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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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immer wie festgenagelt an der Pinne.
    Ein Mann schrie: »In’s Boot, Sir!« Das war der Deserteur.
    Ganz ruhig sprach Segrave auf Tyacke ein: »Sie dürfen nicht an Bord bleiben und mit der
Albacora
verbrennen, Sir.« Tyacke wandte ihm sein zerstörtes Gesicht zu. »Bitte nicht, wir brauchen Sie.« Er hörte das Feuer unter sich lauter prasseln. »Auf der
Miranda
sind alle gestorben, das darf nicht umsonst geschehen sein. Um Ihrer Freunde willen – kommen Sie!«
    Tyacke straffte sich. »Du hast recht, mein Junge. Ich will dich noch als Offizier sehen.«
    Zusammen kletterten sie ins Beiboot. Kaum waren sie aus dem Schatten der
Albacora
gepullt, sahen sie, wie ihr Rumpf aufplatzte und Flammen mit wütendem Fauchen gen Himmel schossen.
    Tyacke saß an der Pinne. »Pullt, Leute! Wenn wir die Huk erreichen, können wir uns vielleicht an Land verstecken.«
    Ein Mann rief plötzlich: »Jetzt sind sie dran! O mein Gott!« In seinen aufgerissenen Augen spiegelten sich die Flammen, als der brennende Schoner gegen den ersten Ostindienfahrer stieß.
    Das Feuer raste seine geteerten Wanten empor, jagte die Rahen entlang. Männer, die aufgeentert waren und versucht hatten, noch rechtzeitig Segel zu setzen, fanden sich zwischen Absturz und Verbrennen gefangen. Sie fielen wie Puppen an Deck, denn das war ein schneller Tod, schneller als der durch Flammen oder Haie. Der zweite Ostindienfahrer war noch von seinem Heckanker freigekommen, aber zu spät. Feuerzungen leckten gierig nach seinem Vordeck und rasten die Finknetze entlang nach achtern.
    Im Boot schwiegen alle. Nur die Riemen quietschten. »Sucht eine gute Stelle, wo wir an Land gehen können!« befahl Tyacke.
    Buller hatte wieder eine Kugel in seine Muskete gerammt. »Wir werden keinen Strand brauchen, Sir.« Seine Stimme klang ungläubig.
    Tyacke folgte seinem Blick auf See hinaus und packte Segraves Arm. »Da ist die
Truculent
!«, rief er. »Sie holt uns!«
    Sie drehten und ruderten mit aller Kraft auf die Landspitze zu, als hinter ihr die Masten der Fregatte sichtbar wurden. Achteraus von ihnen stieg eine schwarze Rauchwand gen Himmel, aus der Flammen züngelten. Das Ende der Ostindienfahrer war schrecklich.
    Segrave sah Tyacke an und wußte, daß der Leutnant fast an Bord der
Albacora
geblieben wäre. Doch er, der geschundene Kadett, hatte es erreicht, daß Tyacke nun weiterleben wollte.
    Auch er selbst würde nicht aufgeben, schwor er sich. Niemals.

Noch eine Überlebenschance
    Bolitho lehnte sich an den hölzernen Lauf einer Kanonenattrappe und schaute durch die offene Pforte nach draußen. In der Nachmittagshitze war das Holz so heiß wie ein Rohr, das gerade abgefeuert worden war. Auf seinem Flaggschiff, der
Themis,
war es ungewöhnlich still. Nichts bewegte sich an Bord. Auch die
Truculent
lag reglos vor Anker, die See um sie herum glänzte wie ein Spiegel. Am Tisch der Kajüte schrieb Yovell Befehl nach Befehl für die Kommandanten beider Geschwader aus. Die eine oder andere Ausfertigung würde schließlich auch auf Sir Owen Godschales Tisch in der fernen Londoner Admiralität landen. Gelegentlich drang von Land das leise Grollen der Artillerie herüber, denn das englische Heer marschierte auf Kapstadt zu.
    Jenour betupfte sich Gesicht und Hals mit einem Taschentuch und beugte sich über den Tisch, um etwas zu prüfen. Er sah bedrückt aus seit dem plötzlichen Verlust der
Miranda.
Die
Truculent
hatte die Besatzung des Branders an Bord genommen und sofort die Suche nach der französischen Fregatte begonnen. Dabei hatten sie auch mit Kapitän Varian gerechnet, der eigentlich jedes Schiff sehen mußte, das aus der Bucht entkam. Aber die französische Fregatte blieb verschwunden. Drei Tage später trafen sie die
Zest,
und Varian berichtete, er habe zwar ein fremdes Schiff gejagt, doch ohne Erfolg.
    Bolitho versuchte, den Verlust der
Miranda
zu verdrängen, Tyackes Zorn und Schmerz zu vergessen, als dieser an Bord geklettert kam. Der Qualm der brennenden Holländer war viele Meilen weit zu sehen gewesen. Auch die Soldaten des Generals hatten den Rauchpilz bestimmt entdeckt und neuen Mut gefaßt. Bolitho versuchte vergeblich, seinen Trübsinn abzuschütteln. Das Ergebnis war den Einsatz wert gewesen. Doch wieder einmal hatte er den Männern zu nahe gestanden, die gefallen waren: Simcox, Jay, der scharfäugige Landsmann aus Penzance und viele andere.
    Es klopfte, und Commander Maguire trat ein, den Hut unter dem Arm. »Sie ließen mich rufen, Sir Richard?« Durch das

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