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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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Hubschraubers. Kurz vor Morgengrauen verfiel Parker in Krämpfe und starb, während die drei sich bemühten zu verhindern, dass er ertrank. Challand lebte noch, als der Vogel, gegen die unberechenbaren Windströmungen ankämpfend, die schmale Schlucht entlangkam und seine Rotorblätter den Fluss hinter ihm aufwirbelten wie ein Wasserflugzeug. Er nahm zwei Menschen mit, die noch keine zwanzig Jahre auf der Welt waren, einer lebendig und einer tot.
    Später am Nachmittag kam über Funk die Meldung, dass die Krankheit zerebrale Malaria hieß. Sie wurde von einer nur in den Bergen vorkommenden Moskitoart übertragen, und die üblichen Tabletten halfen nicht dagegen. Aller Wahrscheinlichkeit nach waren auch andere in der Kompanie gestochen worden. Mellas fühlte sich von Krankheit und Wahnsinn umschattet.
    Die Kompanie schaffte an diesem Tag nur dreieinhalb Kilometer. Die harmlose blaue Linie auf der Karte erwies sich in der Realität als reißender Strom. Er verlief zwischen steilen Felswänden und durch schmale Schluchten und stürzte in plötzlichen Wasserfällen ab, die den Einsatz von Seilen erforderten. Er bildete den einzigen Weg zu den hufeisenförmig angeordneten Bergen, die seine Quelle umschlossen – einen davon hatte ein General oder ein Stabsoffizier Sky Cap getauft.
    Fitch hielt es für das Beste, aus dem Canyon herauszuklettern, um für die Nacht Stellungen zu beziehen. Blakely und Simpson waren anderer Meinung. Sie hatten soeben die fünfte Regimentsstabssitzung hintereinander erlebt, in der sie hatten erklären müssen, warum die Bravo-Kompanie nicht dort war, wo sie, wie man Mulvaney versichert hatte, sein würde. Der Befehl wurde von einem Air Observer übermittelt: »Abweichungen von der Marschroute sind unter keinen Umständen erlaubt.«
    Den Canyon zu verlassen und bewusst falsche Angaben über ihre Position zu machen, wäre selbstmörderisch gewesen. Die Artillerie könnte sie unabsichtlich unter Beschuss nehmen. Da die Kompanie im Canyon auseinandergezogen war und nicht die Möglichkeit hatte, eine kreisförmige Verteidigungsstellung einzunehmen oder sich im Fels einzugraben, kam Fitch zu dem Schluss, dass ihnen nichts anderes übrig blieb, als in Bewegung zu bleiben. Um ein Uhr morgens rutschte ein Mann aus Kendalls Zug auf einer steil aus dem Wasser ragenden, nassen Steinplatte aus. Man hörte einen dumpfen Schlag, ein Platschen und ein unterdrücktes Stöhnen. Er hatte sich das linke Schienbein gebrochen, und der Knochen hatte die Haut durchstoßen. Fitch wies Relsnik an, den Funkverkehr einzustellen, selbst wenn das Bataillon einen Artilleriebeobachter schickte, der als Zwischenstation fungierte. Sie würden auf den Morgen warten.
    Die Position der Kompanie war so prekär, dass weder Hawke noch Mellas schlafen konnte. Die ganze Nacht saßen sie, in ihren feuchten Kleidern zitternd, zusammengekauert auf einem Felsblock. Hamilton jedoch lag schlafend auf den Steinen unterhalb von ihnen, die Stiefel im Wasser.
    »Das muss man sich mal vorstellen«, sagte Hawke. »Das ist vielleicht das erste Mal, dass irgendwer die Kolonnenform zur Verteidigung einsetzt. Ich sag Ihnen was, Mellas, wenn wir zurück sind, ist uns ein Job am Naval War College sicher. Wir gehen alle in die Militärgeschichte ein.«
    »Oder wir gehen hier alle vor die Hunde«, sagte Mellas.
    Hinter ihnen ragte die Felswand auf. Ab und zu brach der Mond durch die Wolkenschicht, und ein kalter Wind blies ihnen gegen den Rücken. Das Gespräch verebbte gelegentlich, belebte sich dann wieder. Mädchen, die sie kannten. Was sie nach dem Militärdienst tun würden. Dass sie auf dem Matterhorn eine Festung gebaut und sie dann geräumt hatten. Wer besser waren, die Rolling Stones oder die Beatles. Alles, nur nicht zerebrale Malaria.
    »Haben Sie gehört, dass Parker versucht hat, Cassidy umzubringen?«, fragte Mellas.
    »Ja. Conman hat es mir erzählt. Die ganze Kompanie weiß es schon. Cassidy bestreitet es. Sagt, das wäre alles Black-Power-Gerede und Parker hätte sich bloß wichtig machen wollen.«
    »Glauben Sie Cassidy?«
    »Ich glaube Parker.«
    »Wird’s Ärger geben?«, fragte Mellas.
    »Keine Ahnung. Kommt sehr darauf an, ob Parker auf eigene Faust gehandelt hat.«
    »Sie meinen China?«
    »Ich meine China, falls Parker nicht auf eigene Faust gehandelt hat. Aber ich weiß es nicht.«
    Sie lauschten dem vorbeirauschenden Wasser. Hawke, der ein trauriges Gesicht machte, beschrieb mit dem Finger mehrfach einen fünfzackigen Stern auf

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