Matthews Schatten: und andere paranormale erotische Stories (German Edition)
antworten konnte. Niemand nannte sie BeeBop oder wusste überhaupt, dass es diesen Namen gab. Weder ihre beste Freundin, ihre Mutter, ihre Schwester oder sonst irgendjemand.
Niemand außer ihrem Mann.
Sie atmete tief durch und schaute die Treppe hinunter. Da lag die Valiumflasche. Sie hatte sie geworfen, und sie war die Treppe hinuntergepoltert. Sie hatte sie geworfen, und sie lag da, also konnte sich das alles nur in ihrem Kopf abspielen, oder? Sie träumte nicht, sondern war wach.
Du bist wach, BeeBop.
Sie schüttelte den Kopf und spürte die Kühle der Wand an der Stirn. Ein Luftzug wehte heran, lief über ihre Haut, blies ihr das Haar aus dem Gesicht und machte ihr wieder Gänsehaut. Nur dass sie die Gänsehaut jetzt überall hatte, so wie früher, wenn Matthew sie ganz und gar erregt hatte und dann seinen warmen Atem in die köstliche Rundung ihres Ohrs blies.
Aber sie war in ihrem Haus, dem Heim, das sie für die Ewigkeit gebaut hatten, und hier zog es nicht. Dieses Haus war so gut isoliert, dass nichts eindringen konnte – wie eine Jungfrau in der Kirche, hatte Matthew einmal gesagt und laut gelacht, als sie errötet war.
Da war kein Luftzug. Das konnte nicht sein.
»Ich stelle mir Dinge vor, weil ich mir wünsche, es wäre so«, erklärte sie laut.
Das hier ist nicht real? Da war die Brise wieder und strich dieses Mal über ihren Bauch, genau wie Matthews Hand früher. Er fuhr mit den Fingern über ihren Bauch, genau dort, wo er sich ein wenig zu runden begann. Das war die schönste Stelle, pflegte er zu sagen, die sich exakt in seine Hand schmiegte.
Ihr wurden die Knie weich, und ihre Beine drohten unter ihr nachzugeben. Doch bevor das passieren konnte, stemmte sie beide Hände gegen die Wand und atmete durch. Tief sog sie die Luft in die Lungen, und alles roch nach seinem Eau de Cologne. Sie drehte der Wand den Rücken zu und stolperte ins Schlafzimmer. Gerade noch rechtzeitig setzte sie sich aufs Bett, dann begannen dunkle Schatten durch ihr Blickfeld zu kriechen.
Nicht ohnmächtig werden, BeeBop.
Die Stimme klang scharf. Das reichte, um die träge Schwärze zu durchdringen, die heranrückte wie Wasser, das über eine Linse fließt. Sie spreizte die Knie und beugte den Kopf, damit er sich unterhalb ihres Herzens befand. Dann atmete sie tief, zählte dabei und hielt jeden Atemzug ein paar Sekunden an, bevor sie ihn ausströmen ließ. Langsam wich die Dunkelheit zurück.
Braves Mädchen.
Wieder spürte sie die Brise. Dieses Mal fuhr sie über ihren Nacken und ihr Rückgrat entlang. Es fühlte sich an wie Fingerspitzen auf ihrer Haut. Sie spürte sie sogar durch den Pullover, den sie trug. Langsam setzte sie sich auf und sah zum Fenster. Es war geschlossen und fest isoliert, und draußen wehte der Wind etwas herum, das Schneeflocken sein mussten, obwohl die Sonne immer noch schien.
Die Brise war warm .
Alison schloss die Augen und blieb auf dem Bett sitzen, in dem sie sich so oft geliebt hatten, dem Bett, das so viele Erinnerungen barg, und wartete. Sie wusste nicht, worauf, aber mit einem Mal schien es nicht darauf anzukommen. Wichtiger war, dass sie überhaupt wartete, dass sie sich einfach dem hingab, was sich in diesem Haus und vielleicht auch nur in ihrem Kopf befand. Sie wusste, was sie empfand, auch wenn ihr logischer Verstand dagegen aufbegehrte. Wenn sie verrückt wurde, na schön, dann sollte es eben so sein. Wer würde es ihr übel nehmen nach diesen höllischen Wochen, die auf Matthews Tod gefolgt waren?
Du wirst nicht verrückt. Du hast gewusst, dass ich hier sein würde.
Alison zuckte zusammen, weil das die Wahrheit war, und öffnete den Mund, um zu protestieren. Aber dann ging ihr auf, wie verrückt das war, und sie klappte den Mund wieder zu. Die Stimme wusste ohnehin alles über sie, ob sie es wollte oder nicht. Warum sollte sie versuchen, einen Geist anzulügen?
Einen Geist.
Alison biss sich auf die Lippe. Sie schmeckte Blut. Sie grub die Nägel in die Handflächen, und der lebhafte, frische Schmerz schoss ihre Arme hinauf. Stöhnend öffnete sie die Augen. Da war nichts, aber das Gefühl war da, es war eindeutig da …
Du hast es gewusst, BeeBop.
Ja, wahrscheinlich hatte sie das. Sie hatte gewusst, dass Erinnerungen und vielleicht sogar eine Art Botschaft auf sie warten würden, so etwas wie ein letztes Lebewohl. Möglicherweise in Form einer schnell von Hand gekritzelten Nachricht, die sie an diesem schicksalhaften Nachmittag übersehen hatte, oder eine umgeknickte
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