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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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verbrannt oder geschmolzen, im Bombenhagel. So etwas überlebt auch das edelste Harz der Welt nicht. Das hat auch Klara letztlich begriffen. Aber dieser Plodowski hat in seinem Leben unendlich viel Kostbares aufgestöbert und gesammelt, von dem die Welt keine Ahnung mehr hat, dass es noch existiert. Diese Schätze wollte sie nun retten für die Ewigkeit und sie gab ihrer letzten Rettungsaktion einen tollen Namen. ›Bernstein-Projekt‹. Zu Ehren der schönen, aber traurigen Legende. Sie wollte ihr Geld unbedingt für etwas Gutes, Schönes und Kostbares ausgeben. Eine tolle Frau.« Sein Lachen schepperte durch die Leitung.
    »Können Sie schweigen?«, schrie er.
    »Wie ein Grab.«
    »Wie ein Grab? Wie ein Grab, sagen Sie? Höre ich recht? So etwas glaube ich nur einer Bernerin. Also, passen Sie gut auf. Ich sag’s nur einmal, nur ein einziges Mal. Hören Sie mir überhaupt noch zu?«
    »Ja, sicher.«
    »Diese Telefonleitungen sind einfach lausig. Vielleicht liegt’s auch an meinem Hörapparat. Auf den Mars fliegen, das können die Menschen, aber anständige Hörapparate basteln, das liegt offenbar noch nicht drin. Eine Schande ist das. Also, die beiden hatten die Glanzidee, dass man diese geheime Sammlung von Kunstgegenständen bombensicher, im wahrsten Sinne des Wortes, bombensicher verstecken müsse, und zwar für alle Ewigkeit. In den Schweizer Alpen«, schrie er, dabei überschlug sich seine Stimme vor Begeisterung. »War je ein Ort sicherer in den vergangenen Jahrhunderten? Nein, natürlich nicht. Klara wusste viel über die Klimaerwärmung. Sie kannte auch die Festungsanlage im Tal. Sie wusste, dass die Kostbarkeiten in St. Petersburg nicht mehr lange am Trockenen bleiben. Klara konnte immer schon zwei und zwei zusammenzählen. Die Menschen, die das können, sind rar geworden, und das Meer steigt, liebe Frau Brand, schneller als wir das möchten. Die Journalisten schreiben täglich darüber. Man könnte meinen, diese Schreiberlinge hätten das Meerwasser schon längst an ihren dürren Waden. Aber das Bernstein-Projekt, das ist absolute Geheimsache. Unsere Freundin hat einen Kerl vom KGB, auch ein ehemaliger Kommunist, auf unseren Nachrichtendienst und natürlich auf den charmanten Hoteldirektor angesetzt. Dabei hat sie dafür gesorgt, dass diesen Kerlen ein gewaltiger Bär aufgebunden wird. Als Bernerin tat sie sowieso nichts lieber als das. Hähääää. Sie sollen glauben, dass tatsächlich das legendäre Bernsteinzimmer gefunden wurde. Sie hatte mit dem Hoteldirektor noch eine Rechnung offen, mit diesem Schürzenjäger. Er weiß selbstverständlich nicht, dass meine Klara hinter dieser Sache steckt. Sie war immer eine leidenschaftliche Geheimniskrämerin.«
    Er räusperte sich laut und holte Luft. »Liebe Frau Brand, Sie tun etwas für unsere liebe Freundin Klara, wenn Sie das für sich behalten. Wenn ich mal tot bin, und der Fossilienprofessor soll auch nicht mehr so fit sein, Sie wissen ja, Wodka«, ein missbilligendes Zischen drang durch die Leitung, »er ist eben ein richtiger Russe, und wenn der dann mal das Zeitliche segnet, dann weiß es keiner mehr, außer Ihnen, liebe Frau Brand, und mir. Natürlich wünsche ich dem Fossilienprofessor und mir selbst noch ein paar Jährchen und uns Schweizern als Schatzhüter der Zarendynastie ein bisschen mehr Sinn für Europa und die europäische Kultur. So hätte es Klara Ehrsam, unsere alte Freundin, Millionärin und Universalkommunistin auch gesagt. Schluss und fertig.« Er kicherte. »Nein, warten Sie. Legen Sie noch nicht auf. Meine Schwester Elvira meint, dass Klara Ehrsam die fleischgewordene Helvetia sei. Die Inkarnation eines Mythos. Elvira darf auch einmal recht haben, oder etwa nicht? Wenn jemals ein Mensch allein unserer geliebten Heimat Sicherheit und Schutz bieten konnte, dann unsere Klara Ehrsam. So ein Witz. Kommunistin und Mutter Helvetia in einem. Wie schade, dass wir das diesen elenden Schreiberlingen nicht in ihre ausgefransten Federn diktieren dürfen. Aber nun muss ich auflegen. Meine Kundschaft ist ungeduldig. Auf Wiedersehen, Frau Brand.«
    »Vielen Dank, Herr Merian. Herr Doktor Merian«, korrigierte sie sich rasch.
    Nore Brand legte auf.
    Sie lachte. Sie versuchte tief durchzuatmen. Das half nicht. Ihr Herz hämmerte, als ob es aus ihrer Brust springen wollte.
    Die rote Klara also. Sie hatte alle an der Nase herumgeführt.
    Was für eine Frau.
    Nore Brand sah ihren Chef vor sich sitzen mit seiner wichtigen Miene. Von wegen

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