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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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verlangsamt. Der BMW zerquetschte das Heck des ostdeutschen Kleinwagens.
    Morenz war am Ende. War er in eine Falle geraten? War der Fahrer des Trabi in Wirklichkeit von der Stasi? Der Mann stieg aus, sah sich das eingedrückte Heck an und stürmte zu dem BMW hin. Er hatte ein verkniffenes Gesicht und wütende Augen.
    »Was fällt Ihnen eigentlich ein, Sie Schwachkopf?« brüllte er. »Scheiß-Westdeutsche, ihr glaubt, ihr könnt herumrasen wie die Verrückten...»
    Im Aufschlag seines Sakkos trug er das kleine, runde SED- Parteiabzeichen. Ein Parteimitglied. Morenz preßte den linken Arm dicht an sich, um das Buch festzuhalten, stieg aus und zog einen Packen Geldscheine heraus. Ostmark, natürlich; er konnte keine DM anbieten, da auch das strafbar war. Passanten begannen sich dem Unfallort zu nähern.
    »Hören Sie, es tut mir leid«, sagte Morenz. »Ich werde Ihnen den Schaden ersetzen. Dies ist sicher mehr als genug. Aber mir pressiert es wirklich sehr .«
    Der wütende Ostdeutsche sah das Geld an. Es war wirklich ein dicker Packen.
    »Darum geht’s nicht«, sagte er. »Ich habe auf diesen Wagen volle vier Jahre warten müssen.«
    »Es läßt sich reparieren«, sagte einer der Umstehenden.
    »Nein, da kannst du Gift drauf nehmen«, sagte der Geschädigte. »Der Wagen muß ins Werk zurück.«
    Die Menge war inzwischen auf zwanzig Leute angewachsen. Das Leben in einer Arbeitersiedlung war langweilig. Und ein BMW war ein Anblick, der sich lohnte. In diesem Augenblick traf der Streifenwagen ein. Eine routinemäßige Kontrollfahrt, aber Morenz begann zu zittern. Die Polizisten stiegen aus. Einer sah sich den Schaden an.
    »Das läßt sich richten«, sagte er. »Oder möchten Sie lieber Anzeige erstatten?«
    Der Fahrer des Trabant begann zu kneifen.
    »Wenn Sie meinen...«:
    Der andere Polizist trat an Morenz heran.
    »Ihren Ausweis bitte«, sagte er. Morenz holte seinen Paß mit der rechten Hand heraus, die zitterte. Die Polizist sah die Hand an, die getrübten Augen, das unrasierte Kinn.
    »Sie haben getrunken«, sagte er. Er schnüffelte, sein Eindruck bestätigte sich. »Los, Sie kommen mit zum Revier. Vorwärts, steigen Sie ein. «
    Er begann, Morenz zu dem Streifenwagen hinzudrängen, dessen Motor lief. Die Fahrertür stand offen. Jetzt drehte Morenz völlig durch. Er hatte noch immer das Buch unter dem Arm. Auf dem Polizeirevier würden sie es auf jeden Fall entdecken. Er machte mit dem freien Arm eine heftige Bewegung nach hinten und traf den Polizisten unter der Nase. Der Mann stürzte mit gebrochener Nase zu Boden. Dann sprang Morenz in den Polizeiwagen, rammte den Gang hinein und bretterte davon. Er fuhr in die verkehrte Richtung, nach Norden, auf das Zentrum von Jena zu. Dem anderen Polizisten, der wie vor den Kopf geschlagen war, gelang es, aus seinem
    Dienstrevolver vier Schüsse abzufeuern. Drei gingen daneben. Das Vopo-Fahrzeug verschwand heftig schlingernd um eine Straßenecke. Es verlor Benzin, weil die vierte Kugel den Tank durchlöchert hatte.

4
     
    Die beiden Vopos waren derart verblüfft, daß sie nur langsam reagierten. Nichts in ihrer Ausbildung, nichts, was sie bis dahin erlebt hatten, hatte sie auf diese Art bürgerlichen Ungehorsams vorbereitet. Sie waren vor Zuschauern angegriffen und gedemütigt worden und außer sich vor Grimm. Es gab einiges Gebrüll, ehe sie sich schlüssig werden konnten, was zu tun war.
    Der unverletzt gebliebene Beamte ließ seinen Kollegen mit der gebrochenen Nase auf dem Schauplatz zurück, während er sich zum Polizeirevier aufmachte. Sie hatten keine Walkie-Talkies, weil sie gewohnt waren, für Meldungen das Funkgerät zu benützen. Fragen an die Umstehenden, ob man ihr Telefon benützen könnte, trafen nur auf Achselzucken. Im Arbeiter- und Bauernparadies hatten arbeitende Menschen kein Telefon. Das Parteimitglied mit dem unfallgeschädigten Trabant fragte, ob er den Schauplatz verlassen dürfe, und wurde von dem blessierten Vopo, der den Verdacht hatte, alle möglichen Leute könnten an der >Verschwörung< beteiligt sein, prompt mit vorgehaltener Pistole festgenommen.
    Sein Kollege, der die Straße nach Jena hinein entlangmarschierte, sah einen Wartburg auf sich zukommen, machte dem Fahrer ein Zeichen anzuhalten und befahl ihm, ihn zu dem Polizeirevier in der Stadtmitte zu bringen. Einen Kilometer weiter sahen sie, daß ihnen ein Streifenwagen entgegenkam. Der Vopo in dem Wartburg stoppte seine Kollegen mit hektischen Bewegungen und berichtete ihnen, was

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