McCorkle und Padillo 03 - Die Backup-Maenner
Mißbilligung betrachtete sie Padillo. Sie klemmte sich eine Zigarette zwischen die Lippen, doch diesmal machte ich keine Anstalten, ihr Feuer zu geben.
»Nun«, sagte sie, nachdem sie eine lange graue Rauchfahne ausgestoßen hatte, »wann werden sie es deiner Ansicht nach versuchen?«
»Vor zehn Uhr morgen früh«, sagte Padillo zur Decke hinauf.
»Das ist keine Antwort.«
»Es ist die beste, die ich habe.«
»Du kennst doch Kragsteins Methoden«, sagte sie. »Was zieht er vor?«
»Gar nichts, und diesem Umstand verdankt er es, daß er noch lebt. Morgen, Mittag, Abend, Nacht – für ihn spielt das alles keine Rolle. Du warst gerade zwei Jahre alt, als er in dieses Geschäft eintrat, Wanda. Versuch also nicht, vorherzusagen, was er tun wird.«
»Walter fand nicht, daß er so gut war, wie du ihn beschreibst.«
»Und Walter ist tot, nicht wahr?« sagte Padillo.
Das hätte er nicht sagen sollen, dachte ich. Es war eine jener unnötig grausamen Bemerkungen, die man gleich wieder zurücknehmen möchte, ohne es zu können. Wanda Gothar zuckte ein wenig zusammen, aber ihre Stimme blieb ruhig. »Ist das der Grund, weshalb deine Freundin in New York tot ist, Padillo? Weil du Kragstein unterschätzt hast?«
Er setzte sich auf die Bettkante und starrte eine Weile auf den Fußboden hinunter, ehe er den Kopf hob und Wanda ansah. »Das habe ich wohl verdient.«
Ich hatte den Eindruck, daß das fast einer Entschuldigung gleich kam, aber Wanda gab sich damit nicht zufrieden. »Du hast ihn also unterschätzt?«
»Eigentlich nicht«, sagte er. »Das viele Geld hat mich geblendet, denn es wiegt einen in falscher Sicherheit. Dafür ist es natürlich da. Also hab ich mich einlullen lassen, und Kragstein war so klug, das zu durchschauen.« Er sah Wanda nicht länger an, griff nach einer Zigarette und zündete sie an, und als er fortfuhr, hörte es sich fast wie ein Selbstgespräch an. »Man muß arm bleiben, wenn man sich in diesem Geschäft behaupten will. Keiner von denen, die reich wurden, sind lange genug am Leben geblieben, um das Geld auszugeben. Kragstein ist seit dreißig Jahren dabei und weiß immer noch nicht, womit er die nächste Monatsmiete zahlen soll. Aber er ist noch am Leben.«
»Du auch«, sagte Wanda.
»Aber jemand in New York mußte sterben, weil achtzig Millionen Dollar mich leichtsinnig gemacht haben, wenn auch nicht so leichtsinnig, daß ich selbst getötet worden wäre. Damit hast du recht. Aber so leichtsinnig, daß ich instinktiv eine Entscheidung treffen mußte, und das mache ich nicht gern. Ich entschied mich, am Leben zu bleiben und Gitners Kugeln jemand andern töten zu lassen.«
»Es war keine Entscheidung«, sagte ich. »Es war eine automatische Reaktion. Ein Reflex.«
Padillo warf mir einen Blick über die Schulter zu. »Wirklich?«
»Ich hab’s gesehen«, sagte ich. »Ich habe alles gesehen.«
»Du hast gesehen, wie ich mich auf ein kostspieliges Sicherheitssystem verließ, das schlampig gehandhabt wurde, weil es nie jemand wie Gitner auf die Probe gestellt hatte. Dieses System ist dafür gedacht, einen Juwelendieb abzuschrecken, weil dabei unter Umständen sein Smoking in Unordnung gerät. Mein Fehler war, anzunehmen, daß es jemanden wie Gitner davon abhalten könnte, dorthin zu gehen, wo er hin will. Er hat es vermutlich für antiquiert gehalten. Ich weiß, daß er mich dafür hält.«
»Bist du es nicht?«, sagte Wanda Gothar. »Oh, nicht nur du, Padillo, sondern wir alle. Sind wir nicht so ähnlich wie die Figuren in einem Versatzstück aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg? Etwas grimmig, während wir Rachepläne schmieden, aber ein wenig verlegen, weil wir überhaupt hier sind, und ziemlich beschämt, würde ich sagen, weil wir so schnell zu Anachronismen geworden sind. Du hast recht. Antiquiert ist das richtige Wort.«
Padillo stand auf, trat an Wandas Stuhl und blickte eine Weile auf sie hinunter. Dann lächelte er. Es war nicht sein übliches schnelles, hartes Grinsen. Es war ein fast zärtliches Lächeln, eines, das er sich für eine sentimentale Gelegenheit aufgespart zu haben schien, für den unwahrscheinlichen Fall, daß er eines Tages bei einer zugegen wäre.
»Du bist bist nicht alt genug, um antiquiert zu sein, Wanda, aber immer noch jung genug, um aussteigen zu können.«
Es war das zweite- und letztemal, daß ich sie je lächeln sah, und sie legte nicht viel hinein, vielleicht weil sie von dem bißchen, was übrig war, nichts verschwenden wollte. Aber es war
Weitere Kostenlose Bücher