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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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bestimmt annehmen können, nur mit Hilfe des Schlüssels gelesen worden. Dieser Brief hat die Polizei auf die Spur der Verschwörung gebracht und auf ihm allein hat die ganze Anklage beruht.
    – Nach dem, was geschehen, ist das »Wie« jetzt ganz gleichgiltig, antwortete Stephan Bathory.
    – Im Gegentheil, rief Sandorf, es ist sehr wichtig. Vielleicht sind wir verrathen worden! Und wenn ein Verräther lebt… man kann nicht wissen…«
    Graf Sandorf hielt inne. Der Name Sarcany’s drängte sich plötzlich seinem Geiste auf; aber er warf den Gedanken wieder weit von sich und wollte ihn nicht einmal den Genossen mittheilen.
    Mathias Sandorf und seine beiden Freunde fuhren fort, über das Unerklärliche bei ihrer Verhaftung und Verurtheilung zu sprechen, bis die Nacht hereinbrach.
    Am nächsten Morgen wurden sie durch den Eintritt des Wächters aus ihrem tiefen Schlummer geweckt. Ihr vorletzter Tag brach an. Vierundzwanzig Stunden später sollte die Hinrichtung stattfinden.
    Stephan Bathory fragte den Mann, ob es ihm gestattet sein würde, seine Familie noch einmal bei sich zu sehen.
    Der Wächter antwortete, daß er in dieser Richtung keine Verhaltungsmaßregeln empfangen hätte. Es war übrigens nicht sehr wahrscheinlich, daß die Regierung den Verurtheilten diesen letzten Trost gewähren würde, weil die Angelegenheit bis zum Tage des Urtheils ganz geheim behandelt und der Name der Festung, welche den Verbrechern als Gefängniß diente, nicht einmal genannt worden war.
    »Können wir nicht wenigstens schreiben und werden unsere Briefe ihre Bestimmungsorte erreichen? fragte Graf Sandorf.
    – Ich will Ihnen Papier, Feder und Tinte zur Verfügung stellen, antwortete der Wächter, und ich verspreche Ihnen, Ihre Briefe in die Hände des Gouverneurs zu legen.
    – Wir danken Ihnen, mein Freund, sagte der Graf, weil Sie Alles für uns thun, so weit Sie es können. Was unsere Erkenntlichkeit anbelangt, so….
    – Ihr Dank genügt mir, meine Herren,« antwortete der Wächter, der seine Rührung nicht verbergen konnte.
    Der brave Mann zögerte nicht, das Gewünschte herbeizubringen und die Verurtheilten brachten einen Theil des Tages damit zu, ihre letztwilligen Verfügungen zu treffen. Graf Sandorf ertheilte mit dem Herzen eines besorgten Vaters seinem Töchterchen, das nun eine Waise wurde, seine Rathschläge; Stephan Bathory legte die volle Liebe des Gatten und Vaters in dem Lebewohl nieder, welches er seiner Frau und seinem Knaben übersandte; Ladislaus Zathmar schrieb, was nur ein Herr seinem alten Diener und einzigen Freunde schreiben kann.
    Aber so in Anspruch genommen sie auch von ihrer Arbeit waren, so unzählige Male horchten sie dennoch im Verlaufe des Tages auf jedes ferne Geräusch, welches durch den Flur des Wartthurmes schallte. Wie oft schien sich ihnen die Thüre der Zelle öffnen zu wollen und es ihnen gestattet zu sein, ihre Frau, ihren Knaben, ihr Mädchen noch einmal umarmen zu dürfen. Das wäre wenigstens ein Trost gewesen! Vielleicht war es aber trotzdem besser, daß ein erbarmungsloser Befehl sie dieses letzten Lebewohles beraubte und ihnen dadurch eine herzzerreißende Scene ersparte.
    Die Thüre öffnete sich nicht. Zweifellos wußten weder Frau Bathory und ihr Sohn, noch der Intendant Landeck, dem des Grafen Sandorf kleines Töchterchen anvertraut war, wohin die Gefangenen nach ihrer Verhaftung gebracht worden waren; eben so wenig konnte es Borik wissen, der noch immer im Triester Gefängnisse saß. Es war auch kaum anzunehmen, daß sie Alle bereits wußten, welches Los die Führer der Verschwörung getroffen hatte. Die Verurtheilten sollten Jene also vor der Vollziehung des Urtheilsspruches nicht mehr zu sehen bekommen.
    In dieser Weise vergingen die ersten Stunden des Tages. Mehrfach plauderte Graf Sandorf mit den Freunden, eben so oft aber auch saß Jeder für sich in tiefes Nachdenken versunken da. In solchen Augenblicken drückt sich im Gedächtnisse die ganze Vergangenheit mit einer fast übernatürlichen Deutlichkeit ab.
    Man scheint sich nicht in das Gewesene zu versenken, die Erinnerung nimmt die Gestalt der Gegenwart an. Ist das bereits eine Ahnung der Ewigkeit, die sich uns erschließen will, dieses unfaßlichen und unermeßlichen Zustandes aller Dinge, der sich die Unendlichkeit nennt?
    Während Stephan Bathory und Ladislaus Zathmar sich rückhaltslos ihren Erinnerungen hingaben, wurde Mathias Sandorf unablässig von einem ihn ganz beherrschenden Gedanken bewegt. Er zweifelte nicht

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