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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Uhr in der Hauptgarage des SSD in Erfurt ein, und die Mechaniker machten sich an die Arbeit. Der Vopo-Oberst mußte zugeben, daß der SSD recht hatte. Die Sache war ihm ein Rätsel. Der Westdeutsche hätte wahrscheinlich eine saftige Geldstrafe wegen Alkohols am Steuer verpaßt bekommen - die DDR brauchte immer Westdevisen. Jetzt mußte er mit mehreren Jahren Knast rechnen. Warum war er abgehauen? Aber was die Stasi mit dem Wagen auch vorhatte, seine Aufgabe war es, den Mann zu finden. Er wies sämtliche Polizeifahrzeuge und Fußstreifen in einem Umkreis von etlichen Kilometern an, die Augen nach Grauber und dem gestohlenen Polizeiwagen offenzuhalten. Die Beschreibung von Mann und Fahrzeug wurde über Funk an alle Dienststellen der Umgebung weitergegeben. Aufrufe an die Öffentlichkeit, bei der Fahndung mitzuhelfen, unterblieben. Öffentliche Unterstützung für die Polizei in einem Polizeistaat ist eine Seltenheit. Dagegen bekam Archimedes den ganzen hektischen Funkverkehr mit.
    Um 16.00 Uhr rief Dr. Herrmann in Köln bei Dieter Aust an. Er sagte ihm nichts über das Ergebnis der Laboruntersuchungen, erwähnte nicht einmal, was er am Abend vorher von Johann Prinz erfahren hatte. Aust brauchte davon nichts zu wissen.
    »Ich möchte, daß Sie persönlich Frau Morenz vernehmen«, sagte er. »Sie haben eine Beamtin zu ihr hingeschickt? Gut, lassen Sie sie dort. Wenn die Polizei kommt, um Frau Morenz zu verhören, hindern Sie die Leute nicht daran, aber informieren Sie mich. Versuchen Sie, Hinweise aus ihr herauszulocken, wohin er unterwegs sein könnte, Ferienwohnung, Wohnung einer Freundin, Häuser von irgendwelchen Verwandten, was Sie nur herausbekommen können. Setzen Sie Ihre sämtlichen Mitarbeiter ein, um den Tips nachzugehen, die sie Ihnen geben kann. Wenn sich irgendwas ergibt, melden Sie sich bei mir.«
    »Er hat außer Ehefrau, Sohn und Tochter keinerlei Verwandte in Deutschland«, sagte Aust, der ebenfalls Morenz’ Vergangenheit, wie sie sich in seinen Personalunterlagen spiegelte, durchforstet hatte. »Soviel ich weiß, ist seine Tochter ein Hippie und wohnt in Düsseldorf in einem besetzten Haus. Ich schicke für alle Fälle Leute hin.«
    »Ja, tun Sie das«, sagte Dr. Herrmann und legte auf. Ihm war in Morenz’ Dossier etwas aufgefallen, was ihn veranlaßte, einen verschlüsselten Funkspruch der Kategorie >Blitz< an den BND- Agenten abgehen zu lassen, der dem Stab der deutschen Botschaft am Belgrave Square in London angehörte.
    Um fünf Uhr trillerte der Telefonapparat, der auf der Ladeklappe des Range Rover stand. McCready nahm den Hörer ab. Er nahm an, es werde London oder Archimedes sein. Die Stimme war dünn, schepperig, als steckte dem Sprechenden etwas im Hals.
    »Sam, sind Sie das, Sam?«
    McCready wurde starr.
    »Ja«, stieß er hervor, »ich bin’s.«
    »Es tut mir leid, es tut mir furchtbar leid, Sam. Ich habe Scheiße gebaut.«
    »Ist mit Ihnen alles okay?« fragte McCready drängend. Morenz vergeudete kostbare Sekunden.
    »Ich bin am Ende, Sam. Ich wollte niemanden umbringen. Ich habe sie geliebt, Sam. Ich habe sie geliebt.«
    Morenz konnte nicht aufhören, bis McCready den Hörer auf den Apparat donnerte, womit er die Verbindung unterbrach. Niemand konnte aus einer Telefonzelle in der DDR eine Nummer im Westen anrufen. Die Regierenden hatten sämtliche Verbindungen gesperrt. Doch der SIS unterhielt in der Region Leipzig einen Unterschlupf, bewohnt von einem DDR-Bürger, der als Agent vor Ort für London arbeitete. Ein Anruf bei dieser Nummer, von DDR-Gebiet aus, wurde per Funk zu einem Satelliten und von dort in die Bundesrepublik weitergeleitet.
    Doch die Anrufe durften nur vier Minuten dauern, weil sonst die Ostdeutschen die Quelle des Anrufs orten und das Versteck lokalisieren konnten. Morenz hatte neun Minuten lang gelabert. Dabei konnte McCready nicht wissen, daß der Abhördienst des SSD bereits bis zur Region Leipzig gekommen war, als die Verbindung unterbrochen wurde. Noch weitere sechs Sekunden, und sie hätten den Unterschlupf und seinen Bewohner entdeckt. Morenz war eingeschärft worden, die Nummer nur in äußerster Bedrängnis anzurufen und es ganz kurz zu machen.
    »Der Typ ist völlig aus dem Leim gegangen«, sagte Johnson, »zusammengebrochen.«
    »Herrgott noch mal, er hat geweint wie ein Kind«, stieß McCready hervor. »Er hat einen totalen Nervenzusammenbruch. Erklären Sie mir, was ich nicht begriffen habe. Was zum Teufel hat er damit gemeint, daß er nicht vorgehabt

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