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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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tragen verstanden, waren die Commissionäre – einer mit Vorrechten ausgestatteten Körperschaft – ganz danach angethan, vornehmlich die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Wahrhaftige Orientalen schienen sie zu sein, diese Lastträger mit Turban Weste. Kamisol, faltigem türkischen Beinkleid und Pantoffeln. Sie würden den Quais von Galata oder dem Platz Top’hane in Constantinopel nicht zur Schande gereicht haben.
    Die Festfreude hatte bereits den Höhepunkt erreicht. Weder die Buden in den Straßen noch die auf den Quais leerten sich. Es gab auch noch etwas ganz Besonderes zu sehen, das ganz dazu angethan war, eine große Anzahl Neugieriger anzulocken: den Stapellauf eines Trabocolo, eines eigenartigen Fahrzeuges, das man nur auf der Adria vorfindet; ein solches Schiff trägt zwei Maste und zwei Focksegel, die an der obersten und untersten Leik angeschlagen werden.
    Der Stapellauf sollte um sechs Uhr Abends vor sich gehen und der Kiel des Trabocolo, von seinen Stützen bereits befreit, erwartete nur noch die Wegräumung des Hemmschuhes, um in das Meer gleiten zu können.
    Bis dahin wetteiferten die Seiltänzer, fliegenden Musikanten, Akrobaten, um mit ihrem Talent oder ihrer Geschicklichkeit das schauende Publicum möglichst zufrieden zu stellen.
    Die Musikanten, das muß man gestehen, fanden den größten Zuspruch. Unter ihnen wiederum hatten die Guzlaspieler die bedeutendste Einnahme zu verzeichnen. Zur Begleitung ihres eigenthümlichen Instrumentes sangen sie mit hohltönender Stimme die Lieder ihrer Heimat und diese waren es wohl werth, daß man stillstand und lauschte.
    Die Guzla, deren sich diese Virtuosen der Landstraße bedienen, besteht aus mehreren Stricken, die über ein ausgehöhltes Griffbret gespannt sind und einzig und allein mit einer einfachen Darmsaite bestrichen werden.
    Was die Stimme dieser Sänger betrifft, so gehen ihr die Töne gewiß nicht aus, weil sie wenigstens ebensoviele aus dem Kopfe wie aus der Brust herausholen.
    Einer dieser Musikanten – ein großer gelbhäutiger und schwarzhaariger Bursche, der sein Instrument, ähnlich einem abgemagerten Cello, zwischen den Knieen hielt – begleitete in Haltung und mit Bewegungen sein Lied:
     
    Wenn der Gesang erklingt,
    Der Gesang der Zigeunerin,
    Achte wohl, wie sie ihn singt,
    Wie er aus der Kehle dringt,
    Achte der Zigeunerin!
     
    Hältst du dich noch fern von ihr,
    Wächst die Gluth der schwarzen Augen,
    Und du fühlst wie an der Fremden
    Deine Sinne fest sich saugen.
     
    Wenn der Gesang erklingt,
    Der Gesang der Zigeunerin,
    Achte wohl, wie sie ihn singt,
    Wie er aus der Kehle dringt,
    Achte der Zigeunerin!
     
    Nach diesen ersten Strophen ging der Sänger mit seinem muldenartigen Instrumente bei den Umstehenden der Reihe nach herum und bettelte um die Gabe einiger Kupfermünzen. Die Einnahme schien ihm wohl etwas dürftig vorzukommen, denn er kehrte an seinen Platz zurück und versuchte seine Hörer durch ein zweite Strophe geschmeidiger zu machen:
     
    Ruht auf dir ihr großes Auge,
    Dunkel wie des Liedes Wort,
    Zittern deines Herzens Schläge,
    Ihr gehört’s, sie nimmt’s mit fort.
     
    Wenn der Gesang erklingt,
    Der Gesang der Zigeunerin,
    Achte wohl, wie sie ihn singt,
    Wie er aus der Kehle dringt,
    Achte der Zigeunerin!
     
    Ein Mann im Alter von fünfzig bis fünfundfünfzig Jahren hörte gelassen dem Vortrage des Zigeuners zu, er schien von solchen poetischen Verführungen nichts zu halten, denn seine Geldbörse hatte sich bis dahin noch nicht aufgethan. Es war nun allerdings auch keine Zigeunerin, die während ihres Gesanges ihn »mit dem großen dunklen Auge« anblickte, sondern ein ganz gewöhnlicher langer Teufel, der sich zum Interpreten hergab. Er wollte gerade seinen Platz verlassen, ohne Jenen mit einer Kleinigkeit bedacht zu haben, als ihn ein junges Mädchen, die ihn begleitete, festhielt und sagte:
    »Ich habe kein Geld bei mir, Vater. Ich bitte Dich, gib diesem braven Manne etwas.«
    Der Guzlaspieler erhielt vier oder fünf Kreuzer, die ihm ohne Vermittlung des jungen Mädchens sicher entgangen wären. Ihr Vater war reich und keineswegs geizig; er wollte sich also nicht etwa aus diesem Grunde ohne eine Gabe entfernen, sondern gehörte wahrscheinlich zu Denjenigen, die am menschlichen Elend ungerührt vorübergehen.
    Beide wandten sich durch die Menge anderen nicht weniger lärmenden Schaustellungen zu, während der Guzlaspieler in die benachbarte Schänke ging, um das erhaltene Geld in Flüssigkeiten

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