Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
Telefon diskret trillerte. Er nahm ab, horchte und hielt dann McCready den Hörer hin.
    »GCHQ«, sagte er. »Man möchte mit Ihnen sprechen.«
    Es war ein Freund McCreadys, der aus Cheltenham anrief.
    »Hör zu, Sam«, sagte er. »Ich glaube zu wissen, wo du bist. Nicht weit von dir entfernt ist plötzlich reger Funkverkehr ausgebrochen. Du solltest vielleicht Archimedes anrufen. Die wissen mehr als wir.«
    Die Leitung war wieder tot.
    »Holen Sie mir Archimedes ran«, sagte McCready zu Johnson. »Den diensthabenden Beamten. Abteilung DDR.« Johnson begann die entsprechenden Tasten zu drücken.
    Mitte der fünfziger Jahre hatte die englische Regierung durch die Britische Rheinarmee eine verfallene alte Burg im Harz, unweit des hübschen, historischen Städtchens Goslar, kaufen lassen. Durch den waldreichen Harz verlief die Grenze zur DDR in Kurven und Zacken, manchmal quer über eine Hügelflanke, manchmal längs eines steilen Abgrunds. Potentielle DDR- Flüchtlinge versuchten oft in dieser Gegend ihr Glück.
    Die Engländer ließen Schloß Löwenstein umbauen, angeblich, damit Militärkapellen dort üben konnten, und um dieser List Glaubwürdigkeit zu verleihen, drangen aus der Burg ständig die von übenden Militärmusikern erzeugten Töne - von Tonbandgeräten und Verstärkern. Doch während der Reparaturarbeiten am Dach des Gebäudes hatten Techniker aus Cheltenham eine Reihe technisch ausgereifter, raffinierter Antennen installiert. Zwar wurden deutsche Amtsträger aus der Gegend gelegentlich zu einem richtigen Konzert mit Kammer- und Militärmusik eingeladen, wofür eine Kapelle eingeflogen wurde, in Wahrheit aber war Löwenstein eine Außenstation von Cheltenham und trug den Decknamen Archimedes. Ihre Aufgabe bestand darin, den endlosen Funkklatsch auf Deutsch und Russisch jenseits der Grenze abzuhorchen. Die Höhenlage der Station im Harz sorgte für tadellosen Empfang.
    »Ja, wir haben es gerade nach Cheltenham weitergegeben«, sagte der diensttuende Beamte, nachdem McCready sich identifiziert hatte. »Und dort haben sie gesagt, Sie würden direkt hier anrufen.«
    Er sprach mehrere Minuten lang, und als McCready den Hörer auflegte, war er bleich.
    »Die Polizei im Bezirk Jena ist total ausgeflippt«, berichtete er Johnson. »Anscheinend hat sich außerhalb von Jena ein Unfall ereignet. Ein bundesdeutscher Wagen, Marke unbekannt, hat einen Trabant gerammt. Der Westdeutsche hat einen der Vopos niedergeschlagen, die den Unfall aufnehmen wollten, und ist abgehauen -ausgerechnet mit dem Fahrzeug der Vopos. Es kann natürlich sein, daß es sich nicht um unseren Mann handelt.«
    Johnson nickte, aber er glaubte es ebensowenig wie McCready.
    »Was machen wir jetzt?«
    McCready setzte sich auf die Ladeklappe des Range Rover, den Kopf in die Hände gestützt.
    »Wir warten weiter«, sagte er. »Was anderes bleibt uns ja nicht übrig. Archimedes ruft zurück, sobald sie mehr wissen.«
    Um diese Zeit wurde der schwarze BMW auf das Gelände der Jenaer Polizeizentrale gefahren. Niemand dachte an Fingerabdrücke, man wußte ja, wen man verhaften wollte. Der Vopo mit der gebrochenen Nase war verarztet worden und machte eine lange Aussage, sein Kollege ebenfalls. Der Fahrer des Trabant, der festgenommen worden war, und ein Dutzend Umstehende wurden vernommen. Auf dem Schreibtisch des Revierführers lag der auf den Namen Hans Grauber ausgestellte Paß, den jemand von der Straße aufgehoben hatte, an der Stelle, wo das Dokument dem blessierten Vopo aus der Hand gefallen war. Andere Kriminalbeamte filzten aufs genaueste die Aktentasche und die Reisetasche. Der Leiter der Abteilung Auslandsverkäufe bei den Zeiss-Werken wurde herbeizitiert. Er beteuerte, daß er nie von einem Hans Grauber gehört habe; allerdings habe Zeiss früher an die Firma BKI in Würzburg geliefert.
    Weil es sich um einen westdeutschen Paß handelte, machte der Lokalchef der Volkspolizei einen Routine-Anruf bei der örtlichen SSD-Filiale. Zehn Minuten später wurde zurückgerufen. »Wir wünschen«, erklärten die Stasi-Leute, »daß dieser Wagen auf einem Tieflader zu unserer Hauptgarage in Erfurt gebracht wird. Hört auf damit, überall an dem BMW Fingerabdrücke zu hinterlassen. Außerdem sämtliche Gegenstände aus dem Wagen zu uns. Kopien von sämtlichen Zeugenaussagen etc. Sofort!«
    Der Vopo-Oberst wußte, wer in der DDR wirklich das Sagen hatte. Wenn die Stasi einen Befehl erließ, gehorchte man. Der schwarze BMW traf auf einem Tieflader um 16.30

Weitere Kostenlose Bücher