hört sie nicht, und die Welt dreht sich ungerührt weiter.
Daniel ließ mich wissen, es liege ihm viel an unserer »Freundschaft« und er wolle »in Kontakt bleiben« und ich sei eine ganz »außergewöhnliche Frau« und bla, bla, bla; kurz gesagt, er liebt mich nicht. Er kommt über Weihnachten nicht nach Chiloé, was ein Vorschlag von mir gewesen war, zu dem er sich nie geäußert hat, so wenig wie er überhaupt Pläne für ein Wiedersehen machte. Unser Abenteuer im Mai sei überaus romantisch gewesen, er werde immer daran zurückdenken, und weiteres Gefasel, aber sein Leben finde in Seattle statt. Als ich diese Mail in meinem
[email protected] fand, glaubte ich an ein Missverständnis, dachte, da sei kurz etwas durcheinandergeraten wegen der Entfernung, und ich rief ihn an, mein erster Anruf, zur Hölle mit den Sicherheitsvorkehrungen meiner Großmutter. Es war ein kurzes Gespräch, sehr schmerzhaft, das ich unmöglich wiedergeben kann, ohne mich zu winden vor Scham und mich gedemütigt zu fühlen davon, wie ich ihn anflehte, wie er sich entzog.
»Ich bin hässlich, dumm und alkoholsüchtig. Daniel hat recht, dass er nichts von mir will«, schluchzte ich.
»Ja, weiter so, Maya, geißle dich«, riet mir Manuel, der sich mit seinem Kaffee und einem weiteren Teller Toastbroten neben mich gesetzt hatte.
»Soll das mein Leben sein? Erst stürze ich in Las Vegas ab, überlebe das, strande zufällig hier in Chiloé, erlebe mit Daniel die schönste Liebe und verliere ihn dann. Sterben, wiederauferstehen, lieben und wieder sterben. Ich bin ein wandelndes Fiasko, Manuel.«
»Jetzt bleib auf dem Teppich, Maya, wir sind doch nichtin der Oper. Du hast einen Fehler gemacht, aber es ist nicht deine Schuld, der junge Mann hätte etwas pfleglicher mit deinen Gefühlen umgehen können. Schöner Psychiater! Er ist ein Vollidiot.«
»Ja, ein sehr sexy Vollidiot.«
Wir grinsten, aber ich musste gleich wieder weinen, Manuel reichte mir eine Papierserviette, damit ich mich schnäuzen konnte, und nahm mich in den Arm.
»Das mit deinem Computer tut mir schrecklich leid, Manuel«, schniefte ich, in seine Jacke vergraben.
»Mein Buch ist gerettet, ich habe nichts verloren, Maya.«
»Ich kauf dir einen neuen, versprochen.«
»Wovon denn?«
»Ich bitte den Millalobo um ein Darlehen.«
»Kommt nicht in Frage!«
»Dann muss ich das Gras von Doña Lucinda verkaufen, es stehen noch ein paar Pflanzen in ihrem Garten.«
Der kaputte Computer ist nicht das Einzige, was ich ersetzen muss, ich habe meine Wut auch an den Bücherregalen, der Schiffsuhr, den Landkarten, an Tellern, Gläsern und anderem ausgelassen, was ich in die Finger bekam, habe herumgeschrien wie eine zweijährige Rotznase; der schlimmste Tobsuchtsanfall meines Lebens. Die Kater flüchteten wie der Wind durchs Fenster, und Fákin verkroch sich erschrocken unterm Tisch. Als Manuel gegen neun am Abend heimkam, fand er sein Haus vor, als wäre ein Taifun durchgefegt, und ich lag am Boden und war voll wie eine Haubitze. Das ist das Schlimmste, dafür schäme ich mich am meisten.
Manuel rief Blanca an, die kam von daheim angejoggt, obwohl sie dafür eigentlich zu alt ist, und zu zweit schafften sie es, mich mit pechschwarzem Kaffee wiederzubeleben, wuschen mich, packten mich ins Bett und kehrten die Scherben auf. Ich hatte eine Flasche Wein getrunken und was noch an Wodka und Licor de Oro im Schrank stand undwar einer Alkoholvergiftung nah. Ich hatte einfach drauflos getrunken, ohne nachzudenken. Ich, die ich mir eingebildet hatte, ich hätte meine Probleme überwunden, könnte auf eine Therapie und auf die Anonymen Alkoholiker verzichten, weil ich doch ach so willensstark war und eigentlich auch überhaupt nicht süchtig, ich griff unwillkürlich zur Flasche, kaum dass der Backpacker aus Seattle mir eine Abfuhr erteilte. Okay, das war ein guter Grund, aber darum geht es gar nicht. Mike O’Kelly hat recht: Die Sucht liegt beständig auf der Lauer und wartet auf ihre Gelegenheit.
»Was bin ich bloß für ein Rindvieh gewesen, Manuel!«
»Das hat mit Rindvieh nichts zu tun, Maya, du hast dich einfach in die Liebe verliebt.«
»Wie bitte?«
»Du kennst Daniel doch kaum. Du bist in den Gefühlsüberschwang verliebt, den er bei dir auslöst.«
»Dieser Überschwang ist alles, was ich will, Manuel. Ich kann nicht leben ohne Daniel.«
»Natürlich kannst du ohne ihn leben. Er war bloß der Schlüssel, der dein Herz geöffnet hat. Wenn du nach der Liebe