McCreadys Doppelspiel
gehören die Cayman-Islands, ziemlich bekannt wegen ihr zahlreichen und sehr diskreten Offshore-Banken. Als London die Entlassung in die Unabhängigkeit anbot, stimmten in einem Referendum die Bewohner der drei Cayman-Inseln mit überwältigender Mehrheit dafür, britisch zu bleiben. Seither erfreuen sie sich, im Gegensatz zu manchen ihrer Nachbarn, eines beträchtlichen Wohlstands.
Eine weitere Gruppe umfaßt die britischen Jungfrauen-Inseln, heute ein Paradies für Sportsegler und Angler. Ein drittes abhängiges Gebiet ist die kleine Insel Anguilla, deren Bewohner eine in der Kolonialgeschichte einmalige Revolution ins Werk setzten, um britisch bleiben zu können und nicht zwangsweise mit der Bevölkerung zweier benachbarter Inseln vereinigt zu werden, deren Ministerpräsidenten sie einen wohlbegründeten Argwohn entgegenbrachten.
Noch unbekannter sind die Turks- und Caicos-Inseln, wo das Leben unter den Palmen und dem Union Jack seinen schläfrigen Weg geht, ungestört von Drogenhändlern, Geheimpolizei, Staatsstreichen und Wahlschwindel. Alle vier Gebiete werden von London mit leichter Hand regiert, und im Fall der drei letztgenannten besteht Großbritanniens Hauptbeitrag darin, das alljährliche Budgetdefizit auszugleichen. Der lokalen Bevölkerung ist es dafür anscheinend nur recht, daß der Union Jack zweimal am Tag aufgezogen und eingeholt wird, und daß Königin Elizabeths Insignien ihre Geldscheine und die Helme der Polizisten zieren.
Die fünfte und letzte Gruppe bildeten im Winter 1989 die Barclays, acht kleine Inseln am westlichen Rand der Great Bahama Bank, westlich der Insel Andros, die zu den Bahamas gehört, nordöstlich von Kuba und genau südlich der Florida Keys gelegen.
Warum die Barclays nicht zu den Bahamas geschlagen wurden, als dieser Archipel seine Unabhängigkeit errang, ist nicht mehr vielen Leuten in Erinnerung. Ein Spaßvogel im Londoner Außenministerium meinte später, man habe sie möglicherweise schlicht übersehen, und damit könnte er durchaus recht gehabt haben. Die winzige Inselgruppe hat nur 20.000 Bewohner, nur zwei der acht Eilande sind überhaupt besiedelt, die Hauptinsel, zugleich Sitz der Verwaltung, erfreut sich des Namens Sunshine, und die Fischgründe sind ausgezeichnet.
Es sind keine reichen Inseln. Es gibt keinerlei Industrie, und auch das Bruttosozialprodukt ist nicht nennenswert. Es besteht zum größten Teil aus den Löhnen der jungen Menschen, die fortziehen, um Kellner, Zimmermädchen und Hotelpagen in eleganten Hotels zu werden, und die wegen ihrer Gutartigkeit und ihres strahlenden Lächelns zu Lieblingen der europäischen und amerikanischen Touristen geworden sind.
Einnahmen bringen außerdem ein wenig Tourismus, der gelegentliche Sportangler, der über Nassau hierher reist, Landerechte für Flugzeuge, der Verkauf der weithin unbekannten Briefmarken der Inseln, Sportsegler, die mit ihren Jachten den kleinen Hafen anlaufen und Muscheln und Hummer kaufen.
Die meisten Nahrungsmittel liefert das großzügige Meer, und dazu kommen Früchte aus den Wäldern und Gärten, die an den Hängen der beiden Hügel von Sunshine, Spyglass und Sawbones, angelegt sind.
Anfang 1989 kam im Londoner Außenministerium jemand auf die Idee, die Barclays seien reif für die Unabhängigkeit. Das erste >Positionspapier< wurde zu einer >Vorlage<, und diese wiederum verwandelte sich in Politik. Das Londoner Kabinett hatte mit einem enormen Handelsdefizit und einem dramatischen Positionsverlust in der Wählergunst zu kämpfen, wie Umfragen zeigten. Über die Bagatelle einer so gut wie unbekannten Inselgruppe in der Karibik, die in die Unabhängigkeit entlassen werden sollte, wurde nicht einmal debattiert.
Der damalige Gouverneur erhob jedoch Einwände, wurde alsbald abberufen und durch Sir Marston Moberley ersetzt. Dieser, ein hochgewachsener, eitler Mann, der sich viel auf seine Ähnlichkeit mit dem Schauspieler George Sanders zugute tat, war mit einem einzigen Auftrag nach Sunshine entsandt worden, der ihm in der Karibik-Abteilung des Außenministeriums von einem hohen Beamten dringend ans Herz gelegt worden war. Die Barclays sollten sich damit abfinden, unabhängig zu werden. Persönlichkeiten wurden aufgefordert, für das Amt des Premierministers zu kandidieren, ein Termin für die Wahlen festgesetzt. Nach der demokratischen Wahl des ersten Premierministers der Barclays würde mit ihm und seinem Kabinett eine Anstandsfrist (von etwa drei Monaten) vereinbart und nach deren
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