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Matti & Dornröschen 02 - Tod in Kreuzberg

Matti & Dornröschen 02 - Tod in Kreuzberg

Titel: Matti & Dornröschen 02 - Tod in Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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dem roten Gebäude mit dem Dach, das aussah wie der Riesenspoiler eines Rennwagens oder die Ruine einer Halfpipe, sondern parkten um die Ecke.
    »Wie heißt das Wachunternehmen?«, fragte Matti.
    »Schmitt«, sagte Runde.
    »Gut, ihr wartet.« Er reichte Twiggy seine Makarov und stieg aus.
    Am Himmel glitzerten Sterne durch den Dunst der Stadt, die Straßenlaternen ließen die Bäume Schatten werfen. Ein Luxusschlitten brummte über das Kopfsteinpflaster vorbei, auf der Rückbank ein verschlungenes Paar. Ihm folgte in großem Abstand ein Uraltvolvo, aus dem offenen Seitenfenster dröhnte Jack Bruce’ Bass und Stimme in N. S. U.
    What’s it all about, anyone in doubt,
I don’t want to go until I’ve found it all out.
    Passt, dachte Matti. Ein Fenster klapperte. Matti gab den Nachtspaziergänger. Er schlenderte umher, die Trauer, die Wut und die Rachsucht griffen nach ihm. Er hätte am liebsten um sich geschossen oder wenigstens Runde verprügelt. Irgendwie steckte der mit drin, war das Bauernopfer. Oder mehr. Korrupt war er allemal. Warum packte der Scheißkerl nicht aus, nachdem ihn der Chef rausgeschmissen hatte? Und wie der Chef ihn gefeuert hatte! Demütigender ging es nicht. Matti blieb stehen, horchte auf entfernten Verkehrslärm, aber es näherte sich niemand. Er lief in die Gegenrichtung der Einbahnstraße. Von dort musste der Wachdienst kommen. Was suchten sie überhaupt in den Kolding-Büros? Das Geständnis, den Mordplan? Lächerlich. Aber was sollten sie tun? Sie kannten so viele Dreckskerle, denen sie alles zutrauten, aber sie hatten nicht den geringsten Beweis. Warum die Bombe im Taxi? Die Bullen hatten den Mörder doch erwischt. Wem konnten sie noch gefährlich werden? War es der Mörder, deckten die Bullen den wahren Täter? Hatten sie einen erschossen, um einen Mörder vorzuzeigen? Das war monströs, aber den Bullen traute Matti alles zu. Um was konnte es gehen, dass sich dieser Einsatz lohnte? Matti hatte den großen Plan vor Augen, die Mutter aller Verschwörungen, größer als die Protokolle der Weisen von Zion oder die Spinnereien um den 11. September. Ein Plan wie die Blaupause eines Konstruktionsbüros mit unendlich komplizierten Verflechtungen, hinter denen sich der Kopf der Konspiration verbarg, der verbrecherische Braintrust, der die Macht von Regierungen und Multis zusammenführte, um die Welt zu beherrschen. Oder wenigstens den Ölpreis zu manipulieren. Oder die Klimakatastrophe wegzudiskutieren. Oder … Er lachte vor sich hin. Er musste nur ein bisschen rumfantasieren, und schon war die Welt im Griff des großen Netzes. Aber wenn es nicht nur bescheuert war, im Kleinen wenigstens? Wenn die Bullen einen falschen Mörder von Rosi präsentierten, weil der wirkliche Mörder nicht überführt werden durfte? Wenn es um die Sicherheit des Staats ging? Aber was sollte die Gentrifizierung von ein paar Straßen mit der Sicherheit des Staats zu tun haben? Alles Unfug, dachte Matti. Er blieb stehen und blendete die Nacht und den Verkehr aus. Er sah und hörte nichts, sondern hatte nur diese Frage vor Augen: Lief Rosis Mörder noch frei herum? Er ging zwei Schritte und blieb wieder stehen. War der Mordanschlag auf ihn vorstellbar ohne die Unterstellung, dass Rosis Mörder nicht gefasst war? Befürchteten diejenigen, die Rosis Mörder beschützten, dass er ihm auf die Schliche kam? Befürchteten sie dann nicht auch, dass er eine Riesenschweinerei aufdeckte, viel wichtiger als ein Mord an einer Gelegenheitsjournalistin, die auf Flohmärkten CDs verkaufte? Warum wollten sie sonst verhindern, dass er einen Mörder entlarvte? Hatten Spiel und Rademacher ihnen so sichtbar die Schläger auf den Hals gehetzt, damit sie aufhörten, Rosis Mörder zu suchen? Waren die Korruptionsgeschichten Beiwerk oder gar Irreführung, damit die Okerstraßen-WG darauf anbiss? Was aber konnte solchen Aufwand und solches Risiko rechtfertigen? Derjenige, der Lara auf dem Gewissen hatte, war entweder Rosis Mörder oder hatte dieselben Auftraggeber. Sonst wäre der Anschlag unerklärlich. Alle anderen Erklärungsversuche waren Quatsch. Oder doch nicht? Ein eifersüchtiger Liebhaber? Aber er hatte sie am Morgen erst kennengelernt, so schnell baute keiner Bomben. Bombe heißt Planung. Nein, es galt ihm. Und das, weil die WG gesucht hatte. Da sie weitersuchten, waren sie in Gefahr. Aber sie wären inzwischen auch in Gefahr, wenn sie nichts täten. Binnen weniger Stunden die Meldung, Rosis Mörder sei tot, und der Anschlag auf ihn.

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