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Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Mayas Tagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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süchtig bist, ruiniert das weder deine Gesundheit noch dein Leben wie Crack oder Wodka, aber du solltest lernen, zwischen dem Objekt deiner Liebe, in diesem Fall Daniel, und der Begeisterung zu unterscheiden, die sich einstellt, weil dein Herz offen ist.«
    »Sag das noch mal, du redest ja daher wie die Therapeuten in Oregon.«
    »Du weißt, dass ich mein halbes Leben wie zugemauert war, Maya. Dass ich mich überhaupt etwas öffne, ist neu, aber ich kann mir die Gefühle nicht aussuchen. Durch dieselbe Öffnung, die für die Liebe da ist, dringt auch die Angst. Damit will ich nur sagen, wenn du in der Lage bist, viel zu lieben, dann wirst du auch viel leiden.«
    »Ich sterbe, Manuel. Ich kann das nicht aushalten. Das ist das Schlimmste, was mir je passiert ist!«
    »Aber nicht doch, Gringuita, es ist schlimm, aber es geht vorbei, und verglichen mit dem, was du letztes Jahr durchgemacht hast, ist es ein Klacks. Dieser Backpacker hat dir einen Gefallen getan, durch ihn hast du einiges über dich lernen können.«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wer ich bin, Manuel.«
    »Du bist auf dem Weg, das rauszufinden.«
    »Weißt du denn, wer Manuel Arias ist?«
    »Noch nicht, aber die ersten Schritte habe ich getan. Du bist schon weiter, und du hast noch viel mehr Zeit als ich.«
    Manuel und Blanca haben mit vorbildlichem Großmut die Krise dieser absurden Gringa ertragen, wie sie mich seit neuestem nennen; sie haben meine Tränen über sich ergehen lassen, meine Bezichtigungen, mein Selbstmitleid und meine Selbstanklagen, mich allerdings umgehend zum Schweigen gebracht, wenn ich ausfällig oder beleidigend wurde und Anstalten machte, weiter fremdes Eigentum zu beschädigen, was in diesem Fall Manuels Eigentum ist. Zweimal haben wir uns lautstark gestritten, was wir alle drei gebraucht haben. Man kann nicht immer gelassen bleiben wie ein Zen-Mönch. Sie waren so feinfühlig, mit keinem Wort mein Besäufnis oder die Kosten meiner Zerstörungswut zu erwähnen, und wissen, ich bin zu jeder Buße bereit, damit sie mir verzeihen. Als ich mich beruhigt hatte und den Computer am Boden sah, war ich kurz versucht, mich im Meer zu ersäufen. Wie sollte ich Manuel je wieder ins Gesicht sehen? Wie sehr muss dieser neue Großvater mich lieben, dass er mich nicht vor die Tür gesetzt hat! Das ist der letzte Tobsuchtsanfall meines Lebens gewesen, ich bin zwanzig, da ist so was nicht mehr witzig. Ich muss auf jeden Fall einen neuen Computer besorgen.
    Manuels Rat, mich meinen Gefühlen zu öffnen, hallt in mir wider, weil er auch von meinem Pop hätte stammen können oder sogar von Daniel Goodrich. Ach! Ich kannseinen Namen nicht hinschreiben, ohne dass mir die Tränen kommen! Ich sterbe noch vor Kummer, so dreckig ist es mir noch nie gegangen … Unsinn, es ist mir schon dreckiger gegangen, tausendmal dreckiger, als mein Pop starb. Daniel ist nicht der Einzige, der mir das Herz gebrochen hat, wie es in diesen mexikanischen Schnulzen heißt, die meine Nini immer vor sich hin singt. Als ich acht war, beschlossen meine Großeltern, mit mir nach Dänemark zu fahren, damit ich ein für alle Mal aufhörte, mich für eine Waise zu halten. Sie hatten vor, mich für zwei Wochen bei meiner Mutter zu lassen, so dass wir beide Zeit hätten, einander kennenzulernen, sie würden unterdessen Urlaub am Mittelmeer machen, mich danach wieder abholen und zusammen würden wir nach Kalifornien zurückkehren. Es würde meine erste Begegnung mit Marta Otter sein, und damit sie einen guten Eindruck von mir bekam, füllten sie mir den Koffer mit neuen Anziehsachen und rührseligen Geschenken, darunter ein Reliquienkästchen mit ein paar Milchzähnen und einer Haarlocke von mir. Mein Vater, der anfangs gegen die Reise gewesen war und nur aufgrund des geballten Drucks von mir und meinen Großeltern schließlich eingewilligt hatte, warnte uns, diese Haar- und Zahnfetische würden nicht gut ankommen: Die Dänen sammeln keine Körperteile.
    Obwohl ich etliche Fotos von meiner Mutter besaß, stellte ich sie mir wegen ihres Nachnamens vor wie die Otter im Aquarium von Monterrey. Auf den Bildern, die sie mir manchmal zu Weihnachten schickte, war sie schlank und elegant und hatte eine platinblonde Haarmähne, daher war es eine Überraschung, sie daheim in Odense zu sehen, etwas pummelig, in Trainingshose und mit schlecht gefärbten, weinroten Haaren. Sie war verheiratet und hatte zwei Söhne.
    In dem Reiseführer, den mein Pop am Bahnhof von Kopenhagen kaufte, hieß

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