Matti & Dornröschen 03 - Ein Mörder kehrt heim
kann’s auch allein machen«, sagte Dornröschen nach einer Weile.
Matti schwieg. Twiggy hatte recht, aber ihn rührten Dornröschens Ernst und ihre Unbeugsamkeit. »Lass uns weitersuchen«, sagte er. »Wenn wir zu Hause rumhocken, finden wir garantiert nichts. Und hier haben wir eine Chance, eine winzige. Immerhin.« Er klopfte Twiggy auf die Schulter.
Twiggy brummte.
Im nächsten Hauseingang erwartete sie ein Junkie. Dürr wie ein Strich, hatte er sich unter die Briefkästen gelegt. Speichel tropfte aus seinem Mund auf den Steinboden. Ein Radio plärrte gegen einen Fernseher an. Oben kreischte ein Kind.
Im Erdgeschoss links wohnte eine alte Frau mit kurz geschnittenen weißen Haaren. Ihre Augen blickten freundlich durch eine Hornbrille mit dicken Gläsern. »Ja?«
Dornröschen gab ihre Vorstellung. Die Frau studierte das Foto, überlegte und erklärte mit Gewissheit: »Das ist Monika!«
»Wo wohnt sie?«, fragte Dornröschen.
»Na, oben.« Der Finger zeigte zur Decke.
Matti traf es wie ein Schlag. Anja hatte sie nach Strich und Faden belogen. Nicht mal den richtigen Namen hat sie … halt, die Bullen hatten doch herausgefunden, dass sie tatsächlich Georgs Tochter war. Anja Barth, so hieß sie wirklich. Dann musste sie hier unter falschem Namen eingezogen sein. Das erklärte einiges. Aber sie war so unvorsichtig, ihre Adresse zum Teil zu nennen. Richtige Straße, falsche Nummer. Warum das Theater?
»Seit wann wohnt Monika hier?«, fragte Matti.
Dornröschen schaute ihn von der Seite an, die Augenbrauen zusammengekniffen.
Die Frau ließ ihre Augen schweifen, dann hatte sie Matti im Blick. »Seit zwei Jahren vielleicht, oder länger …«
Das hieß, dass sie hier eingezogen war, lange bevor Georg sich bei ihr gemeldet hatte. Das Versteckspiel hatte nichts mit Georg zu tun. Oder hatte Georg so lange vorausgeplant? Wenn das alles ein ausgeklügelter Plan war, bei dem über Bande gespielt wurde? Immer stärker bedrängte ihn der Gedanke, dass sie Puppen waren in einem verteufelten Spiel. Finsternis umgab sie, obwohl sie alles sahen. Es schien Matti, als ob da jemand sich ins Fäustchen lachte über sie. Das machte ihn wütend. Und rachsüchtig.
»Monika wie?«, fragte Dornröschen.
»Stamm, glaube ich. Ja, Monika Stamm.« Die Frau überlegte noch einmal. Vielleicht, ob es richtig war, diesen drei Leuten diese Auskunft gegeben zu haben. »Vierter Stock.« Sie schloss mit einem Lächeln die Tür.
»Sag ich doch«, flüsterte Dornröschen und stiefelte los. Sie nahm zwei Stufen auf einmal, die beiden Jungs folgten. Als sie oben angekommen waren, schnaufte Twiggy schwer, aber auch Matti war außer Puste.
Stamm stand auf der Klingel. Ein Sonnenblumenaufkleber zierte die grüne Tür. Dornröschen drückte den Klingelknopf. Schritte näherten sich. Matti biss sich auf die Unterlippe. Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt und gedreht. Die Tür öffnete sich. Eine mittelalte Frau stand im Türrahmen und blickte sie neugierig an. Sie war blond wie Anja. Und hübsch wie Anja. Aber sie war nicht Anja.
Matti fühlte Enttäuschung und Erleichterung zugleich. Erst jetzt verstand er, dass er Angst gehabt hatte vor dem Wiedersehen. Er war immer noch verliebt in sie und fürchtete die Zurückweisung.
»Ja, und?«, fragte Monika.
»Äh …« Dornröschen setzte noch einmal an. »Also, wir suchen eine Frau, die Anja Barth heißt oder sich … also die hier.« Sie zeigte das Foto.
Monika deutete ein Lächeln an. Matti las Bedauern in ihrer Miene. »Die kenne ich nicht. Tut mir leid. Wer ist es denn?«
»Meine kleine Schwester«, sagte Dornröschen.
»Ach.« Sie wollte das Foto noch einmal sehen. »Ich würde lügen …«
»Ist gut«, sagte Dornröschen traurig. »Ich hatte so gehofft.«
»Hast du ihre Adresse nicht?«
»Nein. Ist eine traurige Geschichte. Sie ist vor Jahren abgehauen.«
»Wollt ihr reinkommen?« Sie trat zur Seite und fragte Dornröschen: »Dich hab ich doch schon mal gesehen, stimmt’s?«
»Kann sein«, sagte Dornröschen. Ihre Stimme klang niedergeschlagen.
»Trinkt ihr was mit?«, fragte Monika, als sie in der Küche saßen. Die war einfach eingerichtet, offenbar aus dem Ikea-Katalog. Alles weiß. An der freien Wand neben der Tür hing ein Tango-Plakat, die Tänzer schemenhaft, dunkel. Sie guckte sich ihre Besucher kurz an, dann stellte sie eine Rotweinflasche vor Twiggy und reichte ihm den Korkenzieher. Twiggy tat seine Pflicht und schenkte auch gleich ein in die Gläser, die sie auf
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