Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
Vom Netzwerk:
dem Eingang seines Zeltes irme und sah Maya nach, wie sie den Weg entlangging, wie ihre Umrisse verschwammen, verschwanden. Seine Lippen zuckten, als wolle er lächeln. Dann bückte er sich und wand sich unter der Zeltklappe hindurch in die Dunkelheit, die ihn erwartete.
    Dunkelheit.
    Er mochte diese Dunkelheit. Sie war eine Verbündete, verbarg ihn. Ihn kümmerte es nicht, ob die Feuerstellen des Volkes jemals wieder entzündet werden würden. Er hatte ein seltsames Gefühl der Macht erfahren, als er durch die stille, leere Nacht geschritten war. Er war zwischen den düsteren, geduckten Umrissen der Häuser einhergeschlichen, und seine Füße hatten kaum Geräusche in dem vielbetretenen Staub der Wege gemacht; er hatte die gedämpften Töne der Schläfer gehört, ihr Grunzen und Stöhnen, und ein wildes Gefühl der Herrschaft durchströmte seine Adern wie heißer Honig. Sie sind in meiner Hand! All ihre elenden kleinen Leben! Ich bestimme über ihr Geschick!
    Im Innern seines Zeltes war es kühl. Sein Atem stand in kleinen silbrigen Wölkchen in der Luft, als er sich auf die Fersen niederließ und schließlich im schwachen Sternenlicht, das durch die offene Zeltklappe hereinfiel, einen Blick auf das kostbare Päckchen warf, das er in Händen hielt.
    Eigentlich gab es nicht viel zu sehen, was er nicht bereits schon einmal gesehen hatte. Auch trieb ihn nichts dazu, den Felleinband zu entfernen und den Stein wieder zu enthüllen. Sie steckte da drin. Er wußte es mit derselben Gewißheit, die ihm auch sagte, daß sie ihn töten würde, wenn er ihren Stein berührte.
    Er hatte allerdings auch gar nicht die Absicht, den Mammutstein zu berühren. Keineswegs - aber einen Plan hatte er schon.
    Er kicherte leise in sich hinein. Schließlich legte er den Mammutstein in seinen Schultersack, straffte seinen Fellüberwurf und kroch wieder ins Freie hinaus.
    Das Lager schien gänzlich still zu liegen, leer und öde, als habe das Volk sich auf eine neue, endlose Wanderung begeben und ihn allein zurückgelassen. Ganz kurz drang die Kälte der Nacht in sein Herz, so daß er erschauerte. Doch dann setzte er sich in Bewegung, wie ein Geist, nahm den Weg zum Ersten See hinunter.
    Als die Sonne über den Rand der Klippenwand lugte, hatte er beinahe das Ende des Grünen Tals erreicht. Er schritt kräftig aus, die Sonne brannte ihm auf die Schultern, und Moskitosummen schwirrte ihm in den Ohren.
    Ein Eichhörnchen keckerte im Unterholz, und in der diesigen Ferne meinte er das gutturale Fauchen eines jagenden Löwen zu hören. Doch all dem schenkte er keinerlei Beachtung. Selbst der Löwe erfüllte ihn nicht mit Furcht. Er stand hoch über all dem, ein Geist, der durch die Welt wandelte, und nichts konnte ihm etwas anhaben.
    Vorne schob sich eine große Schlange über den schwach erkennbaren Pfad, und er lachte laut heraus, ohne zu wissen, warum.
    Bald schon würde sich alles ändern. Bald schon würde der alte Narr seinen Verrat bitterlich bereuen. Bald schon würde das Mädchen ihm gehören - und er würde es nicht töten; o nein, er würde es überhaupt nicht töten.
    Er hatte andere Pläne.
    Er schritt weiter voran, sah weder nach links noch nach rechts.
    Er wußte genau, wohin er ging.
    Schwarzes Karibu hob eine muskelbepackte Faust - selbst an seinen Fingern wölbten sich dicke Sehnenstränge - und gebot der kleinen Schar so einzuhalten.
    »Da«, sagte er.
    Es war ihr vierter Tag der Jagd, und bislang hatten sie trotz der glückverheißenden Worte von Gebrochener Faust kein Wild aufgestöbert.
    Ein paar Hasen, doch ohne Fallen waren die Jäger machtlos gegen die Schnelligkeit der hakenschlagenden Tiere. Ihre schweren Speere konnten Karibus, Bisons, ja sogar Mammuts erlegen, doch für die flinken Hasen waren sie keine Gefahr.
    Sie waren dem Fluß in Laufrichtung gefolgt, hatten nach Tränken Ausschau gehalten, nach den Fährten der großen Tiere, die sie jagten, doch nach drei Tagen hatten sie kehrtgemacht. Oh, sie hatten Wasserstellen gefunden, das stimmte: Plätze, wo das hohe, abbröckelnde Flußufer von den dahinschießenden Wassern - die so kalt waren, daß sie einem Mann innerhalb kürzester Frist die Hand abfrieren würden - zu natürlichen Pfaden abgetragen worden war. Und Spuren hatten sie in der spätsommerlichen Hitze gefunden, gut erhaltene Hufabdrücke und die breiten, flachen Mammutfährten. An einem Ort sogar einen Kothaufen, der noch nicht eingetrocknet war - aber nicht eins der Tiere selbst.
    Nun stapften sie in einer

Weitere Kostenlose Bücher