Matti & Dornröschen 02 - Tod in Kreuzberg
Twiggy.
Dornröschens Blick durchbohrte ihn.
»Komisch, dass das andere Juristen anders sehen«, sagte er und erhob sich. »Ich geh mal pullern.«
»Lass dir Zeit«, rief Dornröschen ihm nach.
»Dann hat mir Rosi erzählt, sie könne bald nachweisen, dass Kolding Politiker und Beamte besteche. Ich habe es ihr erst nicht geglaubt, aber dann hat sie mir Fotos gezeigt. Unser Herr Runde mit diesen Leuten vom Senat im Bordell … Ich war entsetzt.«
»Sie wissen, dass das eine Fälschung ist?«, fragte Matti.
Frau Quasten nickte. »Inzwischen schon. Aber ich finde so eine Diskreditierungsaktion auch nicht viel … moralischer als Bestechung. Juristisch ist das was anderes, klar. Aber ethisch?«
»Sie haben Rosi also Materialien beschafft«, sagte Dornröschen.
»Das wissen Sie doch schon. Wie sind Sie darauf gekommen?«
»Wie heißen Sie mit Vornamen?«, fragte Matti.
»Bettina. Warum fragen Sie?«
Matti schob ihr ein Blatt zu. » BQ, Bettina Quasten. Sie hat ihre Quellen markiert.«
»Vor Gericht beweist das gar nichts.«
»Wir sind nicht vor Gericht«, sagte Matti, »nicht mal vor dem Jüngsten.«
Bettina Quasten lächelte.
»Wie kamen Sie darauf, Rosi das Material zu geben?«, fragte Dornröschen.
»Rosi hatte mich gebeten, ob ich was über die Bestechung finde. Sie war sich da noch unsicher. Aber ich habe nichts gefunden. Dafür habe ich Papiere entdeckt, die mir erst rätselhaft waren. Da ging es um den EU-Agrarhaushalt und die Subventionen. Überweisungen von einer Bukarester Bank an Kolding Berlin, die hatte die Sekretärin vom Chef im Kopierer liegen gelassen. Ich habe mit Rosi darüber gesprochen, und sie fing an zu recherchieren. Ihre Fragen an mich wurden immer genauer. An einem Wochenende, als Kolding einen Gebäudekomplex mit Eigentumswohnungen und Mietern in der Gräfestraße kaufte, habe ich gearbeitet, im Büro. Ich habe dem Chef gesagt, ich muss die Verträge ausfertigen und die Grundbucheinträge prüfen, auch die Hypotheken und was noch alles mit so einer Transaktion zusammenhängt. Die meiste Zeit habe ich aber die Akten gefilzt. Die Chefsekretärin hatte mir den Schlüssel zu ihrem Büro gegeben, weil ich Akten brauchte, auch Korrespondenzen. Und da hatte ich endlich Zeit, der Sache nachzugehen. Daher kommen die Dokumente …« Sie zeigte auf den Papierstapel. »Ich habe lange gezögert, aber am Ende sagte ich mir, dass ich schuld bin, weil ich bei einer Verbrecherbande angeheuert habe. Und dass ich es wiedergutmachen muss. Außerdem fand ich Rosi sympathisch, sie war der ehrlichste Mensch, der mir in den letzten Jahren begegnet ist.«
»Aber Sie haben Leute aus ihren Wohnungen vertrieben. Da sprechen Sie von Ehrlichkeit?«, fragte Matti.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe mich immer an das Gesetz gehalten und nichts Widerrechtliches getan. Kolding hatte das Recht, die Mieten zu erhöhen, nachdem Wohnungen modernisiert waren. Wenn man Bäder renoviert, neue Heizungen einbaut, für Wärmedämmung sorgt, wer soll es denn bezahlen, wenn nicht die Mieter?«
»Auf die Idee, dass viele Menschen lieber warme Socken anziehen, als Wuchermieten zu bezahlen, sind Sie nicht gekommen?«, fragte Matti.
Twiggy kehrte zurück, ein Glas Bier in der Hand, und setzte sich.
Dornröschen schüttelte unwillig den Kopf, blickte Matti böse an und legte den Finger auf die Lippen. »Sie arbeiten noch für Kolding?«, fragte Dornröschen.
»Ich habe gekündigt, aber sie lassen mich bis zur letzten Minute schuften. Und immer die schlimmen Jobs.« Sie winkte ab. »Noch ein paar Wochen, dann habe ich es hinter mir.«
»Wissen Sie etwas von einer Zahlung an Rosi, zehntausend Euro?«, fragte Twiggy.
Sie nickte. »Das war der mieseste Trick. Sie haben einen Typen aus Rotterdam zu Rosi geschickt, um ihr das Geld zu geben. Der sollte behaupten, von Vestingsland zu kommen. Sie kennen …«
Dornröschen nickte.
»Der Typ, der ihr vorlog, von Vestingsland zu kommen, dieser Dreckskerl – Entschuldigung! – säuselte, sie wollten sie unterstützen, weil sie dieser Bürgerinitiative angehöre, und der Typ hat ihr auch einen Tipp gegeben wegen der angeblichen Bestechung. Er könne damit schlecht an die Öffentlichkeit, schließlich komme er von der Konkurrenz. Und das Geld könne sie für Recherchen benutzen. Sie hat es gebraucht, sie war dreimal in Rumänien, einmal in Bulgarien, zweimal in Brüssel …«
»Das wissen Sie so genau?«
»Sie hat es mir erzählt, schließlich war ich ihre Verbündete und auch
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