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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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sich, als habe sie einen Schlag in den Magen erhalten.
    »O doch, das bist du!« rief Sonnenblume ihr über die Schulter hinweg zu, denn sie stürzte sich schon in Richtung der Büsche, wo das Knacken und Rascheln seinen Ursprung zu haben schien. Maya sah, daß ihre Augen fast unnatürlich funkelten, dann war Sonnenblume verschwunden.
    Maya war allein auf der Lichtung zurückgeblieben und hatte sich gefragt, was gerade geschehen war. Das alles war nun schon lange her.
    Nun, wo sie auf dem Baumstumpf saß und den sauren Ge schmack gekauten Fleisches im Mund schmeckte, verstand sie. Sonnenblume hatte zu bluten begonnen. Sie war eine Frau geworden. Und in dem Augenblick hatten die Jungen oder Männer sie trotz ihres Klumpfußes und trotz all der schlimmen Gerüchte von neuem entdeckt.
    Maya hegte keine Illusionen. Männer mochten es, das Schlangending, das zwischen ihren Beinen baumelte, in das Loch zu stecken, das Frauen zwischen ihren Beinen hatten. Sie wußte nicht, warum, doch sie wußte, daß sie das machten, bei welcher Frau auch immer - sogar bei Sonnenblume. Blut und Frauen konnten also ganz offensichtlich fast alles ändern.
    Vielleicht, so überlegte sie, und neue Hoffnung durchflutete sie, als sie an das fremdartige warme Gefühl dachte, das sie gespürt hatte, als Geist sie umarmt hatte. Vielleicht konnte das Blut selbst ihr Ausgestoßenendasein beenden.
    Geist hatte gesagt, daß dies möglich sei. Er wollte ihr Freund sein.
    Vielleicht wollte er sogar noch mehr. Vielleicht wollte er seine Schlange in ihr Loch stecken.
    Der Gedanke ließ einen kleinen Schauer ihren Rücken hinauf und wieder hinunter laufen. Und dann bekam sie es plötzlich mit der Angst zu tun.
    Sie war die Frau von Altem Zauber. Was würde er wohl dazu sagen?
    Sie blickte auf. Zauber sagte mit gesenkter Stimme etwas zu Alter Beere, die kaute, hin und wieder zustimmend nickte, jedoch keine Antwort gab.
    »Zauber?« sagte Maya schließlich, und es fiel ihr schwer, mit dem Kloß, der sich in ihrer Kehle gebildet hatte, das Wort auszusprechen.
    Er blinzelte und wandte sich ihr zu. »Was ist, kleine Maya?«
    »Geist hat heute mit mir gesprochen. Er hat gesagt, daß er mein Freund sein will.«
    Ohne Feuerschein war es zu dunkel, so daß Maya nicht sehen konnte, wie Zaubers weiße, geschwungene Augenbrauen in die Höhe zuckten.
    »Wirklich?« sagte er. »Erzähl mir mehr.«
    Zauber war alt und schrecklich erfahren. Seine plötzliche Besorgnis klang nicht in seinen Worten mit. Doch Alte Beere zuckte angesichts der Kraft in seinen Fingern zusammen, als sein Griff sich mit einer Wucht, die sie ihm nicht mehr zugetraut hätte, in ihre Schultern krallte.
    Nicht in seinem Alter. Außer, er war zu Tode erschrocken.

KAPITEL DREIZEHN
    Das Grüne Tal: 17983 v. Chr.
    Im engen, düsteren Innern des Geisterhauses spürte Maya, wie sich eine knisternde Spannung aufbaute. Zauber starrte Alte Beere an, deren Blick dem Schamanen zu bedeuten schien: Ich habe es dir ja gesagt.
    Schließlich seufzte Alter Zauber tief auf und wandte sich wieder Maya auf der anderen Seite des kleinen, kalten Herdfeuers zu. »Mein Liebes«, sagte er. »Ich glaube, die Zeit ist gekommen, daß du einige Dinge erfährst.«
    Die Spannung ließ nicht nach; im Gegenteil, Maya hatte das Gefühl, daß die Nerven aller zum Zerreißen strapaziert waren. »Ein Geheimnis, Alter Zauber?«
    Ein schwaches Lächeln glitt über sein Antlitz. »Ja, Kind. Ein Geheimnis.«
    Wieder stieß er einen Seufzer aus. »Vielleicht ein Geheimnis, das kein Geheimnis hätte sein dürfen - zumindest für dich nicht.«
    Maya hatte nicht die leiseste Idee, worüber der alte Mann sprach.
    Geheimnisse hatten ihr ganzes bisheriges Leben bestimmt - die verborgenen Dinge, die Zauber und Beere ihr beigebracht hatten, die Geheimnisse von Pflanzen und Tieren und Geistern, und auch andere, dunklere Rätsel; ihre Augen, beängstigende, unerklärliche Zeichen ihres Andersseins; die gräßlichen, schändlichen Taten, die sie begangen haben mußte (obwohl sie auch die nicht verstand), die selbst ihren leiblichen Vater dazu veranlaßten, ihr wie einem Dämon aus dem Weg zu gehen, die unausgesprochene Übereinkunft im Volke, die sie für alle Zeiten in ihrer einsamen Stille einschloß. Immer nur eheirnnisse. Geheimnisse hatten sie zu schrecklicher Einsamkeit verdammt, und nun, da Geist zum erstenmal seine Absicht bekundet hatte, ihr das Geschenk zu machen, nach dem sie sich am heftigsten sehnte, drohte ein neues Geheimnis ihre

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