Matti & Dornröschen 03 - Ein Mörder kehrt heim
hatte.
Eine Frau stieg in das Taxi, das kurz vor dem Transit wendete und den Weg hinabfuhr. Georg zündete den Motor. Der Diesel ruckelte und sprang an. Natürlich hatte Georg das Auto komplett durchgecheckt. Eine neue Batterie, geladen bis an den Rand, war das Erste. Der Anlasser war vermutlich auch neu. Zündkerzen, Bremsen.
Er löste die Handbremse, der Transporter rollte den Hang hinunter. Georg blickte immer wieder in die Spiegel. »Jetzt«, sagte er und traf aufs Gas. Der Transit schoss nach vorn und überholte den Mann. Matti riss die Schiebetür auf, sprang hinaus, trat hinter der Mann und stieß ihn zur Türöffnung, wo Twiggy ihn in Empfang nahm. Er zerrte den Mann in den Laderaum. Matti stieg ins Auto und knallte die Tür zu.
»Scheiße!«, sagte Georg.
Matti blickte nach hinten. Eine junge Frau auf einem Motorroller. Sie hatte den Helm abgenommen und telefonierte.
Georg gab Gas.
Sie hatten den Alten auf die Bank gedrückt und dann nach hinten gekippt. Er fiel auf eine Matratze. Twiggy schnallte ihn fest, während Matti ihm seine Pistole vors Gesicht hielt. Der Mann guckte zornig, dann begriff er und gab auf. Er ließ die Fesselung über sich ergehen.
Georg donnerte den Philosophenweg hinunter, bis er auf die Hauptverkehrsstraße kam. Als er sich gerade eingefädelt hatte, rasten ihnen zwei Polizei- BMW entgegen. Durchs Rückfenster sah er, wie sie in den Philosophenweg einbogen. Bald würde die Polizei Straßensperren errichten.
Georg sagte nichts. Er fuhr nicht zu schnell und konzentrierte sich auf die Straße. An der Kreuzung mit der B 3 bog er rechts ab in Richtung Darmstadt. Aber er blieb nur kurz auf der Bundesstraße. Links ab, parallel zum Neckar. Kleine, enge Straßen. Er nahm ein Handy, drückte auf eine Taste und gab es Dornröschen. »Sag, dass wir in einer Minute da sind.«
Dornröschen sagte es.
Einbahnstraßen. Der Transit fuhr ums Karree. Links war ein offenes Tor. Georg steuerte den Bus hinein, das Tor schloss sich.
Ein enger Hof. Neben einem Mercedes-Transporter standen Fendt und Zitkowski. Dazu der Jogger aus dem Volkspark. Und der Typ, der ihn im Taxi bedroht hatte. Matti überraschte es nicht. Anja fehlte.
»Jemand hat uns gesehen«, sagte Georg, nachdem er ausgestiegen war.
Fendt nickte und zog die Schiebetür auf. »Wir können den Herrn losbinden«, sagte er.
Twiggy löste die Fesseln.
Der Alte starrte ihn an.
Matti half dem Mann aufzustehen. Er folgte Fendt und führte den Mann ins Haus. Fendt brachte sie in ein karg eingerichtetes Zimmer. Ein Tisch, Stühle. Eine Kommode mit Telefon an der Wand. Die Vorhänge waren zugezogen. An der Decke brannte eine Glühbirne. Die Tapete war beige und hatte Feuchtigkeitsflecken. An der Rückwand war eine zweite Tür. Matti setzte den Mann an den Tisch.
»Wollen Sie etwas trinken? Brauchen Sie sonst etwas?«
Der Mann schüttelte den Kopf.
Georg trat ein und stellte sich an den Tisch, dem Mann gegenüber. »Sie sind Maximilian Spranger?«
Der Alte nickte.
Zitkowski erschien und reichte Georg eine schmale Akte. Der warf die Akte auf den Tisch. »Sie haben davon gehört?«
Der Jogger und der Pistolentyp stellten sich zu den anderen.
Spranger warf einen Blick auf die Akte, dann starrte er ins Nirgendwo.
»Sie wurden am 8. August 1922 in Harleem geboren?«
Ein ausdrucksleerer Blick.
»Sie haben sich 1940 freiwillig zur niederländischen SS gemeldet?«
Keine Reaktion.
»Sie gehörten zur Wachmannschaft des KZ Westerbork?«
Keine Antwort.
»Sie gehörten zum Sonderkommando Silbertanne, das wehrlose holländische Zivilisten ermordete als Vergeltung für Aktionen von Widerstandskämpfern?«
»Das waren Verbrecher.« Spranger flüsterte mehr, als dass er sprach.
»Sie gehörten also zum Sonderkommando Silbertanne?«
Spranger schwieg.
»Sie waren Untersturmführer der SS ?«
Keine Antwort.
»Wissen Sie, was das ist?« Georg zeigte auf die Akte.
Wieder ein Blick auf den grünen Deckel, dann starrte er an die Wand.
»Das ist das Todesurteil gegen Sie wegen Kriegsverbrechen. Sie wurden 1947 in Amsterdam verurteilt. Wegen vielfachen Mordes an KZ -Häftlingen und niederländischen Staatsbürgern. Im Jahr darauf wurde das Todesurteil in Lebenslänglich umgewandelt.
Ihnen gelang aber 1952 die Flucht in die Bundesrepublik. Sie hatten Helfer bei der deutschen Polizei. Als niederländischer SS -Mann besitzen Sie automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, weil die hiesigen Behörden sich nach wie vor gebunden fühlen an einen
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