McCaffrey, Anne & Scarborough, Elizabeth - Petaybee 02
reagierte.
»Und wie heißt die nina, Juanito?« fragte sie Johnny.
Er brauchte lange, um zu antworten, aber Loncies harter, fordernder Blick machte jedes Ausweichen unmöglich.
»Sie sagt, ihr Name sei Ziegendung!«
»Ay, de mio!« Und Loncianas Hände fuhren gen Himmel.
»Tsering hat tatsächlich erzählt, daß sie ihren Kindern Namen geben, die sie beschämen und demütigen sollen. Aber ich bringe es nicht über die Lippen, vor den unschuldigen Ohren meiner eigenen Kinder einen solchen Namen auszusprechen.«
»Aber mamacita, wir wissen doch, daß Ziegen Dung machen«, wandte Carmelita kichernd ein.
»Ziegen bringen los ninos nicht dazu, solche Namen anzunehmen.
Wir werden dich Pobrecita nennen, Kleines. Nehmt sie, badet sie und seht mal zu, daß ihr sie mit Kleidern eurer Schwestern anzieht. Ich komme mit und kümmere mich um ihre Verletzungen, während –
Pablo, wo bleibt denn nur der Wein? Ah, da ist er ja, und Kekse. Ach, du bist ja so klug, mi esposo!« Und sie strahlte den drahtigen kleinen Mann an, der gerade den Raum betrat, ein weiteres wunderschönes Artefakt in den Händen, das Luzon in Erstaunen versetzte.
Es war ein Silbertablett, dessen feine Gravur teilweise bis auf das Kupfer unter der Beschichtung gewienert worden war, bedeckt mit einem feinen weißen Spitzentuch, darauf eine gläserne Weinkaraffe und einige hundsordinäre Schnapsgläser, wie man sie in jeder Bar der Intergal zu sehen bekam.
Senor Pablo, dessen Familienname Johnny nicht verstand –
höchstwahrscheinlich war es nicht Ondelacy, da er Loncie bereits unter diesem Namen gekannt hatte, als sie Hauptfeldwebel gewesen war –, war das vollkommene Gegenstück zu seiner Frau. Er war so ruhig, wie Loncie gesprächig war, und er erwies Matthew Luzon die Unterwürfigkeit und den Respekt, wie sie jeder heimtückischen und giftigen Kreatur gebührten. Ernst bestand Pablo darauf, daß Don Matthew den schweren Armsessel nehmen müsse, der unter den streng auf praktischen Nutzen ausgerichteten Möbeln ausgesprochen deplaziert wirkte, und er bediente ihn auch als ersten.
Matthew seinerseits schien von Pablo fasziniert, der einen würdigen grauen Spitzbart und Koteletten trug. Er fühlte sich an ein außerordentlich wertvolles Gemälde erinnert, das er einmal in einem Museum auf der alten Terra gesehen hatte.
Obwohl Matthew nur argwöhnisch an dem ihm dargebotenen Getränk nippte, genoß Johnny das harzige Aroma des kleinen Feuers in seinem Mund, das einen nicht unangenehmen Nachgeschmack hinterließ. Die Kekse waren leichter, als Johnny erwartet hatte, und von einem leicht käsigen Geschmack, was ja auch nahelag, da es hinter dem Haus in einem Gehege Ziegen gab.
Er sah, wie Luzon den Blick durch den Raum schweifen ließ und eine Reihe ungewöhnlicher Gegenstände begutachtete, so etwa die Flöte und die mit Bändern verzierte Gitarre, die über einem prächtigen weißen Fell hing, beide hoch genug, um dem Zugriff kleiner Hände entzogen zu sein. Ein weiterer Gegenstand, von dem Johnny zuerst annahm, es müsse ein Trinksack aus Ziegenhaut mit verschieden großen Röhren sein, die daraus hervorstaken, erwies sich ebenfalls als Musikinstrument, wie Pablo ihm erklärte, als er Johnnys neugierigen Blick bemerkte: der baskische Dudelsack.
Doch sprach niemand von ihnen allzuviel, da der Lärm, den Ziegendungs Pflegerinnen veranstalteten, jedes Gespräch erschwerte, selbst wenn Senor Pablo danach zumute gewesen wäre. Braddock sah nach seinem ersten Schluck Alkohol schon etwas erholter aus und warf ein abschätziges Auge auf die Felle, die Wände und Boden bedeckten. Lonciana kommentierte mal das eine, mal das andere Detail mit ihren Ausrufen, zankte sich wegen irgendwelcher Kleidungsstücke und verlangte nach anderen, bis Matthew sich zu fragen begann, wie lange es nur dauern mochte, ein ausgemergeltes Kind zu waschen und ein paar Kratzer mit Salbe zu bestreichen. Er war völlig unvorbereitet auf Loncianas dramatische Rückkehr mit dem sauberen und nicht etwa nur ordentlich, sondern geradezu schmeichelnd gekleideten Kind.
Johnny fuhr in seinem Sitz auf, als hätte er ein Gespenst erblickt.
»Diese nina«, erklärte Lonciana, die Fäuste in die breiten Hüften gestemmt, »ist ständig mit Stöcken geschlagen worden. Ihre Rippen sind an mehreren Stellen gebrochen, und ich habe Verdickungen an einigen Knochen sowohl an den Armen als auch an den Beinen abgetastet, die von Brüchen stammen. Sie hat offensichtlich ihr Leben lang Hunger leiden
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