McCorkle und Padillo 03 - Die Backup-Maenner
altmodisches Gefühl oder Motiv oder was auch immer sein, dachte ich, während ich den Zimmerschlüssel auf den Plastikschreibtisch warf, aber sie brachte alle möglichen Menschen nach wie vor in alle möglichen Schwierigkeiten. Sie konnte eine dünne kleine Hausfrau dazu bringen, der Geliebten ihres Mannes kichernd Säure ins Gesicht zu schütten. Ein fünfzigjähriger Bankangestellter grinste vor sich hin, als er um Mitternacht den Koffer voll Banknoten stopfte und sich dabei das Gesicht seines Chefs vorstellte, wenn festgestellt wurde, daß die Monatslöhne auf dem Weg nach Rio waren. Und ich hatte die Selbstgerechtigkeit auf dem Gesicht des Stammgasts gesehen, der nach Chevy Chase gerast war, um seine Flinte zu holen, damit er zurückkommen und dem Kellner den Schädel wegpusten konnte, der das Kalbfleisch Niçoise über das neue Kleid seiner Frau geschüttet hatte.
Diese Art Rache setzte eine Wut voraus, die – auf die richtige Temperatur gebracht – jede Handlung, egal wie töricht, von kühler Logik geprägt und völlig gerechtfertigt erscheinen lassen kann – selbst wenn man das sechs Wochen alte Baby mit dem Kopf gegen die Wand klatscht, weil es nicht aufhören will zu schreien.
Doch an der Art, wie Wanda Gothar und Padillo nach Rache trachteten, war nichts Impulsives. Sie gingen leidenschaftslos an die Sache heran und plazierten sich selbst als Köder in einer äußerst zweifelhaften Falle. Ich kam zu dem Schluß, daß ich keinen von beiden gegen mich aufbringen wollte.
Ich stellte mir einen Stuhl ans Fenster, mixte mir aus der Flasche Scotch, die ich in Los Angeles gekauft hatte, einen Drink, schaltete das Licht aus und machte es mir bequem, um den Eingang des Motels zu beobachten. Ich zog sogar den Revolver aus der Jackentasche und legte ihn auf den Tisch neben meinem Stuhl, damit ich ihn schnell erreichen konnte, wenn ich auf jemanden schießen mußte.
Nach einer Stunde ging ich zum Telefon und ließ mich mit Padillos Zimmer verbinden.
»Du hast etwas vergessen«, sagte ich, als er sich meldete.
»Was denn?«
»Die Zauberbrille. Bei dem Nebel kann ich nichts sehen.«
»Ist mir nicht entgangen«, sagte er. »Du bist doch hier aufgewachsen. Glaubst du, der Nebel lichtet sich?«
»Heute nacht nicht mehr.«
»Das könnte ein Vorteil für uns sein.«
»Inwiefern?«
»Vielleicht wird Kragstein bei diesem Nebel jeden Versuch unterlassen.«
»Na, du bist der Fachmann«, sagte ich.
»Ich versuche, mich an Kragsteins Stelle zu versetzen.«
»Ist das schwer?«
»Nicht besonders, wenn man eine gemeine Ader hat.«
»Vielleicht läßt er uns die ganze Nacht zappeln und schlägt erst am Morgen zu, wenn wir vor lauter Müdigkeit kaum noch aus den Augen sehen können.«
»Er könnte hoffen, daß wir so denken.«
»Und falls wir das tun«, sagte ich, »könnte uns das leichtsinnig machen.«
»Besonders gegen drei oder vier Uhr morgens.«
»Dann bleiben wir so oder so wach«, sagte ich.
»Richtig.«
»Die ganze Nacht.«
»Die ganze Nacht. Wie ist deine Sicht jetzt?«
»Einen Augenblick.« Ich trat ans Fenster und spähte hinaus. Jenseits des Swimmingpools sah ich das erleuchtete Fenster des Zimmers, wo der König und Scales sich aufhielten. Die Vorhänge waren zugezogen, und ich sah keinerlei Schatten. Vielleicht hatten sie sich bereits im Badezimmer verschanzt.
Ich kehrte ans Telefon zurück. »Falls der Inspector in seinem Hansom Cab vorfährt, könnte ich sagen, worum es sich handelt, aber das ist auch alles. Ich würde die Sicht auf etwa vierzig Prozent schätzen – aber es kommt noch schlimmer.«
»Wieviel schlimmer?«
»Ich bin nicht das Wetteramt.«
»Schätze.«
»Okay, ich schätze, daß es in einer Stunde so schlimm ist, daß ich den Swimmingpool nicht mehr sehen kann.«
»Herrgott«, sagte Padillo. Er dachte eine Weile nach, während er die Alternativen durchging. Oder Optionen, da er in Washington lebte. »Wir müssen ihnen was zum Essen bringen.«
»Vergiß nicht, daß wir in einem Motel sind.«
»Okay. Ich werde den Zimmerservice anrufen und Hamburger und Kaffee bestellen. Wanda und mir können sie die Sachen ins Zimmer bringen. Du bringst das Essen für den König und Scales hinüber. Sollte der Nebel nach dem Essen noch dichter werden, gehen wir beide zu ihnen ins Zimmer, und Wanda kann meins nehmen.«
»Es gibt nur noch ein Problem«, sagte ich.
»Was denn?«
»Ich möchte Zwiebeln auf meinem.«
Der Kellner vom Zimmerservice, der mir die Hamburger und den Kaffee
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