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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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entstanden war. Binnen Sekunden befanden sich er und fünf weitere Marines hinter der Linie aus Schützenlöchern und Bunkern. China kämpfte sich, das schwere Maschinengewehr vor der Brust, den steilen Hang hinauf und warf sich am Rand der früheren MG -Stellung der NVA auf die Erde. Er begann, die Schützenlöcher rechts von Goodwin unter Feuer zu nehmen. Mellas erkannte sofort, was er vorhatte. China rannte weiter. Er rief Goodwins Namen, doch der schien ihn nicht zu hören. Er gab den Marines hinter ihm Handsignale, schickte sie hinter China her, wobei er sich den Umstand zunutze machte, dass der Feind wegen des Stroms von Chinas Kugeln nicht mehr lange genug aufstehen konnte, um zu zielen und zu schießen. Er fing Goodwins Blick auf, zeigte auf ihn und dann nach links. Er zeigte auf seine eigene Brust und dann nach rechts. Chaos ging vorübergehend in Ordnung über.
    Nun, da der Zweite Zug durch die Lücke eindrang und den Feind von hinten angriff, schien es, als wäre ein starker Druck von ihnen genommen worden. »Sie sind oben! Ich sehe Scar oben!« Der Ruf pflanzte sich über den gesamten Hang fort. Fracasso und die Marines des Ersten Zugs stürmten vorwärts. Mellas wurde von Euphorie gepackt. Seine Angst war wie weggeblasen. Er rannte geradewegs zum Hügelkamm hinauf, überall entlang der Linie tauchten in kleinen Gruppen Marines auf, die zwischen den feindlichen Schützenlöchern durchbrachen. Soweit die NVA -Soldaten nicht in ihren Stellungen festsaßen, bewegten sie sich in rascher, aber disziplinierter Flucht einen Ausläufer in nordwestlicher Richtung hinunter. Was eben noch ein wildes Anrennen gewesen war, verwandelte sich nun in methodische, umsichtige Zerstörung. Granaten wurden in Schützenlöcher gerollt und in die Öffnungen der primitiven Bunker aus Rundhölzern geworfen. Mit dem Fall jeder NVA -Stellung verlor die danebenliegende ihren Schutz. Jeder NVA -Soldat, der in den Dschungel zu fliehen versuchte, wurde sofort durch Beschuss aus verschiedenen Richtungen getötet.
    An einem kurzen Graben, der zur dunklen Öffnung eines Bunkers führte, traf Mellas auf Goodwin. Beide hatten ihre Granaten wurfbereit. Sie schauten einander kurz in die Augen, dann nickte Goodwin, und sie traten rasch vor die Öffnung, warfen ihre Granaten und hechteten zur Seite, während die Druckwelle zum Eingang hinausfegte. Unter kurzen Feuerstößen krochen sie gemeinsam hinein, Mellas flach auf dem Boden, Goodwin in Kauerstellung unmittelbar hinter ihm, damit sie ihre Gewehre gleichzeitig abfeuern konnten.
    Im Bunker war niemand.
    Mellas fing zu lachen an, wälzte sich auf den Rücken und blickte zur Decke des düsteren Bunkers auf.
    »Ihr beide findet das lustig, wie?« Vancouver lugte lächelnd zum Eingang herein. Sein Gesicht war schweißüberströmt, sein Maschinengewehr dampfte. Sein Schwert steckte in der Scheide. »Nagoolian ist nach da abgehauen.« Er zeigte in Richtung Matterhorn.
    Mellas kroch hinaus und setzte sich auf den Bunker, seine Beine zitterten, sodass er nicht aufstehen konnte. Die Schlacht war vorbei. Doch dafür hatten sie erbärmlich wenige tote feindliche Soldaten vorzuweisen.
    Goodwin entfernte sich, um seinen Zug in Stellung zu bringen. Ridlow war am Bein verwundet, lag, blass vom Schock, auf dem Hang und wartete darauf, dass man ihm zur LZ half. Mellas trabte, immer noch zitternd, den Hang hinunter, um die Marines des Dritten Zugs einzuweisen, die vorwärtsstürmten, um sich einem möglichen Gegenangriff entgegenzustellen.
    Mellas kam an Pollini vorbei. Dessen offene Augen waren starr. Er erinnerte sich an Pollinis Stimme, als er »Ich bin getroffen« geschrien hatte. Wie hatte er schreien können, wenn ihn ein Kopfschuss getroffen hatte? Ein übler, von Schuldgefühlen bestimmter Gedanke drehte Mellas fast den Magen um. Pollinis Kopf hatte hangabwärts gezeigt. Konnte es sein, dass er Pollini erschossen hatte, als er wild nach oben gefeuert hatte, um die Köpfe der MG -Schützen unten zu halten?
    Mellas starrte auf Pollinis leere Augen. Er setzte sich neben ihn, wollte fragen, wollte erklären, was er getan hatte. Dass er ihn tatsächlich hatte retten wollen, nicht bloß einen Orden wollte für seine Eignungsbeurteilung. Er hatte Pollini vom Messedienst abgezogen, weil er sich ihm gegenüber anständig verhalten wollte. Dass Pollini dabei draufging, hatte er nicht gewollt. Aber das alles konnte er ihm nicht sagen. Pollini war tot.
    Mellas versuchte, den Gedanken zu verdrängen, dass er

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