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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Philosoph, erfinderisch und praktisch – ein vollkommener Affe, doch ohne die Bosheit dieses Thieres – und auf Leben und Tod unzertrennlich von dem gutmüthigen, schwerfälligen Dickhäuter, den er durch alle Fährnisse und Zufälligkeiten des Artistenlebens bugsirte.
    Sie waren Beide von Beruf Akrobaten und besuchten die Jahrmärkte. Matifu, oder Kap Matifu – wie man ihn nannte – war Ringkämpfer, zeigte Proben seiner Stärke, bog Eisenstangen auf seinem Ellbogen, hob mit gestrecktem Arme die schwersten Leute unter seinen Zuschauern und jonglirte mit seinem jüngeren Genossen gerade so, als wenn ein gewöhnlicher Mensch mit einem Billardballe spielt. Pescade oder Pointe Pescade – so hieß er gemeinhin –
     

    Ragusa.
     
    parodirte, sang, trieb Narrheiten und konnte das Publikum niemals genug mit seinen Hanswurstiaden unterhalten; er erregte ferner Aufsehen durch seine equilibristischen Productionen, die er geschickt zur Ausführung brachte und geradezu Staunen durch seine Kartenkunststücke, die ihn an die Seite der besten Taschenkünstler
     

    Kap Matifu jonglirte mit seinem Genossen. (S. 160.)
     
    stellten, denn es gelang ihm, selbst die argwöhnischsten Menschen durch irgend welche Zufalls-oder Berechnungskniffe vollständig zu täuschen.
    »Ich habe meine Prüfung der Reise bestanden,« wiederholte er mit Vorliebe.
    Aber »warum, werden Sie mir sagen« – ebenfalls eine vertrauliche Ansprache von Pointe Pescade – warum sahen an jenem Tage auf dem Quai von Gravosa gerade diese beiden armen Teufel die Zuschauer anderen Schaustellungen das Geld zutragen? Warum drohte jenen die magere Ausbeute – und sie brauchten das liebe Geld doch so sehr nothwendig – ganz zu entschwinden? Eine unbegreifliche Thatsache.
    Ihre Sprache – ein ganz annehmbares Gemisch des Provençalischen und Italienischen – genügte vollkommen, um sie den dalmatinischen Besuchern verständlich zu machen. Ihre Eltern hatten sie nie gekannt, sie waren richtige Augenblickskinder gewesen und so hatten sie sich, seit sie ihre provençalische Heimat verlassen, schlecht und recht durchgeholfen, sie besuchten die Märkte und Messen, lebten eher schlecht als recht, aber lebten wenigstens und, wenn sie auch nicht alle Tage frühstücken konnten, so aßen sie wenigstens regelmäßig zu Abend, das genügte ihnen, denn – um mit Pointe Pescade zu reden – man muß nicht das Unmögliche verlangen.
    Und wenn der tapfere Junge es auch nicht am besagten Tage verlangte, so versuchte er es wenigstens, er gab sich alle Mühe, ein Dutzend Neugieriger vor seinem Schaugerüst zu versammeln, mit der Hoffnung, sie sich zum Betreten seiner ärmlichen Arena entschließen zu sehen. Doch weder seine Redensarten, denen ihre fremdländische Aussprache etwas Gefälliges gab, noch seine schlechten Witze, die das Glück eines Possendichters begründet hätten, noch sein Gesichterschneiden, das einem Heiligen in der Nische irgend einer Kirche ein Lachen abgenöthigt hätte, noch seine Verdrehungen und Hüftenverschlingungen, wahre Wunder der Verrenkungskunft, noch das Spielen seiner Clownperrücke, deren Bockbartspitze über dem rothen Stoff seines Wamses auf und niederwippte, noch seine des römischen Pulcinello oder des florentinischen Stentareito würdigen Sprünge, übten eine Anziehungskraft auf das Publicum aus.
    Und dabei befanden sich Beide schon seit mehreren Monaten inmitten der slavischen Bevölkerung.
    Nach dem Verlassen der Provence waren sie – man könnte sagen Einer auf dem Andern – über die Seealpen in die Lombardei, in das mailändische und venetianische Gebiet hinuntergestiegen, Kap Matifu, berühmt durch seine Stärke, Pointe Pescade durch seine Gewandtheit. Ihr Ruf hatte sie veranlaßt, nach Triest zu wandern. Von Triest waren sie durch Istrien an die dalmatinische Küste gekommen, nach Zara, Spalato, Ragusa; sie fanden eben bei ihrem Weiterwandern ein besseres Auskommen, als wenn sie dieselbe Tour noch einmal in umgekehrter Richtung gemacht hätten. Wo sie einmal gewesen, da waren sie bekannt und hatten sich überlebt; wohin sie aber zum ersten Male kamen, da flossen ihnen durch ihre ungewöhnliche und neuartige Kunstfertigkeit jedenfalls einige Einnahmen zu. Jetzt mit einem Male bemerkten sie zu ihrem Schrecken, daß ihre Tournee, die glänzend nie gewesen war, recht bedenklich zu werden begann. Die armen Kerle hatten begreiflicher Weise jetzt nur noch den einen Wunsch – sie wußten nur nicht, wie sie ihn verwirklichen sollten

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