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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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von einem Polizeiwachtmeister in Gegenwart des Adjutanten des Gouverneurs feierlich eingeholt.
    Gomez hätte sich im Quarter Deck einmieten können, aber die einfach-behagliche Atmosphäre in Mrs. Macdonalds Pension sagte ihm mehr zu. Mrs. Macdonald war eine Witwe mit dichtem, schneeweißem, gekräuseltem Haar, ebenso üppig proportioniert wie er selbst, und kochte eine Muschelsuppe, die einfach himmlisch war.
    Er bog in die Straße ein, wo die Pension war, ignorierte die schreienden Wahlplakate, die an den meisten Mauern und Zäunen befestigt waren, und sah, daß Mrs. Macdonald in der Abenddämmerung die Eingangsstufen ihres wohlgepflegten Heims fegte, ein Ritual, das sie mehrmals täglich vollzog. Sie empfing ihn und den Fisch, den er mitbrachte, mit ihrem gewohnten strahlenden Lächeln.
    »Oh, Mista Gomez, das ist aber ein sehr schöner Fisch.«
    »Für unser Abendessen, Mrs. Macdonald, und ich denke, daß er für uns beide reicht.«
    Gomez zahlte den Jungen aus, der mit seinem neuen Reichtum davonflitzte, und ging hinauf in sein Zimmer. Mrs. Macdonald zog sich in ihre Küche zurück, um die Goldmakrele für den Grill vorzubereiten. Gomez wusch und rasierte sich, zog sich aus und eine cremefarbene Freizeithose und ein farbenfrohes, kurzärmeliges Sporthemd an. Er fand, daß er jetzt ein sehr großes Glas kaltes Bier vertragen könnte, und spazierte durch das Städtchen zurück zur Bar im Quarter Deck.
    Es war erst sieben Uhr, aber schon dunkel, abgesehen von den Stellen, wo Licht aus den Fenstern drang. Gomez erreichte den Parliament Square mit seinem gepflegten und von Palmen bestandenen Stück Rasen in der Mitte. Drei Seiten des Platzes wurden von der Anglikanischen Kirche, der Polizeiwache und dem Hotel Quarter Deck geziert.
    Er passierte die Polizeiwache, wo noch zu dieser Stunde Glühbirnen brannten, mit Strom versorgt vom städtischen Generator, der unten am Hafen vor sich hin summte. In diesem kleinen, aus Korallenblöcken gebauten Haus repräsentierten Chief Inspector Brian Jones und eine makellos ausstaffierte Streitmacht von zwei Sergeants und acht Constables Recht und Ordnung in der Gemeinde mit der niedrigsten Kriminalität in der westlichen Hemisphäre. Gomez, der aus Miami kam, konnte nur staunen über eine Gesellschaft, in der es keine Drogen, keine Banden, keine Überfälle auf den Straßen, keine Prostitution, keine Vergewaltigungen, nur eine einzige Bank (auf die keine Raubüberfälle verübt wurden) gab, und in der ganze fünf oder sechs anzeigepflichtige Diebstähle pro Jahr vorkamen. Gomez seufzte, ging an der Vorderfront der im Dunkel liegenden Kirche vorbei und trat unter den Portikus des Quarter Deck.
    Die Bar befand sich auf der linken Seite. Er setzte sich auf einen Hocker am anderen Ende und bestellte sein großes, kaltes Bier. Es nahm eine Stunde in Anspruch, bis der Fisch fertig war, genug Zeit für ein zweites Glas, damit das erste nicht so allein blieb. Die Bar war bereits halb voll, da sie bei Touristen und Heimatflüchtigen die beliebte >Wasserstelle< in Port Plaisance war. Sam, der fröhliche Barkeeper in seiner weißen Jacke, waltete inmitten seines allnächtlichen Aufgebots von Rum Punchs, Bieren, Säften, Cokes, Daiquiris und vielen Sodaflaschen, mit denen man die Gläschen mit feurigem Mount-Gay-Rum leichter hinunterbrachte.
    Es war fünf vor acht, und Julio Gomez hatte gerade in die Tasche gegriffen, um ein paar Dollar für seine Rechnung herauszuziehen. Als er den Blick hob, hielt er wie gebannt in der Bewegung inne und starrte zu dem Mann hin, der eben hereingekommen war und sich jetzt am anderen Ende der Theke etwas zu trinken bestellte. Zwei Sekunden später setzte sich Gomez vorsichtig wieder auf seinen Barhocker. Die massige Figur des Barbesuchers, der neben ihm saß, verdeckte die Aussicht. Gomez wollte seinen Augen nicht trauen, aber er wußte, daß er sich nicht täuschte. Man sitzt nicht vier Tage und vier Nächte an einem Tisch einem Mann gegenüber, starrt ihm in die Augen, die voll Haß und Verachtung zurückstarren, und vergißt dieses Gesicht. Noch acht Jahre später hat man es nicht vergessen. Man verbringt nicht vier Tage und vier Nächte mit dem Versuch, einem Mann wenigstens ein einziges Wort zu entlocken, bekommt aber absolut nichts aus ihm heraus, nicht einmal seinen Namen, so daß einem nichts anderes übrigbleibt, als auf die Akte einen Spitznamen zu schreiben, und vergißt dann dieses Gesicht.
    Gomez machte Sam ein Zeichen, sein Glas nachzufüllen,

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