Maximum Warp. Der Guide durch die Star-Trek-Romanwelten: Von Nemesis zu Typhon Pact! (German Edition)
drückte er es einmal in einem Interview aus, stellen die Klingonen eine Mischung aus nordischen Helden und asiatischen Kämpfern dar, sozusagen ein Mix aus Samurais und Wikingern. Und wirklich, der Vergleich kommt hin: Was ist denn ein Sto-Vo-Kor anderes, als eine idealisierte Version des nordischen Wallhalla? Was ist ein klingonischer Ehrenkodex anderes als eine abstrahierte und modifizierte Variante des Verhaltens japanischer Kämpfer aus der Geschichte?
Das alles deckt sich mit dem Klingonenbild, das wir als Zuschauer heute haben. Heute! Aber wie sahen die Klingonen vor knapp fünf Jahrzehnten aus? Besieht man sich mit Figuren wie Worf, Gowron oder Martok im Hinterkopf einmal die klassischen
Star Trek
-Episoden, in denen die Klingonen auftreten –
Kampf um Organia
etwa –, so fällt natürlich als erstes der optische Unterschied auf, der hier bereits beschrieben wurde. Zu den Anfangszeiten von
Star Trek
war ein Make-up, wie es die jüngeren Inkarnationen ihren Aliens angedeihen lassen, in dieser Größenordnung einfach nicht bezahlbar, sodass sich die Ur-Produzenten einfach auf spitze Bärte, Kostümierung und modifizierte Gesichtsfarben verließen, um aus Schauspielern Klingonen zu machen. Erst durch die finanzielle Aufstockung in die Liga der Kinoproduktionen konnte man die Gestaltung der Rasse überarbeiten und somit vielleicht sogar der ursprünglichen Konzeption annähern.
Der optische Unterschied entwickelte sich übrigens zum beliebten Thema der Fan-Fiction, also der von Zuschauern selbst erarbeiteten Geschichten, und führte im Laufe der Jahre zu so großen Spekulationen und Erklärungsversuchen, dass Worfs Bemerkung in
Immer die Last mit den Tribbles
, Klingonen besprächen diesen optischen Bruch nicht mit Außenstehenden, ein wahrer Befreiungsschlag war. In
Star Trek-Enterprise
nahmen die Produzenten Worfs Bemerkung schließlich sogar auf und ließen dem optischen Bruch eine narrative, gelungene Erklärung folgen.
Doch auch die inhaltlichen Unterschiede sind auf ähnliche Weise erklärbar, ja sogar völlig verständlich. Es waren die 1960er Jahre. Fernsehserien waren längst nicht so dramaturgisch ausgefeilt, wie es heute zumindest einige rühmliche Ausnahmen sind. Auch das durchaus progressive
Star Trek
brauchte seine klassischen Bösen, vor deren Kontrastbild die wackeren Helden der Sternenflotte um so mehr glänzen konnten. Was wäre James Bond ohne Blofeld, Commander McLane ohne die Frogs? Der eiserne Vorhang war nach wie vor eine politische, aber auch imaginative Grenze – hier gut, dort böse –, und trotz eines Chekovs auf der Brücke brauchte auch Roddenberrys Schöpfung die US-typischen, klassischen Bösewichter. Konventionen des TV-Formats. Im interstellaren Raum fiel dieser Rollenposten eben den Klingonen zu.
DRAMATURGISCHES KALKÜL
Dementsprechend eindimensional blieben diese Gestalten, die ja stetig intrigierten und einzig auf Expansion ihres von Gewalt und Unterdrückung geprägten Imperiums aus zu sein schienen. Aber das war beabsichtigt, denn hier herrschte zu TOS-Zeiten allein die Funktionalität vor. Der Existenzgrund der Klingonen (und der meisten anderen Gegner Kirks aus dieser Zeit) lag eben darin, als Negativbeispiel zu dienen und den guten alten Tiberius dadurch umso heldenhafter erscheinen zu lassen. Ohne diese abwerten zu wollen, liegt die Feststellung nahe, dass die effektive Eindimensionalität in späteren
Treks
wohl am besten durch die Borg aufgefangen wurde.
Star Trek
war und ist immer ein Produkt seiner Zeit. Spätere Inkarnationen konnten die alten Konventionen zumindest subtiler umarbeiten, und so kam den Klingonen quasi mit Verspätung charakterliche Tiefe en masse zu. Von diesem Lifting zehrt die Rasse noch heute, machen doch Projekte wie die
I.K.S. Gorkon
-Buchreihe deutlich, dass die wackeren Krieger auch Jahrzehnte nach ihrer Neuinterpretation nichts von ihrer Faszination eingebüßt haben. Das nenne ich Erfolg ... ähm, natürlich
Quapla
’!
4.7.2
DRAUSSEN VOR DER TÜR
Die Faszination Klingonen und Worf als Grenzgänger
zwischen den Kulturen
von Christian Humberg
Er ist der ewige Außenseiter, der konzeptionelle wie funktionale Fremdkörper auf der Brücke – und zwar auf
jeder
Brücke. Worf, der Sohn von Mogh, scheint auf ewig zu einem Dasein als Grenzgänger zwischen den Kulturen verdammt zu sein. Doch worin liegt diese Dichotomie seiner Charakterisierung begründet? Und wie schaffen es die Autoren der verschiedenen
Star
Trek-Inkarnationen immer
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