Mayabrut (German Edition)
Maya, sondern ich weiß auch, dass Sie als einer der größten Mayaexperten Kolumbiens gelten; und nur dies ist für meine Zwecke ausschlaggebend. Um es Ihnen noch einmal ganz klar zu sagen, es geht bei dieser Expedition nicht um archäologische Forschungen, sondern um die Suche nach einer hochwirksamen, pharmakologischen Substanz. Sobald ich aber die internationale Forscherelite involviere, ist es vorbei mit meinem Geschäft, und Señor Cara, mal ganz nebenbei bemerkt, auch mit Ihrem Besuch dort.“
Unruhig rutschte Cara in seinem Sessel hin und her, bevor er sich eine Erwiderung erlaubte. „Einmal angenommen, Señor Sutin, ich würde mich zur Leitung dieser Expedition bereit erklären, inwieweit hätte ich dann ein Mitspracherecht bei möglichen Forschungszielen?“
„Am Anfang - gar keins! Señor Cara, entweder Sie akzeptieren bedingungslos meine Forderungen oder sie bleiben draußen! Nach erfolgter Abklärung des Sachverhaltes, ob nun mit einem positiven oder mit einem negativen Endergebnis, werden wir uns erneut zusammensetzen.“
Betroffen schluckte er über diese verbale Demütigung. Und sofort trat Sutin knallhart nach.
„Señor Cara, der Standort der Pyramide ist geheim und außer mir kennen nur einige Vertraute ihre genaue Lage. Außerdem ist sie durch klimatische Besonderheiten für die Späher aus dem All unsichtbar – also Googeln ist sinnlos. Zum Ende noch ein kleiner Hinweis, Señor Cara, und betrachten Sie dies als lebensrettende Warnung, die gesamte Umgebung dort ist mit Minen, FARC-Guerillas und Banden der Drogenmafia verseucht.
Señor Cara, ich überlasse Sie nun Ihren Überlegungen. Meine Handynummer haben Sie. Ich gebe Ihnen für Ihre hoffentlich positive Entscheidung vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit. Ein kleiner Uhrenvergleich, es ist zehn Uhr fünfundzwanzig.“
Nickend schaute Cara auf seine Rolex, während Sutin zur Tür schritt und sich noch einmal kurz umwandte. „Señor Cara, sind Sie eigentlich noch zufrieden mit meinem kleinen Präsent?“
Was sollte diese Peinlichkeit, brodelte es in ihm, während er dem Russen zunickte.
„Na sehen Sie, Señor Cara, wer mit mir Geschäfte macht, für den lasse ich mir auch immer etwas ganz Besonderes einfallen.“ Dabei lächelte ihn der Russe seltsam an.
„Ich freue mich auf Ihren Anruf, Señor Cara. Adios.“
„Adios, Señor Sutin.“
Wenig später verließ der Konvoi den Hof. Behutsam nahm er den Smaragddolch in die Hand und ging mit ihm zum Fenster. Andächtig hielt er ihn gegen das Sonnenlicht. Einige dunkle, tropfenförmige Punkte irritierten ihn. Es waren aber keine Einschlüsse, sondern Flecken auf der Oberfläche des Materials. Behutsam legte er die steinerne Waffe auf den Tisch und holte aus einem Schrank ein Taschenmikroskop. Er platzierte das Gerät über den punktförmigen Flecken und schaltete das Licht ein. Das, was er nun erblickte, war das typische Rotbraun von eingetrocknetem Blut. Wie in Trance griff er zu seinem Handy und wählte Sutins Nummer. Noch bevor sich der Russe melden konnte, hastete er seine Entscheidung herunter.
6. Sutins Reich
Buenaventura, Departement Valle del Cauca
Dienstag, 04. September 2012
Eskortiert von den fünf VW-Geländewagen, raste Sutins Maybach durch die Straßen von Buenaventura. Hinter einem Fenster der Edelkarosse bewunderte Cara gerade ein Wandgemälde am Centro Administrativo Municipal, dem höchsten Gebäude der Stadt.
Eine barbusige Eingeborene, eine Emberá, mit einem Baby im Arm stand inmitten eines üppigen Mangrovenwaldes, umgeben von Kirchenleuten und Konquistadoren. Sofort drängte sich wieder Sutins Video in sein Bewusstsein. Mittlerweile kannte er den Film in allen Einzelheiten. Wie ein Junkie hatte er ihn sich wieder und wieder reingezogen. Er war angefixt und fieberte der Expedition entgegen. Zum Glück hatte der an Ablenkung gedacht, denn vor ihm flimmerte auf einem Bildschirm eine Dokumentation über den Niedergang des Mayareiches Calakmul.
Der Abspann lief gerade über den Bildschirm, als der Maybach die Fahrt verlangsamte, und Cara schaute auf. Eine hohe, mit Stacheldraht und Kameras bewehrte Mauer ragte steil vor ihm auf. Zwei stählerne Torflügel fuhren ruckelnd zur Seite und verschwanden in der aus Felssteinen errichteten Wand.
Die Limousine folgte dem Führungsfahrzeug und bog in eine sanfte Kurve ein. Überrascht schaute er sich um. Dies hier war nicht die von ihm erwartete Parklandschaft mit gepflegtem Golfrasen und gezirkelten
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