Matti & Dornröschen 01 - Das Dornröschen-Projekt
lächelten.
Twiggy schnaufte hinter ihm. Er griff an Matti vorbei nach dem Papier und las laut: »Durchsuchungsbeschluss … laber, laber.« Dann ließ er das Papier auf den Boden fallen, wandte sich an Matti und sagte lakonisch: »Wir haben hier einen Terroristen versteckt, steht da. Dass die Robbi so schnell finden würden! Da sage einer noch was gegen unsere Polizei. Guten Tag, Herr Schmelzer, es ist immer eine Freude, Sie zu sehen. Fast so groß wie nach Ihrem Abgang. Haben Sie nicht längst das Pensionsalter erreicht?«
Schmelzer zischte: »Treten Sie zur Seite!« Er zog seine Pistole, die Uniformierten taten es ihm nach.
Twiggy und Matti machten Platz. Twiggy sagte: »Ich habe immer gewusst, dass sie Robbi irgendwann erwischen würden. Ewig hält das keiner durch im Untergrund.«
»Halt’s Maul! Wo?«, brüllte Schmelzer heiser.
Twiggy deutete auf die Tür seines Zimmers.
Die Polizisten stürzten hin, und ein Uniformierter öffnete die Zimmertür mit einem Ruck – »Eintreten wäre stilecht gewesen!«, erklärte Twiggy laut – und sprang in den Raum, die Pistole mit beiden Armen nach vorn gestreckt, während ein Zweiter ihn an der Tür sicherte. Dann drangen sie alle ein. Twiggy schlurfte hinterher und sagte: »Schocken Sie Robbi nicht. Er ist zwar terroristisch veranlagt, aber außerordentlich schreckhaft.«
Robbi lag auf dem Bett und schaute sich mit großen Augen und gespitzten Ohren den Aufmarsch an.
Ein Bulle fing an zu prusten, das brachte ihm einen tödlichen Blick Schmelzers ein. »Durchsuchen, alles!«, schnauzte der, und die Beamten verteilten sich in der Wohnung. Plötzlich ein greller Schrei. »Fass mich nicht an, du Schwein!« Dornröschen war aufgewacht. Aber es war kein Prinz, der sie geweckt hatte, sondern ein Bulle. Matti eilte zu ihrem Zimmer. Sie saß im Bett, den Rücken an die Wand gelehnt, eine Hand zeigte auf den Polizisten, die andere hatte sie zur Faust geballt.
»Ich … habe nicht gewusst, dass hier jemand … schläft!« Der Polizist war kreidebleich.
»Du Schwein hast mich angefasst!« Dornröschen war unerbittlich.
»Wenn die Terroristen suchen würden, dann würden sie hier mit dem SEK anrücken und nicht einfach so herumspazieren!«, donnerte Twiggy in den Flur. »Das ist doch nur ein blöder Vorwand eines rachsüchtigen Bullen. Dass man so was wie den frei herumlaufen lässt!« Zwar würde Twiggy später in schlechter Laune versinken, weil er vorzeitig geweckt worden war, aber jetzt hörte Matti ihm die Lust am Rechthaben an.
Alle paar Jahre erschien dieser Schmelzer und nahm die Bude auseinander, und das nur, weil ihnen Ralf und Wiebke durch die Lappen gegangen waren, denen jeder in der Szene schönste Dauerferien wünschte im sonnigen Süden, munitioniert mit gut dreihundertfünfzigtausend Euro von der Darmstädter Bank in Schöneberg, die sie zum krönenden Abschluss ihrer Anarchokarriere noch schnell gemacht hatten, wie es im Fachjargon so sachlich hieß. Die beiden hatten vor dem letzten Coup in der WG geschlafen, aber das war schon ewig her, doch Schmelzer würde es ihnen nie verzeihen. Warum musste der Schlamper Ralf auch ein Paar Socken unterm Bett vergessen oder genauer gesagt DNS hinterlassen, die die Kriminaltechnik Jahre später daran fand?
Die Polizisten rissen Schubladen heraus, räumten Schränke aus, wühlten sich durch die Küche, leerten die Kommode im Flur, drehten die Matratzen um, und als sie erwartungsgemäß nichts gefunden hatten, stöpselten sie die Computer ab und stellten sie auf den Flur. Auf einem der drei Minitowergehäuse lag Dornröschens alter Laptop. »Die nehmen wir mit«, sagte Schmelzer.
Matti wurde nun doch etwas schummrig. Hatte Twiggy die Daten der DVD auf seine Festplatte kopiert? Und wenn die Bullen sie fanden, was würde passieren? Vielleicht war etwas Wertvolles darauf? Würden sie ihn wegen Diebstahls oder Spionage anzeigen? Er versuchte Blickkontakt mit Twiggy aufzunehmen, doch der war damit beschäftigt, die Polizisten finster anzustarren. Robbi promenierte mit steil emporgestrecktem Schwanz über den Flur in die Küche, als ginge ihn das Chaos nichts an. Dann versammelte sich die Staatsmacht im Flur. Je ein Polizist nahm einen Computer, und Schmelzer öffnete der uniformierten Karawane die Tür. Er schloss sie nicht, als er als Letzter abzog. Matti hörte ihre Schritte auf der Treppe.
»Mein Gott, sind die blöd. Frau muss nur ein bisschen rumschreien, und sie übersehen glatt meinen Anbau auf dem Balkon.«
Weitere Kostenlose Bücher