Verräther, Toronthal und Sarcany, züchtigen zu können.
    »Ja, wir müssen uns rächen! riefen jetzt auch Stephan Bathory und Ladislaus Zathmar.
    – Uns rächen? Nein! Wir wollen Gerechtigkeit üben!«
    Der ganze Charakter des Grafen Sandorf spiegelte sich in diesen Worten ab.
Sechstes Capitel.
Der Wartthurm von Pisino.
    Die Festung von Pisino gehört mit zu den wunderlichsten Bauten mittelalterlicher Festungsarchitektur. Sie macht sich mit ihrem feudalen Aussehen sehr malerisch. Es fehlen in ihren langen, gewölbten Hallen nur die Ritter, Schloßfrauen, mit langen, gestickten Gewändern und Spitzenhauben angethan an den Spitzbogenfenstern, Bogen-oder Armbrustschützen auf den ausgezackten Mauerkränzen, an den Schießscharten ihrer Gallerien, an dem Schutzgatter der Fallbrücken. Das Steinwerk steht noch unbeschädigt da, aber der Gouverneur in seiner österreichischen Uniform, die Soldaten in ihrem neuzeitigen Anzuge, die Wächter und Thorhüter, sie zeigen nichts mehr von dem halb gelben und rothen Kostüm der alten Zeit und bringen einen Mißton in diese prächtigen Ueberreste aus einem verflossenen Zeitalter.
    Von dem Wartthurme dieser Festung aus beabsichtigte Graf Sandorf während der letzten Stunden vor seiner Hinrichtung zu entfliehen. Ein unsinniger Versuch, da die Gefangenen nicht einmal wußten, wie der Thurm, der ihnen als Gefängniß diente, beschaffen war, da sie ferner das Land nicht kannten, welches sie nach vollführter Flucht durchkreuzen mußten.
    Vielleicht war es gut, daß ihr Wissen in dieser Beziehung gleich Null war. Wären sie besser unterrichtet gewesen, so würden sie wahrscheinlich vor den Schwierigkeiten, besser gesagt vor der Unmöglichkeit eines solchen Unternehmens zurückgebebt sein.
    Nicht etwa, weil die Provinz Istrien ungünstige Aussichten auf ein Entkommen bietet, da Flüchtlinge, gleichviel, welche Richtung sie einschlagen würden, in wenigen Stunden stets irgend einen Punkt des Ufers erreichen müssen. Nicht etwa, weil vielleicht die Straßen Pisinos so streng bewacht werden, daß man darauf gefaßt sein muß, nach dem ersten Schritt, den man in ihnen thut, schon wieder ergriffen zu werden. Aber bis dahin war ein Entweichen aus dieser Festung, und besonders aus diesem, von den Gefangenen bewohnten Thurme für eine vollständige Unmöglichkeit gehalten worden. Ein derartiger Gedanke selbst konnte Einem kaum kommen.
    Die Lage und die äußere Gestaltung des Wartthurmes der Festung Pisino waren, wie folgt beschaffen.
    Der Thurm erhebt sich auf derjenigen Seite der Anhöhe, welche an dieser Stelle der Stadt plötzlich ein Ende macht. Wenn man sich über die Brustwehr dieser Terrasse lehnt, so taucht der Blick in einen breiten und tiefen Schlund, dessen steile Wände von langarmigen Schlingpflanzen in unentwirrbarem Gemisch umkränzt werden und schnurgerade in die Tiefe gehen. Nichts unterbricht ihre glatte Fläche. Keine Stufe zeigt sich, mit deren Hilfe man hinauf-oder herunterklettern, nirgends eine Handhabe, auf die man sich stützen könnte. Nur die in willkürlicher Ordnung sich gebenden, glatten, ausgebleichten, unbestimmten Streifen sieht man, welche die schräge Spaltung der Felsen andeuten. Wir haben mit einem Worte einen Abgrund vor uns, der unseren Blick anzieht, fesselt und welcher von dem, was da hinein geworfen wird, gewiß nichts wieder herausgibt.
    Oberhalb dieses Abgrundes steigt eine der Seitenwände des Thurmes auf, hie und da ist sie von Fenstern durchbrochen, die den Zellen in den verschiedenen Stockwerken das Licht zuführen. Wenn ein Gefangener sich aus einer dieser Oeffnungen herausgebeugt hätte, so würde er jedenfalls vor Schreck zurückgeprallt sein, wenn ihn nicht ein plötzlicher Schwindel schon zuvor in den Abgrund gerissen haben würde. Und wohin wäre er wohl gerathen, wenn er hinuntergefallen sein würde? Entweder wäre sein Körper auf den am Boden des Abgrundes befindlichen Felsen zerschmettert oder von einem Gießbache fortgeschwemmt worden, dessen Fluth zur Zeit des Wasserganges von den Bergen von einer unwiderstehlichen Kraft ist.
    Dieser Abgrund wird dort zu Lande der Buco genannt. Er dient als Recipient für die Wasserfülle eines Baches, der die Foïba geheißen wird. Dieser Bach fließt nur durch eine Höhle ab, die sich allmählich durch die Felsen Bahn gebrochen hat und in sie hinein ergießt er sich mit dem

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