Matti & Dornröschen 03 - Ein Mörder kehrt heim
sie. »Wir müssen.« Sie zog an seinem Ellbogen, und er löste sich vom Foto. »Ja, ja«, sagte er und drehte ab.
»Toll«, sagte Twiggy so laut, dass die Dame ängstlich zurückblickte.
»Weiter!«, befahl Dornröschen. Sie studierte das Klingelschild des ersten Hauses und drückte die unteren beiden.
»Ja?«, sagte die Gegensprechanlage, die auch Pavarottis Stimme gehäckselt hätte.
»Post!«, rief Dornröschen.
Es summte, und sie drückte die Haustür auf. Die Briefkästen waren mit Aufklebern verziert. Einer drohte Nazis mit Prügeln. Ein anderer warb für Greenpeace, weitere verboten es, Werbung einzuwerfen. In der Wohnungstür stand ein Typ mit halb langen schwarzgrauen Haaren. Sein hervorstechender Adamsapfel hüpfte besorgniserregend, als der Mann erklärte: »Sie sind nicht von der Post!«
»Nein«, sagte Dornröschen. »Wir sind vor der Vermisstenstelle. Ich suche meine kleine Schwester.« Sie hielt ihm ein Foto unter die Nase. Er schreckte zurück, dann stieß er seine spitze Nase nach vorn wie ein Fischreiher auf der Jagd.
»Soll die hier gewohnt haben?«
»Haben Sie sie mal hier gesehen?«
Der Mann schüttelte den Kopf.
»Danke. Schönen Nachmittag noch.«
Gegenüber öffnete niemand. Im ersten Stock schlurfte es hinter der Tür, nachdem sie eine Weile gewartet hatten.
»Was gibt’s?«
»Vermisstenstelle, wir haben eine Frage.«
»Ich vermiss nix. Hau ab!«
»Eine Frau wird vermisst.«
»Ich vermisse keine. Verpisst euch.«
Dornröschen zuckte mit den Achseln, runzelte die Stirn und klingelte gegenüber. Schritte schlurften weg. Niemand öffnete.
»Das Gespensterhaus. Toll, dass ich das mal finden würde«, sagte Dornröschen. Sie marschierte unverdrossen die Treppe hinauf.
Matti kam ein Verdacht. Und wenn sie diesen Blödsinn nur trieb, weil sie glaubte, die beide Freunde beschäftigen zu müssen, bis sie an die Stasi-Akten kamen? Dornröschen konnte doch nicht glauben, dass sie so irgendwas herausfänden. Er trottete hinterher.
Eine Frau, Typ Doktorandin. Blonder Pferdeschwanz, Sommersprossen, wache blaue Augen, weißes T-Shirt, ausgewaschene Jeans, Badelatschen.
»Hei. Was kann ich für euch tun?« Sie hatte einen schwedischen Akzent.
Das vollendete Klischee, dachte Matti. Aber ein hübsches.
»Kennst du die?«, fragte Dornröschen. Diesmal hatte sie beide Fotos in der Hand.
Blondie nahm die Fotos und betrachtete sie aufmerksam. Sie schüttelte den Kopf. »Ich frag die anderen, kommt rein.« Sie ging in die Wohnung. Die war runtergekommen. Schlieren an den Wänden, ein durchgetretener Laminatboden. An den Wänden Plakate. Sie zeugten davon, dass mindestens ein WG -Bewohner auf Techno stand. Was Matti an den Lärm der letzten Nacht erinnerte und ihn wütend machte.
»Tom, komm mal!«
Ein Mann trat aus einer Tür. Verschlafenes Gesicht, weich, Typ Schönling. Im Badezimmer vermutete Matti eine Tonne Männerkosmetik. Mehr jedenfalls als das Rasierwasser aus dem Supermarkt, das Matti benutzte. Tom trug ein geripptes Unterhemd und schien viele schwarze Haare darunter zu haben. Er fuhr sich über den Kopf. »Was ist?«
Eine weitere Tür öffnete sich, und eine kleine Frau trat in den Flur. Alles an ihr schien rund zu sein. Der Kopf, der Hintern, der Bauch. Sie hatte ein braunen Lockenkopf, und der Mund stand offen.
Dornröschen hielt Tom das Foto hin. »Kennst du die?«
Er schüttelte müde den Kopf und ging zurück in sein Zimmer.
»Kathrin, hast du die Frau schon mal gesehen?« An Dornröschen gewandt: »Wer ist das eigentlich?«
»Meine kleine Schwester.«
Kathrin trippelte heran. »Zeigt mal!« Sie lachte.
»Die hab ich noch nie gesehen. Echt nicht.« Sie lachte wieder.
»Auf der Straße, in der U-Bahn, nirgendwo?«, fragte Matti mehr, um die Trägheit loszuwerden. Aber das klappte natürlich nicht.
Kathrin guckte ihn an und schüttelte den Kopf. Blondie schüttelte mit.
»Alles Scheiße«, sagte Twiggy, als sie die Wohnung verlassen hatten.
»Das ist doch sinnlos«, sagte Matti, als sie vor dem Haus auf dem Bürgersteig standen.
Ein Radfahrer drängte sich wild klingelnd vorbei und wäre fast mit einem Pärchen zusammengestoßen. Die Frau rief ihm »Idiot!« nach. Sie moserte weiter, während die beiden davonschlurften.
»Habt ihr was Besseres vor?«, fragte Dornröschen. »Dann wäre ich euch dankbar, ihr könntet es mir verraten. Ja?«
Sie schüttelten den Kopf.
»Besser, als zu Hause rumzusitzen, ist diese Aktion allemal. Und besser, als Taxi zu
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