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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Weigerung.
    – Ich begreife Sie vollkommen, Peter, sagte Doctor Antekirtt, ich habe Ihnen auch nichts zu verzeihen. Sie haben wohl daran gethan, völlig offen zu mir zu sprechen. Eines nur kann vielleicht die ganze Sachlage ändern. Weiß Ihre Mutter schon, was Sie mir soeben erzählt haben?
    – Ich habe mit ihr noch nicht davon gesprochen, Herr Doctor. Ich wagte es nicht, weil sie vielleicht in Anbetracht unserer bescheidenen gesellschaftlichen Stellung mir jede Hoffnung genommen hätte. Vielleicht aber hat sie auch schon errathen und begriffen, worunter ich leide und leiden würde.
    – Sie haben mir Ihr Vertrauen bewiesen, lieber Peter, und es war gut so. Das junge Mädchen ist also reich?
    – Sehr reich! Zu reich! antwortete der junge Mann. Ja, zu reich für mich.
    – Und Ihrer würdig?
    – Hätte ich je daran denken können, meiner Mutter eine Tochter zuzuführen, die ihrer nicht werth wäre, Herr Doctor?
    – Nun, Peter, vielleicht ist der Abgrund noch zu überbrücken.
    – Herr Doctor, zeigen Sie mir nicht eine Hoffnung, die nie erfüllbar sein wird.
    – Nie erfüllbar?«
    Der Ton, in welchem der Doctor das sagte, verrieth ein so großes Selbstvertrauen, daß Peter Bathory sich wie umgewandelt fühlte, daß er sich mit einem Male als Herr über Gegenwart und Zukunft sah.
    »Haben Sie Vertrauen zu mir, Peter! Sie werden es als angemessen betrachten, daß ich, um handeln zu können, den Namen des jungen Mädchens erfahren muß.
    – Warum sollte ich ihn Ihnen verhehlen, Herr Doctor? antwortete Peter Bathory. Es ist Fräulein Toronthal.«
    Die Gewalt, die sich der Doctor anthun mußte, um bei Nennung dieses verabscheuten Namens ruhig zu bleiben, war diejenige eines Mannes, zu dessen Füßen der Blitzstrahl niederfährt und der kaum zu zittern wagt. Einen Augenblick – einige Secunden nur – blieb er unbeweglich und stumm.
    Dann sagte er, ohne daß seine Stimme irgend welche Bewegung verrieth:
    »Gut, Peter, gut. Lassen Sie mich über Alles nachdenken. Lassen Sie mich sehen.
    – Ich gehe, Herr Doctor, antwortete der junge Mann und drückte die ihm gereichte Hand. Erlauben Sie mir Ihnen zu danken, wie ich meinem Vater gedankt haben würde.«
    Peter Bathory verließ den Salon, in welchem der Doctor allein zurückblieb; er stieg auf Deck und dann in sein Boot hinunter, welches ihn an der Falltreppe erwartete. Dieses brachte ihn zurück an den Molo, von wo er die Heimkehr nach Ragusa antrat.
    Die Fremde, die auf ihn die ganze Zeit über, so lange er an Bord der »Savarena« geblieben war, gewartet hatte, folgte ihm von Neuem.
    Peter Bathory fühlte sich in seinem Innern ungeheuer glücklich. Endlich hatte sein Herz gesprochen! Er hatte sich einem Freunde anvertrauen können, der vielleicht mehr als ein bloßer Freund war. Er genoß einen jener herrlichen Tage, mit deren unverfälschtem Glück das Schicksal auf Erden geizt.
    Er konnte heute kaum noch daran zweifeln, daß, als er an einem gewissen Hotel des Stradone vorüberging, an einem Fenster des Pavillons ein Zipfel des Vorhanges sich hob, um ebenso schnell wieder herabgelassen zu werden.
    Aber auch die Fremde hatte dieses Manöver gesehen und sie blieb in Folge dessen unbeweglich vor dem Hotel stehen, bis Peter Bathory um die Ecke der Marinella-Straße verschwunden war. Dann begab sie sich auf das Telegraphenbureau und sandte eine Depesche ab, die nichts weiter enthielt als:
    »Komme!«
    Die Adresse dieser Depesche lautete:
    »Sarcany, postlagernd, Syrakus, Sicilien.«
Sechstes Capitel.
Die Mündungen von Cattaro.
    Der unglückselige Zufall, der in den Ereignissen auf Erden eine Hauptrolle spielt, hatte die Familien Bathory und Toronthal in derselben Stadt vereinigt. Er hatte sie nicht nur in Ragusa wohnen lassen, sondern sie noch näher zusammengebracht, da sie beide das Stadtviertel des Stradone bewohnten. Sarah Toronthal und Peter Bathory hatten sich gesehen, getroffen, geliebt – Peter der Sohn des Mannes, der durch Verrath in den Tod getrieben, Sarah, die Tochter desjenigen, welcher der Verräther gewesen war.
    Als der junge Bathory ihn verlassen hatte, sagte Doctor Antekirtt zu sich:
    »Peter geht voller Hoffnung fort und ich bin es, der ihm diese Hoffnung, die er vordem nicht besaß, gemacht hat.«
    War der Doctor der Mann, diesen undankbaren Kampf gegen das Fatum aufzunehmen? Fühlte er in sich die Macht, die Geschicke der Menschen nach seinem Willen lenken zu können? Würde ihn diese Kraft, diese moralische Energie, deren er bedurfte, um dem

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