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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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der
Black Prince
vertraut gemacht, mit dem Schiff genauso wie mit seiner Besatzung. Er lernte Gesichter und Namen, Pflichten und Reaktionen der Männer an Bord, vor allem der Offiziere. Falls er ausfiel, mußten sie das Schiff führen: der Master, der Erste und die anderen Leutnants, die Stückführer – wie Speichen reichten diese Männer in alle Decks und Winkel des Schiffes.
    Dann hatte er auch die anderen Offiziere seines Geschwaders kennengelernt, die im Kampf mit ihm segeln würden. Nur Adam mit seiner Fregatte hielt sich entfernt, weiter weg, als selbst der beste Ausguck sehen konnte, immer auf der Suche nach dem Gegner. Falls sich Napoleon die Flotten Dänemarks und Schwedens aneignen konnte, mußte England ihnen schon allein aufgrund ihrer Überzahl unterliegen. Denn noch immer waren die Lücken, die Trafalgar gerissen hatte, nicht aufgefüllt. Beide neutrale Flotten, so hörte man, hatten einhundertachtzig Schiffe. Bolitho hatte Godschale auch nach Herricks neuer Aufgabe gefragt. Der Admiral wollte zunächst nicht mit der Sprache heraus, doch als Bolitho beharrlich blieb, antwortete er: »Herrick kommandiert die Begleitschiffe für die Versorger. Eine lebenswichtige Aufgabe!«
    Lebenswichtig? Ein alter müder Commodore wie Arthur Warren hätte diese Aufgabe leicht erfüllen können.
    Der Mond trat hinter einer langen Wolke hervor und legte Glanz auf den Fluß. Bolitho packte das Balkongeländer und starrte ins Licht, bis er einen glänzenden Ring um den Mond sah, breit und verschwommen. Da schaute er weg und schluckte trocken. Schlimmer war sein Auge nicht geworden. Oder bildete er sich das nur ein? Er fühlte die Vorhänge gegen seine Beine wehen und wußte, Catherine war zu ihm getreten.
    »Was ist, Richard?« Ihre Hand massierte seinen Rücken, verlockend und stark, löste seine Verspannung. Er drehte sich um und streichelte sie unter ihrer großen Stola aus den Spitzen, die er aus Madeira mitgebracht hatte. Sie zitterte wie in einer kühlen Brise, als seine Hand über ihren nackten Körper glitt.
    »Ich segle morgen«, sagte er, schon vom Abschied gezeichnet.
    »Aber etwas wüßte ich gern noch von dir.« Sie drückte das Gesicht gegen seine Schulter. »Was denn?«
    »Bei der Beerdigung von Somervell«, begann er, »habe ich gesehen, daß du ein Taschentuch ins Grab geworfen hast …«
    Ihr Atem streifte warm seine Schulter. »Darin war sein Ring. Ich wollte nichts mehr von ihm besitzen.«
    Das hatte er gehofft. »Würdest du meinen Ring tragen, wenn ich einen fände, der schön genug ist für dich?«
    Sie hielt den Atem an. Der Mann, der morgen vielleicht in den Tod segeln mußte, fand Zeit, an einen Ring für sie zu denken! Sie ließ sich von ihm ins Zimmer führen und die Stola abnehmen. Ihr Körper glänzte im Licht der beiden Kerzen neben dem Bett.
    »Ich wäre stolz darauf«, flüsterte sie, und er sah Tränen unter ihren Wimpern. »Aber sprechen wir nicht von morgen. Heute bin ich noch da – für dich, Liebster.«
    Als der Morgen über London heraufzog, öffnete Bolitho die Augen. Catherines Kopf ruhte an seiner Schulter, ihr Haar lag ausgebreitet auf dem Kissen. Er entdeckte die roten Spuren seiner Zärtlichkeit auf ihrer Haut. Sie sah aus wie ein kleines Mädchen, als er ihr das Haar aus dem Gesicht strich.
    Irgendwo läutete eine Glocke, und ein früher Wagen rollte über das Kopfsteinpflaster.
    Die Zeit des Abschieds war gekommen.
     

Feuer und Nebel
    Bolitho stand an den Heckfenstern der
Black Prince
und lauschte den vertrauten Geräuschen des Segelsetzens. Die Fregatte
Tybalt
draußen nahm gerade wieder Fahrt auf, um in der Nore neue Befehle einzuholen. Ihr Kommandant war sicher froh, seinen hohen Passagier ohne Verspätung und Zwischenfall bei seinem Geschwader abgeliefert zu haben und jetzt wieder sein eigener Herr zu sein.
    Bolitho dachte an den Abschied im Haus an der Themse. Eigentlich hatte Catherine ihn nach Chatham begleiten wollen, aber zugestimmt, als er sie bat: »Fahre nach Falmouth, Kate, dort bist du unter Freunden.« Noch immer sah er sie mit ihren großen Augen auf der Treppe des Hauses stehen.
    Bolitho hörte, wie Ozzard sich in der Schlafkajüte zu schaffen machte. Er schien der einzige zu sein, der sich freute, wieder an Bord zu leben. Selbst Allday war ungewöhnlich niedergeschlagen. Er hatte erzählt, daß sein Sohn, Bootssteurer auf der
Anemone,
den Dienst in der Navy quittieren wollte, weil er genug hatte vom Krieg. Er liebe zwar die See, aber der könne er auch

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