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Matto regiert

Matto regiert

Titel: Matto regiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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sich da um politische Meinungsverschiedenheiten… Der Jutzeler wollte das Personal organisieren, und der Direktor war stockkonservativ…«
    Am Fuße der Steinstiege, die zum Portal führte, an der gleichen Stelle wie heute morgen, blieb Dr. Laduner stehen. Studer blickte zu Boden. Aber als das Schweigen nicht enden wollte, warf er einen schüchternen Blick auf seinen Begleiter. Dr. Laduner preßte die Zähne so fest aufeinander, daß unter der Haut seiner Wangen die Kaumuskeln deutlich sichtbare Stränge bildeten.
    »Und nun werden wir wohl den Pieterlen suchen lassen müssen… Nicht wahr, Herr Doktor?«
    »Den Pieterlen?… Ge-wiß… Wir werden telephonieren… Sie glauben an einen Mord?«
    Der Wachtmeister hob die Achseln und wackelte dann mit dem Kopf. »Ich weiß nicht…« sagte er.
    Aber er verschwieg den Fund, den er gemacht hatte; auf dem Absatz, von dem die steile Feuerleiter hinab zum Feuerloch führte, hatte er etwas gefunden, das einem riesigen Schübling ähnelte: anderthalb Spannen lang, zwei Daumen dick, aus grober, fester Leinwand genäht und prall gefüllt mit feinem Sand. Ein guter Totschläger…
    Und der Stoff war der gleiche wie jener, den er unter der Matratze in Pieterlens Zimmer gefunden hatte… Und auch von der Enveloppe sprach Studer nicht, die in der Busentasche seines Rockes steckte… Sie enthielt etwas Staub… Staub, den er aus den dichten weißen Haaren der Leiche gebürstet hatte. Vielleicht ließen sich unter dem Mikroskop unter den sicher vorhandenen Aschenteilchen kleine, glitzernde Sandkörner feststellen…
    Warum er dem Dr. Laduner den ersten Fund und die zweite Vorkehrung wohl verschwieg? Studer hätte es nicht sagen können. Wenigstens vorläufig nicht. Manchmal war es ihm, als sei ein Kampf auszufechten zwischen ihm und dem schlanken, gescheiten Arzte. – Kampf?… Das war nicht ganz richtig… War es nicht eher eine Kraftprobe? Eine kleine freundschaftliche Rache? Dr. Laduner hatte Studer ›angefordert‹, um ›behördlich gedeckt zu sein‹. War es nicht Ehrensache, dem Arzte zu beweisen, daß man etwas mehr war als ein bequemes Schild… Oder besser: daß man mehr war als ein gewöhnlicher Parapluie, den man aufspannt, wenn es regnet…
    Die Halle des Mittelbaues war kühl, auf dem grünen Marmor der Donatorentafel schimmerten die Goldbuchstaben. Der Portier Dreyer war nirgends zu sehen.
    Sie gingen die Stufen hinab, die beiden so ungleich gearteten Gefährten, der Wachtmeister in seinem dunklen Konfektionsanzug neben dem Dr. Laduner, weiß, sauber, federnd und auch jetzt noch angestrengt betriebsam, so, als wollte er sagen: ›Vorwärts, vorwärts, ich hab keine Zeit, ich habe zu tun… Und wenn der Direktor zehnmal tot ist, was geht das eigentlich mich an…‹
    Aber vielleicht ging man fehl, wenn man dem Seelenarzt Laduner derartige Gedanken unterschob…
    Sie ließen das Kasino links liegen, bogen ab zur Ecke, wo das R ans K stieß. Die Sonne war noch hoch und spiegelte sich in den Fenstern, die grell blendeten wie winzige Scheinwerfer… Studer rundete ein wenig den Rücken und blickte mit schiefgeneigtem Kopf zu jenem Fenster auf, das über seinem Gastzimmer lag und aus dem, nach der Aussage Schüls, des Kriegsverletzten, Matto vorschoß und zurück, vor und zurück… Es war Aberglaube, sicherlich… Am Morgen noch hätte Studer gelacht, wenn man ihm gesagt hätte, er werde sich vor Matto fürchten… Aber nach dem Fund in der Heizung?… Es veränderte die Situation wesentlich…
    Sie traten durch die Türe ins Sous-sol. Ein Gang, lang und hallend, mit gewölbter Decke, der Fußboden aus Zement… Eine Türe, mit schmutziggelber Ölfarbe gestrichen…
    »Geben Sie mir ihren Pass, Studer!« befahl Dr. Laduner.
    Er fuhr mit dem Schlüssel ins Loch, schlug die Klinke herab, riß die Türe auf, trat ein… Seine Bewegungen, seine Schritte waren genau so rasch und präzis wie am Morgen… Er stieg die Eisenleiter hinab. Auf der fünften Sprosse, von unten gezählt, machte er Halt. Die Füße der Leiche hielten ihn auf. Da stützte Laduner die rechte Hand auf eine Sprosse in der Höhe seiner Schulter, hob sich leicht auf die Fußspitzen, sprang ab und landete in tiefer Kniebeuge. Er stand dann aufrecht, lang, breitschultrig und weiß im grauen Staubdunkel. Studer blieb auf dem oberen Absatz stehen und verfolgte jede Bewegung des schlanken Mannes. Er sah auch die Leiche und dachte, es werde ihm nie gelingen, in einem Rapport den Eindruck zu schildern, den der tote

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