McCreadys Doppelspiel
führte dann mit ihm ein Gespräch unter vier Augen. Um zehn Uhr hatte er, weswegen er hergekommen war: eine abhörsichere Verbindung zur britischen Botschaft in Washington. Er sprach zwanzig Minuten lang mit dem Chef der SIS-Filiale, einem Kollegen und alten Bekannten aus London, bei dem er die Woche zuvor während seiner Teilnahme an dem CIA-Seminar logiert hatte.
Der Kollege in Washington bestätigte die Meldung und fügte noch ein paar Details an, die soeben aus London eingetroffen waren.
»Ich, dachte, ich schau mal auf einen Sprung hinüber«, sagte McCready.
»Eigentlich nicht unser Fall, oder?« meinte der Kollege.
»Vermutlich nicht, aber einen Blick ist es vielleicht wert. Ich brauche ein paar Lappen und auch ein Funktelefon.«
»Ich werde es mit dem Konsul abklären. Könnten Sie mich mit ihm verbinden?«
Eine Stunde später verließ McCready das Konsulat mit einem Bündel Dollarnoten, ordnungsgemäß quittiert, und einer Aktentasche, die ein Funktelefon samt Verschlüsselungsgerät mit einer Reichweite enthielt, die es ihm ermöglichte, das Konsulat in Miami anzurufen und sich von dort nach Washington durchstellen zu lassen.
Er kehrte zum Hotel Sonesta Beach zurück, packte seine Sachen, zahlte seine Rechnung und rief eine Lufttaxi-Firma am Flughafen an. Er vereinbarte, daß die Maschine um 14.00 Uhr zu dem 90-MinutenFlug nach Sunshine starten werde.
Auch Eddi Favaro war früh auf den Beinen. Er war bereits zu dem Schluß gekommen, daß es nur eine einzige Stelle gab, wo er anfangen konnte: unten am Fischhafen, wo die Sportfischer Boote mieten konnten. Wo Julio Gomez seinen Urlaub auch verbracht haben mochte, einen großen Teil davon ganz sicher dort.
Da es keine Verkehrsmittel gab, ging Favaro zu Fuß. Es war nicht weit. An fast jeder Mauer, an beinahe jedem Baum auf seinem Weg klebte ein Plakat, auf dem den Insulanern ans Herz gelegt wurde, für diesen beziehungsweise für jenen Kandidaten zu stimmen. Die Gesichter der beiden Männer, das eine das eines Mischlings, glatt und kultiviert, das andere breit, rund und fröhlich, lächelten strahlend von den Wahlplakaten.
Ein paar Plakate waren heruntergerissen oder beschmiert worden, ob von Kindern oder von Anhängern der anderen Seite, ließ sich nicht sagen. An der Wand eines Lagerhauses in der Nähe des Hafens stand ein anderer Aufruf, ungeschickt hingemalt, zu lesen: Wir wollen ein Referendum. Als er daran vorbeiging, kam ein schwarzer Jeep mit vier Männern herbeigerast.
Der Jeep kam mit quietschenden Reifen zum Stehen. Die Männer hatten harte Gesichter und trugen bunte Hemden und dunkle Brillen, die ihre Augen unsichtbar machten. Die vier schwarzen Köpfe fixierten den Appell und drehten sich dann zu
Favaro hin, als hätte er ihn verfaßt. Favaro zuckte mit den Achseln, wie um auszudrücken: Ich hab damit nichts zu tun. Die vier ausdruckslosen Gesichter starrten ihm nach, bis er um eine Ecke gebogen war. Favaro hörte, wie der Jeep mit aufheulendem Motor wegfuhr.
Auf dem Kai diskutierten Gruppen von Männern über dasselbe Thema, über das auch in der Halle des Hotels diskutiert wurde. Favaro unterbrach eine dieser Diskussionen und fragte, wer mit Gästen zum Fischen aufs Meer hinausfahre. Einer der Männer deutete den Kai entlang auf einen Mann, der in einem Boot arbeitete.
Favaro kauerte sich neben den Bootsrand und stellte seine Fragen. Er zeigte dem Fischer ein Foto von Julio Gomez. Der Mann schüttelte den Kopf.
»Klar, der war letzte Woche hier. Ist aber mit Jimmy Dobbs hinausgefahren. Das dort drüben ist Jimmys Boot, die Gulf Lady.«
Auf der Gulf Lady war niemand zu sehen. Favaro setzte sich auf einen Poller, um zu warten. Wie alle Cops wußte er, wie wichtig Geduld ist. Informationen, die man in ein paar Sekunden zusammenbekommt, das war etwas für Fernsehthriller. Im wirklichen Leben brachte man die meiste Zeit mit Warten zu. Jimmy Dobbs kam um zehn Uhr.
»Mr. Dobbs?«
»Das bin ich.«
»Tag, ich heiße Eddie und komme aus Florida. Ist das da Ihr Boot?«
»Na klar. Sind Sie zum Angeln hierhergekommen?«
»Ja, das ist mein Lieblingszeitvertreib«, antwortete Favaro. »Ein Freund von mir hat Sie empfohlen.«
»Nett von ihm.«
»Julio Gomez. Erinnern Sie sich an ihn?«
Das offene, ehrliche Gesicht des schwarzen Mannes verdüsterte sich. Er griff in sein Boot und nahm eine Angel aus
ihrem Halter. Er betrachtete den Heintzblinker und den Haken mehrere Sekunden lang und reichte dann Favaro die Angel.
»Möchten Sie einen
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