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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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des herrlichen und poetischen Mittelmeeres.
    Ragusa, oder vielmehr der kleine Staat von Ragusa, war lange Zeit hindurch eine Republik gewesen, bereits vor Venedig, das heißt mit anderen Worten seit dem neunten Jahrhundert. Erst 1808 wurde sie durch ein Decret Napoleons I. dem Königreiche Illyrien einverleibt und zu einem Herzogthum für den Marschall Marmont gemacht. Im neunten Jahrhunderte bereits besaßen die ragusischen Seefahrer, welche alle Meere der Levante befuhren, das alleinige Recht, mit den Ungläubigen Handel zu treiben, ein Recht, welches vom heiligen Stuhl verliehen wurde und Ragusa eine große Bedeutung unter diesen kleinen Republiken des südlichen Europas verschaffte. Ragusa zeichnete sich indessen auch noch durch andere, edlere Eigenschaften aus: das Ansehen seiner Gelehrten, der gute Ruf seiner Schriftsteller, der Geschmack seiner Künstler hatten ihm den ehrenden Namen eines slavonischen Athens eingebracht.
    Zu einem überseeischen Handel gehört ein Hafen mit gutem Ankergrund und genügender Wassertiefe, der selbst Schiffe mit großem Tonnengehalte aufnehmen kann. Ein solcher Hafen fehlte Ragusa. Der Meerbusen ist schmal und von Felsen in Wasserhöhe umgeben; er kann nur kleine Küstenfahrer oder gewöhnliche Fischerfahrzeuge beherbergen.
    Glücklicherweise hat eine halbe Meile nördlich von Ragusa, auf der inneren Seite einer der Ausbuchtungen der Bai von Ombla-Fumera, eine Laune der Natur einen jener vorzüglichen Häfen gebildet, welche nach allen Richtungen selbst der bedeutendsten Schifffahrt zu Hilfe kommen. Dieser Hafen ist Gravosa, er ist vielleicht der beste längs der ganzen dalmatinischen Küste. Dort finden selbst Kriegsschiffe eine hinlängliche Wassertiefe vor. Die Hafenanlage bietet für Trockendocks und für Schiffswerfte genügend Raum; dort können auch die großen Packetboote anlaufen, denen in Zukunft alle Meere der Erdkugel unterthan sein werden.
    Die Straße von Ragusa nach Gravosa ist in Folge dieses günstigen Umstandes ein vollkommener Boulevard geworden; schöne Bäume stehen zu beiden Seiten, ebenso reizende Landhäuser; die Bevölkerung, die sich jetzt auf sechzehn-bis siebzehntausend Menschen beläuft, benützt diese Straße mit Vorliebe.
    An obengenanntem Tage gegen vier Uhr Nachmittags konnte man beobachten, daß die Einwohner Ragusas in Folge des schönen Frühlingstages zahlreich nach Gravosa strömten.
    In dieser Vorstadt – wenn man Gravosa, das allerdings vor den Thoren der Stadt liegt, so nennen kann – wurde ein locales Fest gefeiert mit verschiedenen Belustigungen, Buden fremder Händler, Musik und Tanz unter freiem Himmel, Marktschreiern, Akrobaten und Tausendkünstlern, deren Rufe, Instrumente, Lieder in den Straßen bis auf die Quais des Hafens hinaus großen Lärm machten.
    Dem Fremden bot sich an diesem Tage eine günstige Gelegenheit, die verschiedenen Typen der slavischen Rasse, untermischt mit Zigeunern in den mannigfaltigsten Schattirungen kennen zu lernen. Doch nicht nur diese Nomaden waren zum Feste herbeigekommen, um daselbst die Neugier der Besucher auszubeuten, auch die Land-und Bergbewohner hatten Theil genommen an den öffentlichen Lustbarkeiten.
    Frauen zeigten sich sehr zahlreich, Damen aus der Stadt, Bäuerinnen aus der Umgegend, Fischerinnen von der Küste. Die Kleidung der Einen zeigte das Bestreben, die neuesten Moden des abendländischen Europas aufzunehmen. Der Aufputz der Anderen wechselte, wenigstens in Kleinigkeiten, mit jedem District, dem seine Trägerinnen entstammten: weiße, an den Armen und der Brust mit Stickereien versehene Hemden, vielfarbige Röcke, mit tausenden von silbernen Stiften besetzte Gürtel – ein vollkommenes Mosaik, in dem die Farben ineinander gingen wie in einem persischen Teppiche – weiße Hauben auf den mit buntfarbigen Bändern durchflochtenen Haaren, die vom Schleier überdeckte »Okronga«, die wie der »Puskul« des orientalischen Turbans über den Rücken fällt, Beinharnische und Stiefel, die mit Bastschnüren am Fuße befestigt werden. Zur Krönung dieses Staates trug man Kostbarkeiten in Form von Armbändern, Halsketten oder Geldstückchen in hunderterlei Manieren zum Schmucke des Halses, der Arme, der Brust und der Hüften. Diese Kleinodien konnte man selbst am Anzuge der Bauern bemerken, welche die schillernden Stickereien ebenfalls nicht verschmähen, die den Saum der Kleiderstoffe schmücken.
    Doch unter allen diesen ragùsischen Kleidungen, welche selbst die Seeleute mit Anmuth zu

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