Mayabrut (German Edition)
lief ungerührt weiter und meinte höhnisch: „Mein kleiner Godzilla schmollt mit mir, da ich ihn seit zwei Wochen auf Diät gesetzt habe.“
Eine Stahltür mit einem Bullauge fuhr zischend zurück. Nun blendete ihn das grelle Leben eines Korallenriffs, das eine spanische Galeone aufgeschlitzt hatte. Verkrustete Kanonen drohten aus zerfallenen Luken und ein Krake enterte einen Maststumpf. Zwei graue Riffhaie und einige Barrakudas patrouillierten durch das azurblaue Wasser. Fasziniert folgte er Sutin. Selbst die Aquarien des Zoos von Bogotá konnten da nicht mithalten. Der Russe musste über schier unvorstellbare finanzielle Ressourcen verfügen, die selbst ihn, Vidal Cara, den Besitzer der ertragreichsten Smaragdmine Kolumbiens, ins Grübeln brachten. Was war die Quelle dieses Reichtums – womit konnte ein Mensch solch astronomische Summen verdienen?
Als Sutin ihm endlich seine Suite zeigte, in der er logieren sollte, registrierte er nur n och beiläufig deren fürstliche Ausstattung. In dezent beleuchteten Vitrinen prangten Goldschmiedearbeiten einstiger Hochkulturen. Sutin gab ihm einige spärliche Erklärungen zu den edlen Stücken. Ob Azteken oder Inka, ja selbst die Kultur der Muisca war mit so einer Vielzahl von erlesenen Stücken vertreten, dass selbst das Goldmuseum von Bogotá dies nicht überbieten konnte. An den Wänden hingen Orientteppiche und Jagdtrophäen aus aller Welt. Die ausgestopften Tierköpfe fand er allerdings deplatziert – sie passten irgendwie nicht zu dem edlen Interieur.
Nun erläuterte ihm Sutin den weiteren Tagesablauf. Am Abend sollte Cara beim Dinner die anderen Teilnehmer der Expedition kennenlernen. In der Zwischenzeit könne er sich frisch machen. Eventuelle Wünsche könne er über die neben der Tür befindliche Wechselsprechanlage äußern. Ein Hustenanfall schüttelte den Russen, nach Luft ringend verließ er seinen Gast.
Erschöpft sackte Cara in ein Ledersofa. Vor ihm stand ein mit Edelsteinintarsien verzierter Couchtisch; Papageien und Früchte, verewigt in Smaragd, Achat und Marmor. Darauf wartete schon sein Lieblingsgetränk, eine Coca Cola. Das rot-weiße Logo schimmerte unter dem reifüberzogenen Glas hervor. Daneben lag ein dicker Bildband, MAYA – KÖNIGE IM NEBELWALD. Er schlug ihn auf und fand eine Widmung - Herzlich Willkommen im Reich der Maya - Ihr Ruslan Sutin.
Neugierig blätterte er in dem reich illustrierten Bildband. Plötzlich fiel ihm ein, dass er Juan anrufen wollte, sobald er angekommen sei. Vergeblich hantierte er an seinem Handy - er bekam kein Netz. Verärgert steckte er das nutzlose Gerät ein und durchsuchte die Suite, aber er konnte weder ein Telefon noch einen Computer entdecken. Er saß fest und ein Zurück gab es nicht, aber er wollte auch nicht mehr zurück, denn dieser Mayatempel hatte ihn längst in seinen Bann gezogen. Er leerte das Glas und schlüpfte unter die Dusche. Wenig später streckte er sich auf einem Prunkbett aus, das mit seinem goldfarbenen Baldachin aus der Zeit Ludwig des Vierzehnten zu stammen schien, und schlief erschöpft ein.
Harfenmusik weckte ihn. Verwirrt schaute er sich um – nein, dies war kein Traum, ganz im Gegenteil, er war seinem Traum einen großen Schritt näher gekommen. Es klopfte leise an der Tür, und als er sie öffnete, stand vor ihm eine von Sutins Begleiterinnen. Stumm kreuzte sie ihre schmalgliedrigen Hände und verneigte sich vor ihm. Ein betörender Duft stieg ihm aus ihren tiefschwarzen Haaren entgegen. Leise hauchte sie ihm ihren exotischen Namen zu – Indira - und stellte sich Cara als seine persönliche Assistentin vor. Indira erklärte ihm, dass sie ihn bei den Vorbereitungen zum Dinner unterstützen solle. Dabei zeigte sie auf die an der Wand lehnende Bügelstation. Verdutzt bat er seinen dienstbaren Geist herein. Während er noch einmal unter die Dusche sprang, bügelte die Asiatin seine Hemden und verpasste seinem Anzug den letzten Schliff.
Kurz darauf geleitete sie ihn zum Fahrstuhl. Als sich dann die Aufzugstür wieder öffnete, glaubte er im Mittelalter gelandet zu sein. Rußende Fackeln flackerten an Klinkermauern, vor denen mit Gold verzierte Rüstungen prangten. Monumentale Zweihänder reihten sich unter rostigen Morgensternen, über denen schlanke Degen sonnenförmig angeordnet waren. Neben einem Kamin stand sogar eine Bronzekanone und über ihr hing der Schädel eines Grizzlybären. In der Saalmitte hing an Eisenketten ein rustikaler Leuchter in Form eines Wagenrades, auf
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