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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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geschehen war. Über Funk setzten sie sich mit dem Revier in Verbindung, erläuterten die verschiedenen Verbrechen, die begangen worden waren, und wurden angewiesen, sofort die Polizeizentrale ins Bild zu setzen. Inzwischen wurden weitere Streifenwagen als Verstärkung zur Unfallstelle in Marsch gesetzt.
    Der Anruf in der Jenaer Polizeizentrale ging um 12.35 Uhr ein. Er wurde auch viele Kilometer entfernt, auf der anderen Seite der Grenze, von einem britischen Horchposten im Harz registriert, der den Decknamen Archimedes trug.
    Um ein Uhr mittags hob Dr. Lothar Herrmann, inzwischen wieder an seinem Schreibtisch in Pullach, den Hörer ab und nahm den lange erwarteten Anruf aus dem ballistischen Labor des BND entgegen. Das Labor war in einem benachbarten Gebäude untergebracht, das an die Waffenmeisterei und das Schießgelände grenzte.
    Dort herrschte der kluge Brauch, bei der Ausgabe einer Handfeuerwaffe an einen Mitarbeiter nicht nur die Seriennummer zu notieren und sich den Empfang bestätigen zu lassen, sondern auch zwei Schüsse in einen Behälter abzufeuern, die Projektile einzusammeln und aufzuheben.
    In einer vollkommenen Welt wären dem Techniker die Kugeln aus den beiden Leichen in Köln lieber gewesen, aber so mußte er sich mit den Fotografien behelfen. Alle gezogenen Läufe unterscheiden sich in winzigen Details voneinander, und beim Abfeuern eines Geschosses hinterläßt der jeweilige Lauf ganz kleine Kratzer daran, sogenannte >lands<. Sie sind Fingerabdrücken vergleichbar. Der Techniker hatte die >lands< an den beiden Musterkugeln, die zehn Jahre zuvor aus einer Walther PPK abgefeuert worden waren und sich noch in seiner Verwahrung befanden, mit den ihm zur Verfügung gestellten Fotos verglichen, von deren Herkunft er keine Ahnung hatte.
    »Vollkommene Übereinstimmung? Aha. Danke Ihnen«, sagte Dr. Herrmann. Er rief die daktyloskopische Abteilung an - der BND führt unter anderem auch ein umfassendes Register der Fingerabdrücke seiner eigenen Mitarbeiter - und erhielt die gleiche Antwort. Er atmete tief aus und griff wieder nach dem Hörer. Es blieb nichts anderes übrig; diese Sache mußte dem Generaldirektor persönlich vorgelegt werden.
    Was folgte, war eines der schwierigsten Gespräche, die Dr. Herrmann im Laufe seiner Karriere führen mußte. Der Generaldirektor wachte wie besessen über die Effizienz seines Dienstes und dessen Image, sowohl in den Korridoren der Macht in Bonn als auch in der Gemeinschaft der westlichen Nachrichtendienste. Die Nachricht, die Dr. Herrmann ihm brachte, wirkte wie ein Faustschlag auf ihn. Er spielte kurz mit dem Gedanken, die Kugelmuster und Morenz’ Fingerabdrücke zu >verlieren<, kam aber rasch wieder davon ab. Morenz würde über kurz oder lang verhaftet werden, die Staatsanwaltschaft würde die Labortechniker vorladen - die Sache konnte nur noch schlimmer werden.
    Der Bundesnachrichtendienst untersteht nur dem Kanzleramt, und der Generaldirektor war sich darüber im klaren, daß er diesem früher oder später über den Skandal Bericht erstatten mußte. Diese Aussicht bereitete ihm keine Freude.
    »Machen Sie ihn ausfindig«, befahl er Dr. Herrmann. »Machen Sie ihn rasch ausfindig und ebenso diese Bänder.« Als Dr. Herrmann sich zum Gehen wandte, ließ der Generaldirektor, der fließend englisch sprach, noch eine Bemerkung folgen.
    »Dr. Hermann, die Engländer haben eine Redewendung, die ich Ihnen ans Herz legen möchte. >Thou shall not kill, yet need not strive officiously to keep alive.<«
    Das war die durchsichtigste Andeutung, die er jemals in seinen langen Jahren beim BND erlebt hatte. Er rief das Zentralregister in der Personalabteilung an.
    »Schicken Sie mir bitte den Lebenslauf eines unserer Mitarbeiter. Bruno Morenz heißt der Mann.«
    Um zwei Uhr stand Sam McCready noch immer auf dem Hügel, wo er und Johnson sich seit sieben Uhr morgens aufhielten. Er vermutete zwar, daß das erste Treffen außerhalb von Weimar ein Fehlschlag gewesen war, aber man konnte ja nie wissen; Morenz hätte im Morgengrauen über die Grenze zurückkommen können. Aber er war nicht gekommen. Wieder ging McCready im Geist seine Zeitplanung durch: Treffen um zwölf Uhr, Abfahrt um zwölf Uhr zehn, eindreiviertel Stunden Fahrt - Morenz müßte jetzt beinahe jeden Augenblick auftauchen. McCready hob wieder sein Fernglas und richtete es auf die Straße jenseits der DDR-Grenze.
    Johnson las gerade in einem Lokalblatt, das er an der Tankstelle Frankenwald gekauft hatte, als sein

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