Matterhorn
war er so durcheinander? Wie war es dazu gekommen? Woher kamen all diese Zweifel? Wieso?
Er seufzte. Er war eben einfach nicht Goodwin. Er war er selbst – und voller Selbstzweifel.
Mellas’ Gedankengänge wurde von schwach hörbaren Stimmen unterbrochen, die »Mörserbeschuss« riefen. Fitch und Mellas sahen einander an und warteten stumm auf die Explosionen.
»Warten Sie, wir haben Beschuss auf eigener Position«, sagte Relsnik zum Bataillonsfunker. Er legte den Handapparat neben sich. Pallack krümmte sich leicht zusammen. Es kam kein Geräusch. Dann spürten sie durch den Boden hindurch die Vibrationen. Dann abermals kein Geräusch.
»Hört sich an, als hätten sie mehr nach Süden runter getroffen«, sagte Mellas aus dem Bedürfnis heraus, das Schweigen zu brechen.
»Bei Nebel kriegen die das mit der Einstellung nicht hin«, sagte Fitch. »Wollen wohl einfach nur dafür sorgen, dass wir keinen Blödsinn machen.«
Sie warteten noch eine Minute. Stille. Nebel. Relsnik nahm den Handapparat wieder auf und fuhr fort, die Liste mit Medevak-Nummern vorzulesen. Der Erste und der Zweite Zug hatten jeweils sechs Mann verloren. Fünf Jungs mussten unbedingt evakuiert werden, und weitere zwölf waren, obwohl nicht in Lebensgefahr, nicht mehr einsatzfähig. Dann gab es noch vierzehn, die leichte Fleischwunden oder Kratzer von Schrapnells davongetragen hatten. Zu ihnen zählte auch Mellas, dessen rechte Hand etwas von der Druckwelle von Jancowitz’ Granate abbekommen hatte. Sie sah aus, als wäre er auf Schotter gestürzt.
Normalerweise würden kleinere Verletzungen gar nicht gemeldet, aber Fitch hatte genug von der Normalität. Er wies Sheller, den Senior Squid, an, jeden Kratzer und jede Schramme auf dem Berg zu melden, damit die Sanitätsbürokratie Purple Hearts für so viele Marines wie möglich herausschlagen konnte. »Zwei Hearts, und sie kommen raus aus dem Busch. Drei, und sie kommen nach Okinawa und dürfen Socken sortieren. Ich werd mich jedenfalls ganz bestimmt nicht querstellen und mich rumstreiten, wie verwundet die Jungs sein müssen, um dafür infrage zu kommen. Jeden Scheißkratzer, verstanden?«
Sheller übernahm die Aufgabe mit grimmigem Vergnügen.
»Warten Sie«, sagte Relsnik. Er wandte sich an Fitch. »Das Bataillon will eine Bestätigung der Todeszahlen.«
Fitch seufzte. »Wir haben nicht mehr getötet. Sagen Sie ihnen, es bleibt bei zehn Bestätigten und sechs Wahrscheinlichen.«
»Roger.« Relsnik drückte den Sprechknopf. »Big John, hier ist Big John Bravo. Ich wiederhole. Zehn Bestätigte und sechs Wahrscheinliche. Over.«
Es trat kurzes Schweigen ein, gefolgt von einer neuen Stimme. »Warten Sie. Ich übergebe an ihn.« Relsnik seufzte und gab Fitch den Handapparat. »Es ist der Three.«
»Hier ist Bravo Six. Over«, sagte Fitch.
Er hielt sich den Handapparat dicht ans Ohr, was den anderen das Mithören erschwerte, aber aus seinen Antworten ging hervor, dass die Todeszahlen offenbar zu niedrig waren. »Richtig. Wir haben Leute zum Zählen hinter die Linie der Schützenlöcher geschickt. Sir, wir haben befestigte Bunker angegriffen. Over.«
Der Hörer gab ein Rauschen von sich, dann kam die Stimme des Three. »Hören Sie, Bravo Six, die müssen richtig was eingesteckt haben, sonst hätten die die zwei Sieben-Punkt-Sechser mit Gurtzuführung nicht zurückgelassen.« Relsnik hatte über Funk die beiden erbeuteten Maschinengewehre gemeldet. Eines hatte Vancouver genommen. Das andere war das, bei dessen Erbeutung Jancowitz gefallen war. »Ich glaube, Sie haben mindestens doppelt so viele Wahrscheinliche, wie Sie gemeldet haben. Over.«
»Sagen Sie ihm, Sie hätten die gesamte 312 . Gepanzerte Division plattgemacht, Skipper«, zischte Pallack. Fitch, bemüht, den Three zu verstehen, hob verärgert die Hand.
»Ja, Big John Three, damit haben Sie recht. Over.«
»Okay, Bravo Six. Mal sehen, was wir hier tun können. Wie sieht’s bei Ihnen aus? Over.«
»Unsere Munition reicht nur noch für einen schweren Gegenangriff, und wir brauchen Wasser. Wie steht’s mit den Medevak-Vögeln? Over.«
»Die stehen in Bereitschaft, Bravo Six. Over.«
»Ich habe hier oben fünf Notfälle. Wenn die nicht vor Einbruch der Dunkelheit rauskommen, sind sie tot. Sagen Sie das den Scheiß-Zoomies. Over.«
Blakelys Stimme war knapp und beherrscht. »Bravo Six, ich schlage vor, Sie überlassen die Evakuierungen auf dem Luftweg dem Forward Air Controller. Ich verstehe, dass Sie einen harten Tag gehabt
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