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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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die beiden.
    »Ich bin ein Hase!« verkündete Maya. »Ich bin nicht Maya, ich bin ein riesiger, hüpfender Hasel«
    Knospe lachte laut auf, und Maya stimmte in ihr Lachen ein.
    »Macht, daß ihr an euren Platz kommt, ihr Gören!« rief eine der Älteren, eine mürrische Frau mit Namen Busch, mit schriller Stimme aus.
    Das Lachen der Mädchen verstummte abrupt, und sie nahmen ihren Platz in der Marschkolonne ein. Alte Beere, weit vorne, führte sie, ihren breiten Rücken gebeugt, das Gewicht halb auf einen dicken Stock gestützt. Zwei jüngere Frauen gingen ihr zur Seite, bereit, sie aufzufangen, sollte sie auf dem unebenen Grund ins Stolpern geraten und stürzen.
    Die Frauen kamen nur langsam voran, denn Alte Beere, die auf die Fünfzig zuging, war durch das Alter geschwächt, wenn auch ihr Wille hart wie Granit blieb und ihr Redefluß über all ihr Wissen nie versiegte.
    Sie verbrachte fast den ganzen Tag damit, die Geheimnisse von Blättern und Sträuchern, verborgen lebenden Tieren und schimmernden Fischen, Nüssen und jenen Beeren, denen sie ihren Namen verdankte, an diejenigen Frauen weiterzugeben, die einst ihre Nachfolgerinnen sein würden. Selbst bei ihrer Wanderung blieb die Alte hier und da stehen und gestikulierte, deutete auf eine besondere Moosart und erklärte einigen jüngeren Frauen, wie man dieses Moos erntete und trocknete.
    Maya achtete nicht auf all das. Sie genoß ihre Freiheit, das Gefühl, von Blutes ständigem wachsamen Blick erlöst zu sein, in dem seltsam klaren Licht unter dem wolkenbedeckten Himmel lachen zu können.
    »Sieh!« sagte sie zu Knospe.
    »Was?«
    »Wie der Rauch aus dem Lager aufsteigt.«
    Die beiden Mädchen blieben stehen, um einen Blick über die Schulter zurückzuwerfen. Sie hatten das Grasland erreicht, nachdem sie bisher über felsiges Land gezogen waren - die Ebene, die sumpfig gewesen war, als Alter Zauber zum ersten Mal den Weg hierher gefunden hatte. Nun hatte die Gegenwart der Menschen das Wild vertrieben, das einst hierher gekommen war, um aus dem Ersten See zu trinken, und Gras wuchs auf der fruchtbaren Erde und wurde nicht mehr niedergetrampelt. Von hier aus hatte Maya einen guten Ausblick auf den Felsvorsprung, auf dem das Lager des Volkes errichtet war, und auf die steilen Felswände, die Hunderte von Fuß hoch, das Grüne Tal begrenzten.
    Aus der Entfernung sah das Lager wie ein Puppendorf aus; die halb in dem Boden versenkten Behausungen paßten sich perfekt ihrer Umgebung an, und vor jeder einzelnen stieg eine mächtige weiße Rauchfahne gen Himmel - die Feuerstellen, an denen die zurückgebliebenen Frauen kochten, und die größeren Feuer, um die sich die Männer versammelten.
    Der beeindruckendste Anblick war die Art, wie der Rauch in einer ge-raden Linie bis zur Höhe der Klippenspitze aufstieg, um dann von dem Wind auseinandergetrieben und fortgetragen zu werden. Der Anblick war atemberaubend, und einen kurzen Moment lang erbebte Maya. Obwohl sie die Geister zu ihren Freunden zählte, waren die Windgeister doch ehrfurchtgebietend, und diese Demonstration ihrer Macht diente als Mah-nung, welch gewaltige Kräfte sie in Wahrheit besaßen.
    Nach einer Weile indes verlor das Schauspiel seinen Reiz für Maya, und sie zupfte an Knospes Umhang. »Komm«, flüsterte sie. »Wir wollen doch nicht, daß Busch uns wieder ankeift.«
    Alte Beere führte sie über das Grasland und in den stillen, dichten Wald dahinter. Es war, als trete man vom Tag in die Nacht. Maya blickte hoch, die Augen so groß wie Untertassen. Gigantische Eichen reckten sich rund um sie empor, kämpften mit Ahorn und hageren, knorrigen Hickorybäumen um den Platz. Es gab nur sehr wenig Unterholz, denn die Laubdächer der Baumriesen ließen fast kein Licht bis zu ihren Wurzeln hinunterdringen. Nur Büschel von zähem, gräulichem Gras sprossen hier und da durch einen dicken Mulch heruntergefallener Äste, verfaulender Blätter und verrottender Nüsse. Es war sehr still; Maya verspürte dieselben Empfindungen, wie in Momenten, wenn Alter Zauber ihr inmitten des warmen, dunklen Geisterzeltes die alten Geheimnisse zuflüsterte.
    »Gruselig«, bemerkte Knospe.
    Und obwohl Maya auch ein wenig von der ehrfürchtigen Scheu verspürte, die ihre Schwester erfüllte, zwang sie sich zu einem Lachen. »Hier gibt es nichts, vor dem man Angst haben müßte, Knospe! Sei kein Angsthase!«
    »Bin ich nicht!«
    »Bist du doch!«
    Knospe zog unwillig die Brauen zusammen und streckte Maya die Zunge heraus. Statt

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